10-12-2017, 22:20
Wenn wir heute schon dabei sind ^^ ... mit dem Teil bin ich nicht wirklich zufrieden, allerdings war es auch seltsam, dass Red und Wave alleine unterwegs sind ...
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Red war ein blutiger Fleck inmitten der weißen Klinikräume. Trotz schickem Hemd und Designerjeans, die ihn als Teil der besseren Gesellschaft auswiesen. Wave passte mit ihrer rosafarbenen Perücke und der perfekten Silikonhaut viel besser in diese Welt. Sie stand neben ihm, lies den Blick ins Leere gleiten. Ein unverbindliches Lächeln auf den Lippen. Ganz wie eine Puppe in Warteposition. Hinter dem Tresen, einer geschwungenen Formation aus milchigem Glas, saß eine spindeldürre Frau mit olivefarbenem Teint und violett geschminkten Lippen. Ihre zerbrechlichen Finger flogen über den Touchscreen ihres Terminals und nach wenigen Minuten schenkte sie Red ein strahlendes Lächeln.
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Red war ein blutiger Fleck inmitten der weißen Klinikräume. Trotz schickem Hemd und Designerjeans, die ihn als Teil der besseren Gesellschaft auswiesen. Wave passte mit ihrer rosafarbenen Perücke und der perfekten Silikonhaut viel besser in diese Welt. Sie stand neben ihm, lies den Blick ins Leere gleiten. Ein unverbindliches Lächeln auf den Lippen. Ganz wie eine Puppe in Warteposition. Hinter dem Tresen, einer geschwungenen Formation aus milchigem Glas, saß eine spindeldürre Frau mit olivefarbenem Teint und violett geschminkten Lippen. Ihre zerbrechlichen Finger flogen über den Touchscreen ihres Terminals und nach wenigen Minuten schenkte sie Red ein strahlendes Lächeln.
„Dr. Varyen erwartet Sie bereits.“
Red nickte und sah Wave an. Mit einer Geringschätzung, die er hatte üben müssen. „Du wartest hier.“ In ihren pinken Augen blitzte es, aber sie lächelte freundlich und begab sich in den Wartebereich, wo sie sich mit einer Steckdose verband. Neben ihr saß eine andere Androidin, ein älteres Modell, das nicht annähernd so echt wirkte wie Wave. Und wohl kein Bewusstsein hatte. Aber wer wusste das schon?
Die dürre Mitarbeiterin führte ihn an einer einzigen, grünen Pflanze vorbei in den Operationsraum. Red erinnerte sich an das düstere Hinterzimmer, in dem ihm so ein zwielichtiger Typ damals seinen Netzzugang implantiert hatte. Sah gar nicht so anders aus, abgesehen von der hellen, sterilen Atmosphäre und den ganzen Gerätschaften, deren Funktion ihm schleierhaft war.
Die Empfangsdame bot ihm ein Wasser an und ließ ihn dann allein. Keine fünf Minuten später trat ein Mann Mitte Dreißig durch die Tür. Volles schwarzes Haar, kurz geschnitten, perfekt gestylter Dreitagebart, perfekte weiße Zähne und unnatürlich grüne Augen in unterschiedlichen Farbnuancen. Links trug er offenbar eine Augmented Reality Linse. Nicht jeder konnte gleichzeitig offline und online sein, so wie Maze. Eigentlich konnten das sogar die wenigsten. Vielleicht sollte Red sich auch solche Linsen zulegen. Danke Wave hatte er Kohle genug.
Dr. Varyen gab ihm die Hand. „Ich werde den Eingriff vornehmen. Bitte setzen Sie sich.“ Er wies auf den gepolsterten Stuhl in der Mitte des Raumes. In der Kopflehne befand sich ein großes Loch, sodass Red sich zurücklehnen konnte, während der Chirurg an seinen Zugängen herumdokterte. Als er Platz genommen und Dr. Varyen einen ersten Blick riskiert hatte, erkannte dieser schnell: „Das ist aber keine gute Arbeit.“ Klar. Hatte ihm auch einer von Sliders Leuten illegal eingebaut. Der Doc sah das natürlich und er würde darüber schweigen. Weil er für das Upgrade übermäßig gut bezahlt wurde.
Nachdem er sich die verpfuschten Implantate eine Weile angesehen und Notizen auf seinem Pad gemacht hatte, kam eine Schwester, eine große Brünette mit aufgespritzten Lippen, dazu und setzte eine lokale Betäubung. Red wäre es lieber gewesen, sie hätten ihn komplett weggeschossen, aber eine Vollnarkose war selten notwendig. Außerdem musste er wach sein, damit der Chirurg es rechtzeitig bemerkte, wenn es zu Ausfallerscheinungen kam. Also hörte Red dem Geschwafel des Doktors zu, der ihm erklärte, dass er zuerst die komplette alte Hardware entfernen und durch neue Highend-Geräte ersetzen würde. Er faselte irgendwas über künstliche Synapsen und Übertragungsraten. Simulationsqualität und Schnittstellen. Als würde Red was davon verstehen. Über Geld sprach er nicht. Die unverschämt hohe Summe hatte er längst erhalten.
Abgesehen von einem kalten Kribbeln im Nacken spürte Red nichts von der Prozedur. Sein Körper war in Watte gepackt und bald wusste er nicht mehr, dass er bei Bewusstsein war. Er starrte an die weiße Decke, während der Chirurg in seinem Gehirn herumpfuschte. Zwischendurch blitzten kantige Strukturen in seinem Blickfeld auf und ihm wurde schwindlig. In seinem Kopf sah er Liz sterben. Fragte sich, ob er es hätte verhindern können. Ob er wirklich eine Chance hatte, ihre Mörder zu vernichten. Und ob seine Rachepläne Maze gefährdeten. Was mach ich hier eigentlich? Macht das Sinn? Brauchen die mich überhaupt?
Die Wunden wurden mit einem Gewebekleber verschlossen. Ein kühles Silikongel mit aktiven Inhaltsstoffen sollte verhindern, dass sich etwas entzündete. Dr. Varyen erklärte Red, dass er mindestens acht Stunden warten sollte, bevor er die neue Hardware testete. Über die zusätzliche Schnittstelle für den Offlinelink sprach er nicht. Fragen konnte Red auch nicht. Wollte sich nicht die Blöße geben, nicht zu wissen, wie genau diese direkte Verbindung funktionierte.
Wave hatte an alles gedacht. Nur nicht daran, dass Red von dem ganzen Scheiß keine Ahnung hatte. Als er leicht benommen aus dem Operationsraum wankte, saß sie immer noch wie eingefroren im Wartebereich. Er ging zu ihr und gab ihr den Befehl, aufzustehen und mitzukommen. Es war ihm schleierhaft, wie sie auf den irrsinnig hohen Schuhen laufen konnte. Die Empfangsdame verabschiedete ihn mit einem breiten Lächeln und wies noch auf neue Produkte hin, die ihn interessieren könnten.
Während er wenig interessiert zuhörte, stieß der Doktor zu ihnen und ließ seinen Blick anerkennend über Wave gleiten. Red fragte sich, ob er sie in dem engen, schwarzen Acrylkleid heiß fand. Der Doc schien sich jedoch mehr für die Tatsache, dass sie kein Mensch war, zu interessieren. „Ihre Assistentin wirkt sehr echt. Ist das ein neues Modell?“ Sein Gesicht drückte aus, dass er sich nicht vorstellen konnte, nichts von einem neuen Modell zu wissen. Und dass er sie besitzen wollte.
Red tat gelangweilt. „Spezialanfertigung.“
Varyen nickte anerkennend. „Eine phantastische Arbeit.“
Red zückte eine der Visitenkarten, die Caius ihm für solche Fälle zugesteckt hatte. Das Papier war rau und komplett weiß und gab sein Geheimnis nur der Augmented Reality Linse des Docs preis. Varyen lächelte und bedankte sich.
Als sie draußen waren, betrachtete Wave unauffällig die neue Hardware, die nach ihren Wünschen implantiert worden war. Offenbar war sie zufrieden mit dem Ergebnis. Und erleichtert, nicht mehr die brave Assistentin spielen zu müssen, denn sie verkündete fröhlich: „Lass uns shoppen gehen.“
Sie zwinkerte ihm zu und er folgte ihr hinaus ins gleißende Weiß des Tages. Die Spiegeltürme des Kerns waren so hoch, dass ihre Schatten bizarre Muster in die Straßen zeichneten. Obwohl die Sonne schien, tauchten künstliche Lichter das Herz der Stadt in schimmernde, kühle Helligkeit. Zwischen den Gebäuden leuchteten in geisterhaftem Blau Datensäulen, die ihre Bilderströme den Blicken der Passanten anpassten. Reds neuer Identität zeigten sie technischen Schnickschnack und Jobangebote von Forschungszentren.
Wave führte ihn in ein Geschäft, in dem jedem Hacker einer abgehen musste. Sanftes, hellblaues Licht ergoss sich in einen düsteren Verkaufsraum, in dem die neusten Decks wie Trophäen auf gläsernen Säulen drapiert waren. Spotlights ließen sie wie Erscheinungen aus einer anderen Welt wirken. Zubehörteile sah man hingegen nicht. Diese lagen verschlossen hinter den indirekt beleuchteten, verchromten Wänden.
Die KI schritt zielsicher durch die Reihen brandheißer Endgeräte und hielt vor einer Säule abrupt inne. „Ein Huawei Dreamscape V“, erklärte sie, „genau das Richtige für einen User wie dich.“
Red betrachtete den glänzenden, schwarzen Spiegel, der unter seiner Berührung aufleuchtete. Irgendwie sahen die Dinger alle gleich aus. Ein großer Touchscreen für manuelle Eingaben, dahinter ein dünnes Kunststoffgehäuse, in dem sich Prozessoren, Speicherchips und anderer Kram verbargen. Die meisten Decks waren schwarz. Standarddesign. Ließ sich individuell anpassen. Wer wollte, konnte auch sein Gesicht drauf drucken lassen.
Eine Verkäuferin kam mit einem freundlichen, wohl dosierten Lächeln auf ihn zu. Sie trug eine Art Uniform in einem dunklen Violett mit hellen Applikationen. „Wir können die Konfigurationen vor Ort Ihren Wünschen anpassen.“ Ihre Stimme war warm und angenehm.
„Schwarz ist cool“, meinte Red.
Wave hatte wieder ihr starres Puppengesicht aufgesetzt und sagte mit hohler Stimme. „Wir nehmen das Standardmodell und benötigen zwei Sätze Glasfasern mit Platinkuppen. Außerdem fünf Speichermodule mit jeweils 12 Terabyte Volumen.“
Das Lächeln der Verkäuferin wurde breiter. „Eine reizende Assistentin. Bitte warten Sie einen Moment.“
Die junge Frau verschwand hinter einer unscheinbaren Tür und kam wenige Augenblicke später mit dem originalverpackten Huawei sowie den geforderten Zubehörteilen zurück. Sie packte erst alles auf einem Glastresen aus, um Red zu zeigen, dass alles seinen Wünschen entsprach. Anschließend packte sie den ganzen Kram wieder sorgfältig ein. Dann verstaute sie alles in einer schwarzen Hartplastiktasche mit dem geschwungenen Logo des Shops und übergab sie Wave.
„Ich hoffe, Sie sind mit Ihrem Einkauf zufrieden“, sagte die Verkäuferin und begleite sie Richtung Ausgang.
„Ja, danke.“ Red hielt seine rechte Hand vor die Scannersäule. Der Chip mit der neuen Identität wurde erkannt und der fällige Betrag automatisch von seinem Konto abgebucht. Wie erschreckend einfach das war. Hätte er seinen Chip früher umprogrammieren lassen können, wäre ihm einiges erspart geblieben. Und Liz würde noch leben.