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Unsichtbare Schätze - Kleinverlagsperlen Teil 3

Liebe Leser*innen,

nun sind schon über drei Jahre vergangen, seit ich die beiden Blogbeiträge über die Kleinverlagsperlen geschrieben habe. 2020 hatte ich weitere Kleinverlagsbücher in Blogbeiträgen zum #bücherhamstern vorgestellt und es hat sich seitdem einiges getan - trotzdem bekommen diese Bücher nach wie vor nicht so viel Beachtung, wie sie verdienen. Sie gehen in der Masse der Veröffentlichungen schnell unter und hatten vor allem während der Pandemie damit zu kämpfen, dass für sie wichtige Veranstaltungen wie Messen und Conventions, auf denen viele Bücher gekauft werden, ausblieben. Mir liegen Kleinverlagsbücher sehr am Herzen, nicht nur, weil da von Seiten der Macher*innen viel Herzblut einfließt, sondern weil viele dieser Bücher mich mehr begeistern als Titel aus großen Verlagen. Bei Kleinverlagen findet man mehr Nischengenres wie Steampunk, mehr Experimente und vor allem viele neue Autor*innen. Sie schauen weniger auf Trends, sondern machen das, was sie selbst begeistert - und das spürt man. Also schaut Euch nicht nur in den Regalen (großer) Buchhandlungen um, sondern werft auch immer mal Blicke in die Kleinverlagswelt! Folgende Bücher würde ich Euch aktuell empfehlen:

"Neongrau - Game over im Neurosubstrat" von Aiki Mira

Im regendurchtränkten, teils überfluteten Hamburg des 22. Jahrhunderts inszeniert Aiki Mira eine vielschichtige Coming-of-Age-Story als neonschimmernden, modernen Cyberpunk. Im Fokus der Handlung steht die Identitätssuche der jugendlichen Protagonist*innen, insbesondere von Go/Stuntboi, die/der sich als nicht-binäre Person zu akzeptieren lernt. Dazu entwirft Aiki Mira ein faszinierendes Porträt der Zukunft im Klimawandel, streut in die Dystopie utopische Ideen ein und fesselt die Leser*innen mit einer bildhaften, bedeutungsschweren Sprache, die einen speziellen Sog entfaltet. Und vor allem steckt hier wirklich "Punk" drin (im Gegensatz zu anderen jüngeren SF-Titeln, die zwar Cyberpunkelemente verwenden, aber einfach kein CyberPUNK sind).

"Dies ist mein letztes Lied" von Lena Richter

Qui lebt auf einem cyberpunkigen Planeten, auf dem sich das ganze Leben der Bewohner*innen um einen Megakonzern dreht. Qui hat sich damit abgefunden, ein Zahnrad im Getriebe der Konzernmaschine zu sein, als eine Tür im Nichts erscheint - es beginnt eine phantastische Reise zu fernen Planeten, auf ein Generationenschiff, in virtuelle Welten und zu besonderen Menschen, die Qui Hoffnung und Mut geben. Eine wunderbare SF-Novelle, die die Autorin als "Space Portal Fantasy" bezeichnet, was die Geschichte ziemlich perfekt beschreibt. Auf wenigen Seiten entfaltet sich ein ganzes Leben voller Höhen und Tiefen, das die Leser*innen tief berührt. Auch für Nicht-SF-Leser*innen lesenswert.  

"Laylayland" von Judith und Christian Vogt

"Laylayland" ist der zweite Teil der Postapokalypse "Wasteland", lässt sich aber auch als Einzelroman gut lesen (wobei man dann in Bezug auf Band 1 gespoilert wird): Kriege mit Biowaffen und der Klimawandel haben Europa in eine Trümmerlandschaft verwandelt. In den sogenannten Wastelands werden Menschen krank und sterben relativ schnell - Leben ist nur in den trostlosen Bereichen dazwischen möglich. Laylay und Baby Mtoto kann die Wastelandkrankheit jedoch nichts anhaben, denn sie sind aufgrund ihrer Genetik immun. Sie gehören zu den sogenannten Ferales, einer Menschenart, die über enorme Selbstheilungskräfte verfügt und eine werwolfähnliche Form annehmen kann. Nun ist Laylay mit ihrem kranken Freund Zeeto unterwegs, um für ihn - und andere - ein Heilmittel zu finden. Dabei stößt sie unter anderem auf ihre Mutter, die sich ihren eigenen kleinen Terrorstaat aufgebaut hat ... Mad-Max-Dystopie trifft auf Hopepunk - in Kombination mit dem deutschen/europäischen Setting ein echtes Highlight. 

"Rho" von E. S. Schmidt

Seit über einhundert Jahren leben Menschen auf dem Exoplaneten Deuteragäa, dennoch wissen sie fast nichts über die in der Wüste der Tagseite lebenden, insektenartigen Mantis. Diese greifen immer häufiger menschliche Siedlungen an. Wissenschaftsjournalistin Moira gerät zwischen die Fronten und kann mit Hilfe des Elitesoldaten Rho vor einem Angriff der Mantis fliehen. Die beiden landen mitten in der Wüste in der Nähe eines Mantisbaus. Moira ahnt da noch nicht, wie intelligent die Mantis wirklich sind - und welche Verbindung es zwischen Rho und den Rieseninsekten gibt. "Rho" begeistert vor allem mit einem tollen Worldbiulding: Deuteragära ist ein Planet ohne Rotation und die Menschen leben überwiegend in der Dämmerungszone, wo sie cyberpunkige Städte errichtet haben.

"Totenfluch - Ein Fall für Mafed und Barnell"

"Totenfluch" gehört zur Kemet-Reihe, die Jenny Wood gemeinsam mit Melanie Vogltanz schreibt, wobei es von beiden Einzelromane bzw. -novellen gibt sowie gemeinsame Geschichten. "Totenfluch" stammt aus der Feder von Jenny Wood und ist stimmungsvolle und charmante Urban Fantasy in New York, die von der Spannung zwischen den Protagonisten lebt. Mafed ist ein ägyptischer Totengott, der sprichwörtlich von seiner Vergangenheit verfolgt wird. Er arbeitet als Rechtsmediziner beim NYPD und tarnt sich als Mensch - Detective Barnell kennt jedoch sein übernatürliches Geheimnis, wenn auch nicht in allen Details. Die beiden streiten häufig, dennoch wird aus ihrem professionell-distanzierten Verhältnis bald eine tiefe Freundschaft, in der es auch ein bisschen kribbelt. 

"Das Buch der Augen" von Swantje Niemann

Urban Fantasy meets Lovecraft-Horror: Die Dämonen in "Das Buch der Augen" erinnern an die grauenerregenden Kreaturen des Cthulhu-Mythos, doch Swantje Niemann hat eine ganz eigene schaurige Parallelwelt ersonnen, die nur wenige Menschen wie Protagonistin Renia sehen können. Sie sieht die Schrecken der Roten Welt und hört das Flüstern eines Dämons, der auf ihre ganz persönlichen Schrecken anspringt. Zunächst glaubt Renia, dass nur sie die Rote Welt sieht und diese ein Konstrukt ihrer Ängste ist, doch als sie nach Berlin zurückkehrt und dort auf ihre Tante trifft, wird ihr klar, dass die Rote Welt und ihre Dämonen real sind. Renia muss sich entscheiden, ob sie versuchen will, sich zu verstecken - oder ob sie gegen die Alptraumkreaturen kämpfen will ...

"Die Entführung der Dinharazade" von Christina Wermescher

Steampunk trifft auf eine Geschichte wie aus 1001 Nacht: Dinharazde verweilt mit ihrer Schwester Scheherazde im Palastgarten, als plötzlich der Wüstenkönig Khan Bassam erscheint und höflich verkündet, Dinharazade zu entführen. Er bringt sie in seine Oasenstadt, die sich nach anfänglichen Misstrauen als Paradies für die technikaffine Dinharazade entpuppt. Zwischen ihr und Khan Bassam entspinnt sich eine charmante Liebesgeschichte, die bald von den dunklen Plänen einer Hexe überschattet wird. 

So, das war es von meiner Seite - vorerst (hier liegen wieder einige tolle Kleinverlagsbücher, die bald gelesen werden). Vielleicht war etwas für Euch dabei - in diesem Fall wünsche ich schon mal viel Spaß beim Lesen!

- Judith

Verborgene Quellen. Ein Krimi aus dem Fehnland

Liebe Leser*innen,

nach einigen Verzögerungen ist mein erster Roman Verborgene Quellen. Ein Krimi aus dem Fehnland da, ein Mystery, in dem es aber um einiges mehr geht.

Bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich noch etwas vorwegschicken. Seit einiger Zeit bin ich Redakteurin bei Literatopia und Phantast, habe eine recht lange Zeit Beiträge für u.a. phantastisch-lesen, literaturkritik, Literatur-Couch geschrieben und nicht vorgehabt, selbst schriftstellerisch tätig zu werden. Doch als ich wegen einer schweren Autoimmunerkrankung mein Leben teilweise umstellen musste, begann ich, Erzählungen der Autorin Sarah Orne Jewett zu übersetzen und sie in den Bänden Der Schmuckreiher und Neuengland in dunklen Zeiten zu publizieren. Was mich wiederum auf die Idee brachte, selbst sechs Geschichten, fiktionale und autofiktionale, aufzuschreiben und unter dem Titel Die Villa in der Munckelstraße (2022) zu veröffentlichen. Erzähltechnische und stilistische Vorbilder waren Liebes Leben von Alice Munro und Unaccustomed Earth von Jhumpa Lahiri.

Zurück zum Roman. Er greift eine Idee von mir auf, die mir schon seit langem durch den Kopf geisterte: Sie handelt von zwei Brüdern, die, obwohl gemeinsam aufgewachsen, vollkommen gegensätzlich sind. Als sie erwachsen sind, geschieht eine Verbrechensserie in ihrem alten Heimatort. In dem älteren Bruder wächst der furchtbare Verdacht, der jüngere könnte der Täter sein. Als Bruder wagt er es nicht, ihn auszusprechen. Und vielleicht liegt er ja auch falsch. Aber als Polizist kann er nicht tatenlos zusehen. Er sieht sich in einem Konflikt. Wie soll er sich verhalten?

Almut Verborgene Quellen

Die Wirklichkeit war Vorbild für das Verbrechen, Susan Hill mit einem ihrer Simon-Serailler-Krimis lieferte mir Ideen zur Schärfung von Details. Susan Hill ist auch zugleich eines meiner Vorbilder. Daneben würde ich Donna Leon, Håkan Nesser, Anthony Horowitz, Andrea Camilleri und Elizabeth George nennen, weil sie zeigen, dass eine düstere Krimi-Thematik auch mitreißend, witzig und gleichzeitig einfühlsam erzählt werden kann, mit Selbstironie, schwarzem Humor, politischer und gesellschaftlicher Aktualität. Ich schätze, das Reißerische, Aktionistische ist nicht meine Sache.

Elizabeth Georges Schreibführer Write Away war mir eine große Hilfe. Ich bin nicht der Typ, der einfach so drauflos schreibt. Für mich ist das Schreiben eines Romans wie das Bauen eines Hauses, weshalb der architektonische Planungsansatz von Elizabeth George mir gut gefällt. Obwohl als Orientierung gedacht, weicht meine letzte Fassung dennoch stark vom ersten Entwurf ab. Die Probleme des jüngeren Bruders, Tommy, mit seinen Ängsten und Zweifeln habe ich im Verlauf des Überarbeitungsprozesses dahingehend betont, dass er lernt, besser damit umzugehen, statt sich von ihnen beherrschen zu lassen. Max, der ältere Bruder, entwickelt sich vom jugendlichen Draufgänger zu einem Erwachsenen, der immer noch Draufgänger ist, aber Verantwortung für sein eigenes Handeln übernimmt. Die größte Änderung habe ich beim Ende vorgenommen, als mir klar wurde, dass ich den „falschen“ Täter hatte. Also musste ich den „richtigen“ Täter finden, das Ende umschreiben und den Roman darauf abstimmen.

Von Anfang an beibehalten habe ich die drei Zeitebenen. Jede Ebene erzählt eine andere Geschichte, in der es um das Aufdecken eines Geheimnisses oder eines Verbrechens geht. Mit jedem Abschnitt wird dieses Geheimnis oder Verbrechen schlimmer und rückt der Familie von Max und Tommy näher.

Ebenfalls außer Frage stand die Location. Die Geschichte sollte in meiner alten Heimatregion spielen, wo ich mich auf sicherem Terrain bewege und die Menschen mir vertraut sind. Einige örtliche Details musste ich der Handlung wegen anpassen. Entstanden ist ein Mix aus überprüfbaren Fakten und Fiktion.

Nach der zweiten Fassung erschien mir die Geschichte zweier Brüder und die Krimihandlung zu dürftig. Ich wollte der Geschichte mehr Aktualität verleihen, sie mit zwei Themen in unserer gesellschaftspolitischen Wirklichkeit verankern: der mit dem Klimawandel einhergehenden Gefahr zunehmender Überschwemmungskatastrophen und dem fragwürdigen Verhalten des politischen und bürokratischen Sektors. Das Thema Klima bot sich ganz natürlich an, weil die Gemeinde aufgrund ihrer geographischen Lage schon immer von Überschwemmungen bedroht ist und Hochwasserschutz eine wichtige Rolle spielt.

Der Roman entstand zwischen 2019 und 2022. Im Herbst 2022 habe ich das Manuskript gegenlesen lassen, es stilistisch und inhaltlich überarbeitet (unter anderem hatte ich das Alter einer Figur so falsch berechnet, dass sie schon mit vierzehn geheiratet hätte!), dann ein zweites Mal gegenlesen lassen und korrigiert, bis ich mit dem Ergebnis meines 82.000 Wörter umfassenden Manuskripts zufrieden war.

Da ich aus o.g. Gründen die Anforderungen der Verlage nach Lesungen, Interviews, Einhalten der Dead Line etc. nicht erfüllen kann, habe ich wie schon mit meinen drei vorherigen Büchern die Möglichkeiten genutzt, die amazon bietet, und das Buch dort im Selbstverlag publiziert. Das bedeutete, dass ich einen Titel suchen musste, was etwas schwierig war, da meine Favoriten schon vergeben waren, und ein Foto für das Cover, was einfach war: ein Schnappschuss während eines Sommerausflugs.

Derzeit arbeite ich an meinem zweiten Mystery-Roman, mit zwei Frauen als Hauptfiguren. Handlungsorte sind Hamburg, das nahe gelegene ländliche Schleswig-Holstein und Bremen.

Soweit zu diesem Buch. Ich würde mich freuen, hätte ich euer Interesse geweckt.

Liebe Grüße, Almut

Ausblick: Deutschsprachige Science Fiction 2023

Liebe Leser*innen,

diesen Ausblick bis in den Sommer 2023 will ich ganz der deutschsprachigen Science Fiction widmen, denn da zieht es mich in den letzten Jahren immer stärker hin. Natürlich lese ich auch immer noch gerne zwischendurch Fantasy und Mystery, aber meist sprechen mich SF-Titel in den Vorschauen an - und eben immer öfter deutschsprachige. 2022 war bereits ein sehr gutes Jahr für die deutschsprachige SF mit vielen großartigen Veröffentlichungen - und auch 2023 ist bereits viel Spannendes in Sicht. Folgende Bücher sind für mich beziehungsweise Euch besonders interessant:

"Dies ist mein letztes Lied" von Lena Richter (Februar 2023)

Okay, das ist gerade erschienen, das war aber so gut wie erhofft und muss unbedingt in diesem Blogbeitrag erwähnt werden. "Dies ist mein letztes Lied" ist ein wunderbarer Mix aus Science Fiction und Portal Fantasy übers Scheitern und Weitermachen, über Freundschaft und Gemeinschaft:

„Ich denke an alle Lieder, die ich gespielt habe. Alles, was ich gelernt habe, verlernt, verloren. Alles, was dazu geführt hat, dass ich jetzt hier sitze, allein vor Hunderttausend, die Sensation des Abends für sie, der Abschied für mich. Ein letztes Mal bin ich Teil von etwas. Ein letztes Mal werde ich spielen. Wenn die Musik verklungen ist, trete ich durch das Tor und ...“

Eine Novelle über Kunst und ihre Grenzen, über Hoffnung und Hilfslosigkeit, über das Zuhören und das Finden der eigenen Melodie.

"Kalbus End - Outlaws in Space" von Elea Brandt (März 2023)

Outlaws in Space - diese Headline reicht schon, um mich neugierig zu machen. Als großer "Firefly"-Fan giert man lebenslang nach allem, was ähnlich sein könnte - und sympathische Kriminelle im All funktionieren meist wunderbar. Ein Must-Read für mich:

Verfolgungsjagden im All, aufregende Coups und knallharte Verhandlungen – für Ex-Schmuggler Leyo gehört dieses Leben der Vergangenheit an. Seiner Familie zuliebe verdingt er sich auf dem heruntergekommenen Planeten Ranun als Barmann und träumt von der guten alten Zeit. Doch dann geht ein allerletzter Coup sagenhaft schief und auf einmal stecken Leyo und seine Familie mitten in einem Machtkampf um Politik und Ressourcen, bei dem nicht weniger auf dem Spiel steht als die Rettung ihres Planeten.

game show"Game Show" von Franzi Kopka (März 2023)

Ich habe inzwischen sooo viele Dystopien mit jungen Charakteren gelesen, dass ich da übersättigt und teils einfach herausgewachsen bin. "Game Show" sieht aber nicht nur verdammt schick aus, es macht mich vom Thema her auch neugierig. Ich fürchte, mein Bücherstapel ist dafür viel zu hoch, aber Euch wollte ich den Titel nicht vorenthalten:

2126, New London: Als die siebzehnjährige Cass in die niedrigste Klasse der Gesellschaft verstoßen wird, weiß sie, dass es nur einen Weg gibt, dieser Hölle zu entkommen: Sie muss es in die nächste Gameshow schaffen. Wer an der Gameshow teilnimmt, kann ein Ticket nach ganz oben gewinnen – oder bezahlt die Chance mit dem Leben. Cass bekommt unerwartet Hilfe von Jax, dem besten Gamer in der Arena. Die beiden werden Verbündete im großen Spiel um ihr eigenes Leben und gesellschaftlichen Aufstieg. Doch ihr Deal und auch ihre Gefühle füreinander beruhen auf einer Lüge, die alles, was sie sich gemeinsam erkämpft haben, zum Einsturz bringen könnte.

der skandal"Der Skandal" von T.S. Orgel (Juli 2023)

Ein Biothriller von den Orgels - da muss ich als Biologin eigentlich zuschlagen. Eva Bergschneider von phantastisch-lesen.com war von "Terra" und "Behemoth" recht angetan und da wir einen sehr ähnlichen Lesegeschmack haben, werde ich mir wohl "Der Skandal" anschauen:

Der Unternehmer Dan Light wird als Held der grünen Ernährung gefeiert. Seine Firma Lightfood produziert Laborfleisch, für das keine Tiere sterben müssen, und macht Milliardenumsätze damit. Doch der Ausbruch einer weltweiten Krankheit wirft einen Verdacht auf: Geht bei Lightfood wirklich alles mit rechten Dingen zu? Als Dan Light nachforscht, stößt er in seinem eigenen Unternehmen auf ein Netz aus Korruption, Intrigen und Sabotage – und wird auf einmal selbst zum Gejagten. Ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt …

im auge der leere"Im Auge der Leere" von Stefan Cernohuby und Melanie Vogltanz (August 2023)

Kürzlich hat Melanie Vogltanz auf Instagram das Cover zu der Space Opera "Im Auge der Leere" enthüllt. Nach der viel beachteten Dystopie "Shape Me" geht es dieses Mal gemeinsam mit Stefan Cernohuby, Herausgeber von "Facetten der Zukunft", in galaktische Gefilde - wird sehr wahrscheinlich gelesen:

Mehr als 3.000 Sternensysteme werden von Menschen besiedelt. Auf hunderten bekannten Welten existiert nichtmenschliches Leben. Doch nur ein Wesen behauptet, aus dem unzugänglichen Teil der Galaxis zu stammen – mitten aus dem Auge der Leere: Void.Void ist ein Individuum mit verborgenen Talenten und speziellen Bedürfnissen, sowohl was seinen Lebensstil als auch seinen Metabolismus angeht. Das ist aber nur einer der Gründe, warum er sich in einem intergalaktischen Hochsicherheitsgefängnis befindet.Als Aelianus, das inoffizielle Oberhaupt der Organisation Oculus, von einer Bedrohung galaktischen Ausmaßes erfährt, erkennt er, dass nur eine ganz spezielle Fähigkeit das Schlimmste verhindern kann. Doch dies bedeutet, mit dem gefährlichsten Verbrecher der Galaxis gemeinsame Sache zu machen.

Die Jubiläumsausgabe der Queer*Welten im Mai 2023 wird übrigens einen SF-Schwerpunkt haben, insofern freue ich mich auf diese Ausgabe besonders - falls ihr die Queer*Welten noch nicht kennt:

Queer*Welten ist ein halbjährlich erscheinendes queerfeministisches Science-Fiction- und Fantasy-Zine, das sich zum Ziel gesetzt hat, Kurzgeschichten, Gedichte, Illustrationen und Essaybeiträge zu veröffentlichen, die marginalisierte Erfahrungen und die Geschichten Marginalisierter in einem phantastischen Rahmen sichtbar machen. Außerdem beinhaltet es einen Queertalsbericht mit Rezensionen, Lesetipps, Veranstaltungshinweisen und mehr.

Natürlich erscheint noch einiges mehr (im SF-Netzwerk-Forum werden fleißig deutschsprachige Veröffentlichungen gesammelt), Kleinverlage kündigen oft eher kurzfristig an und vieles ist noch gar nicht angekündigt. Ich rechne zumindest im Sommer und Herbst noch mit einigen spannenden SF-Titeln von deutschsprachigen Autor*innen. 

Viele Grüße

- Judith

Literatopia spielt … Slaine

Literatopia spielt … Slaine
 
slaineblog11Vor ein paar Jahren habe ich mal angekündigt, in diesem Blog auch über Spiele schreiben zu wollen. Nach zwei Beiträgen habe ich das allerdings aus den Augen  verloren. Dabei hätte es genug Möglichkeiten dazu gegeben. Als leidenschaftlicher Brett- und Rollenspieler habe ich auch in den letzten Jahren ausreichend Gelegenheit gehabt, Spiele auszuprobieren. Und es kommen auch immer wieder Spiele zu Büchern heraus, die versuchen die beschriebenen Welten auf ein Brett- oder Kartenspiel zu übertragen. Vampire – Vendetta ist eins zu einem meiner Lieblingsrollenspiele, die Scheibenwelt wurde gleich in mehreren Brettspielen umgesetzt. Mouse Guard hat eins und auch so Klassiker wie Der Name der Rose oder Die Säulen der Erde. Und wenn ich das alles so aufzähle, kommt auch die Motivation wieder, über all diese Spiele etwas zu schreiben, hoffentlich fehlt dieses Mal nicht die Zeit dazu. Aber man wird sehen.
Zunächst aber steht nun Slaine an. Und damit ist nicht etwa das neuerdings erhältliche Tabletop gemeint, sondern tatsächlich der Comic. Denn Band 4 der Slaine-Ausgabe des Dantes Verlages, sowie die erste Geschichte im Fünften sind ein Game-Comic. Was das heißt? Eigentlich nichts anderes, als dass man ein klassisches Abenteuerspielbuch bekommt, nur eben als Comic. Wem der Begriff des Abenteuerspielbuchs nichts sagt, hier eine kurze Erklärung:
Als die Verlage in den 80er feststellten, dass Rollenspiele wie D&D und DSA (Das Schwarze Auge) immer beliebter wurden, beschlossen sie auch daran teilhaben zu wollen und so gab es das sogenannte Abenteuerspielbuch. Ich selbst habe eins zu den Nibelungen besessen und hatte viel Spaß daran, nicht nur über Abenteuer zu lesen, sondern sie selbst mit Stift, Papier und Würfeln zu erleben. Denn diese Abenteuerspielbücher waren nämlich nichts anderes als Solo-Abenteuer, wie es sie für jedes Rollenspiel gibt. Und genau wie Solo-Abenteuer mal gut und mal schlecht geschrieben sind, gab es auch unter den Abenteuerspielbüchern gute und schlechte Varianten.

Der Ablauf bei diesem sogenannten Game-Comic, der übrigens nicht der Einzige seiner Art ist, es gibt welche in den LTBs und sogar für Asterix existieren welche (wer seine verschenken will, hier wäre ein begeisterter Abnehmer), entspricht im Prinzip dem eines Soloabenteuers. Man liest einen Abschnitt und muss sich am Endes dessen für eine von mehreren Möglichkeiten entscheiden, wie es weitergehen soll. Mal kann das gute Auswirkungen haben, mal kommt man so richtig in Schwierigkeiten. Bei Slaine ist eher das Letztere der Fall, so viel sei bereits verraten. Hin und wieder kommen dann auch die Würfel zum Einsatz, um Proben oder Kämpfe zu bestehen. Das alles geschieht natürlich nicht mit einer Komplexität wie bei einem echten Rollenspiel, allein durch die Abwesenheit eines Spielleiters, der spontan reagieren kann, ist dies nicht möglich, aber dennoch gibt es meist unterschiedliche Wege, um ans Ziel zu gelangen oder, wie im Falle von Slaines erstem Solorollenspiel, eben nicht. Wie auch immer aber ein Abenteuer ausgeht, hat man meist dennoch viel Spaß, solange die Abenteuer gut geschrieben sind.
Die Reise in die Welt Slaines verspricht auf jeden Fall schon mal beißenden Witz und einen Barbarenkrieger, der diese Bezeichnung verdient.
Sein erster Game-Comic, der in wöchentlichen Episoden im Magazin 2000 AD erschien, ist Die Gruft des Schreckens und damit weiß man auch bereits, was einen auf den folgenden Seiten erwartet. Nämlich im Grunde ein typisches Rollenspielsoloabenteuer der 80er Jahre. Das ist auf keinen Fall ein Nachteil, machten diese eigentlich mordsmäßig Spaß.
Mordsmäßig ist dabei ein gutes und treffendes Wort. Denn wenn sich Slaine auf etwas versteht, dann seine Gegner in kleine Stücke zu hacken - und dafür bekommt er reichlich Gelegenheit.

Die Gruft des Schreckens

Die Gruft des Schreckens ist nun der erste Gamecomic und vor dem Spielen müssen noch ein paar Vorbereitungen getroffen werden. Zwei Würfel, ein Bleistift und ein Zettel fürs Notieren von Gegenständen und Punktestand müssen bereitgelegt werden und dann geht es auch schon los und mitten hinein in den Kampf gegen Grímnismál, der zu erwachen und die ganze Welt zu vernichten droht. Nur Slaine und seine Freunde und Begleiter wie Ukko oder Nest können ihn aufhalten. Es geht also um nichts anderes als die Rettung der Welt. Schon mal keine kleine Aufgabe, die dadurch erschwert wird, dass die sogenannte Terroruhr nicht ablaufen darf. Spieltechnisch ist dieser Zeitdruck dadurch geregelt, dass von einem Zeitpunktestand für bestimmte Aktionen Punkte abgezogen werden. Erreicht dieser Null erwacht Grímnismál und das Spiel ist verloren. Aber dem muss ja nicht so sein, schließlich schnetzelt man sich seinen Weg als Slaine durch die Gruft. Die Regeln hierfür sind recht einfach. Jeder Charakter hat ein Verwindungspunktekonto, womit Stärke, Intelligenz und Erfahrung zusammengefasst werden. Steht nun ein Kampf oder eine andere Aufgabe an, so würfelt man mit den beiden Würfeln, zählt gegebenenfalls einen Bonus hinzu und zieht diese Punkte von seinem Gegner ab, sofern er nicht die Punkteanzahl vorher reduziert. Und das war es auch schon an Regeln. Fortan erforscht man mit Slaine und seiner Gruppe so gerüstet die Gruft des Schreckens. Der Ablauf ist dabei recht linear, wirkliche Entscheidungen, die den Comic beeinflussen, können nicht getroffen werden, denn jedes Kapitel ist nach dem gleichen Schema aufgebaut.
Zunächst kommt der Comicanteil, der die Geschichte der Vorwoche weitererzählt, bevor man am Ende meist drei Optionen bekommt, wie es weitergeht. Egal was man wählt, steht die Geschichte für den Comic jedoch fest  und nur eine Option wird im Comicteil des nächsten Kapitels auserzählt, jedoch ist dann am Ende des Kapitels ein großer Textabschnitt, der auf die Wahl der anderen Optionen eingeht und die Folgen beschreibt und die können recht heftig sein und einen zu Kämpfen zwingen, die auch mal Opfer fordern. Glücklicherweise gibt es aber nicht nur Kämpfe zu bestehen, sondern hin und wieder auch kleinere Rätsel.
So erkämpft man sich den Weg durch die Gruft des Schreckens, bevor es gegen den großen Endgegner geht und die Welt auf dem Spiel steht und dieser letzte Kampf ist eine wirklich große Herausforderung.

slaine5Alles in allem ist Slaines erster Gamecomic ein grundsolides Soloabenteuer aus der Frühzeit des Rollenspieles. So gesehen ist es also nicht bemerkenswert. Was es allerdings aus der Masse heraushebt, ist der derbe Humor, der Hintergrund vor dem es spielt und die Tatsache, dass hier keine Gefangenen gemacht werden. Die Gruft des Schreckens ist eben tödlich und blutig. Und dies entschädigt für die Linearität der Erzählung und der kaum vorhandenen Auswahlmöglichkeiten. Bei diesem ersten  Experiment hat Pat Mills an diejenigen gedacht, die sich nicht für Rollenspiele begeistern können und einfach nur einen Comic lesen wollen, denn die Geschichte ist auch ohne Spiel lesbar, ist dann allerdings nicht so das Gelbe vom Ei. Inhaltlich ist Die Gruft des Schreckens eben etwas schwach auf der Brust. Der Spaß  kommt erst durch das Spielen zustande, dann aber so richtig. Im Vorwort wird empfohlen die Gruft des Schreckens mit mehreren anzugehen, damit das gleiche Spielgefühl wie beim erstmaligen Erscheinen aufkommt, als die Leser Woche für Woche auf das nächste Kapitel warten mussten und währenddessen über die Weiterführung der Handlung diskutieren konnten. Und dies dürfte tatsächlich für weiteren Spielspaß sorgen. Der Gamecomic ist für jeden Rollenspieler eine Reise zurück in die Anfänge des Hobbys, als alles unkomplizierter war und man sich einfach ohne nachzudenken durch einen Dungeon kämpfte. Für Spielleiter ist am Ende sogar ein Plan der Gruft enthalten, so dass dieses Labyrinth auch auf das eigene Spielsystem angepasst werden kann. Die Reise durch das Labyrinth dürfte für zwischendurch eine willkommene Abwechslung sein und für einen unterhaltsamen Abend sorgen.

Der Kessel der Dagda

Ein weiteres Mal dürfen wir als Slaine in den Kampf ziehen. An den Regeln hat sich nichts geändert, nach wie vor werden zwei Würfel, Stift und Papier benötigt und die Kämpfe laufen nach dem gleichen Schema wie in Die Gruft des Schreckens ab. Hieran sollte sich auch später nichts mehr ändern. Dieses Mal ist Slaine jedoch nur mit Ukko unterwegs. Gemeinsam wollen sie in den Gläsernen Turm eindringen, um den Kessel der Dagda an sich zu bringen, der große Kräfte besitzt. Im Innern müssen Slaine und Ukko ihren Weg zu ihrem Ziel finden und sich dem Drune-Lord Grunsgul stellen.
War das erste Soloabenteuer noch sehr linear, so sind Rollenspieler nun auf vertrautem Terrain. Immer wieder wird man vor eine Entscheidung gestellt und je nachdem geht es bei einem anderem Panel weiter. Die Motivation sich mehrmals an Der Kessel der Dagda zu versuchen wird dadurch enorm gesteigert, denn es könnte ja sein, dass ein anderer Weg auch etwas Neues hervorbringt und nicht nur den Tod. Denn gestorben wird hier viel und leicht. Jeder Schritt im Gläsernem Turm will überlegt sein, und wer das Abenteuer beim ersten Mal besteht, hat die Achtung Slaines verdient. Das Abenteuer macht deutlich mehr Spaß als der erste Versuch, sofern man eine gewisse Frustrationstoleranz besitzt. Die Geschichte reißt allein wegen ihrer Kürze keine Bäume aus, ist aber zweckmäßig und Ukko mal eine verpassen zu können, macht schon Spaß, vom restlichen Humor mal abgesehen.

Drachenleiche

Ukko und Slaine kommen in Ukkos Heimatdorf. Dieses liegt zerstört vor ihnen. Die Zwerge haben zu tief gegraben und einen Schild mit den sogenannten El-Steinen entdeckt. Als sie diese herausbrachen, erwachte ein Drache. Nach der Zerstörung des Dorfes zog sich dieser in sein Versteck zurück, doch das Schlimmste kam noch. Seltsame Kreaturen tauchten auf und die einzige Möglichkeit, die daraus entstandene Gefahr für die Welt zu bannen, ist, dass jemand hinabsteigt und die Steine wieder in den Schild einsetzt. Dieser jemand ist Slaine und damit der Spieler.
Drachenleiche hat es in sich und wie! Der Tod ist praktisch immer gewiss und damit ein neuer Anlauf. Das tut dem Spielspaß aber keinen Abbruch. Die Todesarten sind originell und abwechslungsreich und man ist fast schon gespannt, in welcher Form einen der Tod erwartet. Dazu kommt der für Slaine typische Humor und Gewaltgrad und heraus kommt beste Unterhaltung, sofern man etwas für Slaine und Rollenspiele über hat.

Danus Ring

slaine5Myrddin der Magus schickt Slaine in die Anderswelt. Dort soll er den Ring von Danu finden, der Erdgöttin. Löst er die Aufgabe wird er sieben Jahre als König herrschen können, bevor die Erdgöttin ihr Recht auf sein Leben beansprucht. Slaines Erzfeind Elfric, Anführer der Wilden Jagd, will ihn allerdings aufhalten. An seiner Seite hat Slaine nur seine treue Axt und den Zwerg Ukko. Von Myrddin bekommt er mit auf dem Weg, dass er der Göttin Danu in drei Gestalten begegnen wird. Als Kornmaid, Sommer-Weib und als Alte Vettel. Jeder Aspekt repräsentiert dabei die drei Jahreszeiten des keltischen Jahres. Nach einem Biss von einer Giftschlange tritt er in Trance in die Anderswelt über.Spannend ist die Jagd nach den Segmenten des Ringes. Pat Mills legt hier bei der Handlung deutlich zu, was Danus Ring auch zu einer idealen Rollenspielvorlage für ein Gruppenabenteuer macht. Dieser Auftritt Slaines gibt einem wirklich das Gefühl eines großen Abenteuers, welches man selbst erlebt. Dazu werden Grundlagen für den weiteren Verlauf von Slaines Abenteuern gelegt. Der Auftritt der Erdgöttin wird noch wichtig werden und Danus Ring bereitet zudem seinen Weg zum Königtum vor, der in der nächsten Geschichte Annwns Schätze weiter beschritten wird.

Insgesamt vier Gamecomics wurden also von Pat Mills geschrieben und jeder für sich hat seine Stärken. Sei es, dass sie im Humor, den abwechslungsreichen Toden, den Monstern oder, insbesondere bei Danus Ring, der Handlung liegen. Sicher würde das heute meist anders geschrieben, aber ob es besser wäre, ist die Frage, denn die vier Gamecomics machen vor allem noch heute mordsmäßig Spaß und wer mal Lust auf ein Soloabenteuer ohne großartiges Regelwerk hat, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren und jeder, der sich für keltische Mythen und Legenden interessiert sowieso. Am Besten dann gleich weiterlesen in den Slaine-Comics, denn die sind richtig gut.

So und das war dann auch mein erster neuer Beitrag unter dieser Rubrik und ich verspreche hiermit, dass der nächste nicht so lange auf sich warten lässt. Also, …. denke ich. … Wenn nicht was dazwischen kommt.

Viel Spaß beim Lesen und Spielen,

Markus

slaine4