22-10-2019, 10:10
Auch auf die Gefahr hin, dass ich als die im Forum gelte, die von nix anderem als Sex redet, muss ich hier noch einen Kommentar da lassen (ich war mir nicht sicher, ob ich deswegen einen eigenen Thread erstellen soll, oder ich mich hier zu Wort melde, ich mache mal hier den Anfang).
Ich war wie gesagt am Wochenende auf der FBM und habe mir dort auch einige Vorträge angehört, u.a. auch einen darüber, wie man gute (!) Sex(!)-Szenen(!) schreibt. Es handelte sich um einen halbstündigen Vortrag einer Autorin, die ich nicht kannte, aber eines will ich voranschicken: Die FBM und alle verantwortlichen Personen haben dieser Person in einem sehr eng begrenzten Zeit- und Raumangebot die Möglichkeit gegeben, darüber zu sprechen, wie man gut über Sex schreibt. Für mich ist dieser Vortrag damit mehr als nur eine Einzelstimme, sondern Teil des öffentlichen Diskurses, wie Sex in Literatur auszusehen hat, und damit diskussionswürdig.
Zuerst wurde die Frage aufgeworfen, was denn eine Sexszene sei und hier muss ich der Vortragenden vehement widersprechen, die meint, es reiche, die Vorstimmung (spürbare Anziehung, lüsterne Blicke, Entkleidung etc.) und das Danach (dann wachten sie nackt nebeneinander auf etc.) zu schildern. Das wäre bereits eine Sexszene. Nein, ist es nicht. Nur weil ich die Möglichkeit von Sex in den Raum stelle oder das Wort "Sex" erwähne, ist es noch lange keine Sexszene. Das grenzt an Zensur.
Die Figuren hatten vielleicht Sex (wissen wir das wirklich? nur weil zwei nackt sind und die Nacht miteinanderverbringen, heißt das noch lange nicht, dass sie wirklich Sex hatten. Wenn wir Sex mit Koitus gleichsetzen, reichen diese Anzeichen mMn nicht, um von Sex zu sprechen), aber solange nicht geschrieben wird, handelt es sich um keine Sexszene. Eine Szene ist das, was geschrieben dasteht und nicht das, was im Kopf der Leser*innen geschieht. Mit solchen Beispielen ein Vortrag darüber zu führen, wie man eine gute Sexszene schreibt, ist reine Farce.
Des weiteren wurden in besagten Szenen, die beispielhaft für das Vortragsmotto vorgelesen wurden, die Klischees des von Urinstinkten getriebenen Mannes (à la "er nahm sie" als Metapher für die Penetration gepaart mit der Ansicht, die Frau sei die Beute und er der Jäger) und des promiskuitiven Mannes und der zu entjungfernden Frau ("sein Bett hatte eine Vergangenheit, ihres war jungfräulich") bedient. ALLES UNTER DEN VORZEICHEN, ES HANDLE SICH UM GUTE SEXSZENEN.
Nochmal, ich würde das hier nicht schreiben, wenn ich die zitierten Bücher gelesen hätte und über diese Szenen gestolpert wäre. Dann hätte ich sie wie all die anderen Negativbeispiele zur Kenntnis genommen und schnell wieder verdrängt. Doch es handelte sich hier um einen öffentlichen Auftritt auf der weltweit größten Buchmesse, der von mehreren Instanzen genehmigt werden musste, sprich, diese Definition von "gute" "Sex"-Szenen wurde weitläufig als legitim angesehen und das regt mich einfach auf, weil hier so vieles falsch gemacht wurde. Ich lasse jetzt mal den Schreibstil außen vor (um den es eigentlich gehen sollte), Subthema bei diesem Vortrag waren in erster Linie die Tabuisierung von Sex und De-Emanzipation von Frauen. In Büchern für Erwachsene wohlgemerkt, dennoch denke ich, dass man, bedenkt man den Rahmen, in dem diese vorgestellt wurden, sich denken kann, in welche Richtung der Buchmarkt tendiert und ich finde sie erschreckend.
Das wollte ich mal gesagt haben, um meinem Ärger und meinem Entsetzen Luft zu machen.
Ich war wie gesagt am Wochenende auf der FBM und habe mir dort auch einige Vorträge angehört, u.a. auch einen darüber, wie man gute (!) Sex(!)-Szenen(!) schreibt. Es handelte sich um einen halbstündigen Vortrag einer Autorin, die ich nicht kannte, aber eines will ich voranschicken: Die FBM und alle verantwortlichen Personen haben dieser Person in einem sehr eng begrenzten Zeit- und Raumangebot die Möglichkeit gegeben, darüber zu sprechen, wie man gut über Sex schreibt. Für mich ist dieser Vortrag damit mehr als nur eine Einzelstimme, sondern Teil des öffentlichen Diskurses, wie Sex in Literatur auszusehen hat, und damit diskussionswürdig.
Zuerst wurde die Frage aufgeworfen, was denn eine Sexszene sei und hier muss ich der Vortragenden vehement widersprechen, die meint, es reiche, die Vorstimmung (spürbare Anziehung, lüsterne Blicke, Entkleidung etc.) und das Danach (dann wachten sie nackt nebeneinander auf etc.) zu schildern. Das wäre bereits eine Sexszene. Nein, ist es nicht. Nur weil ich die Möglichkeit von Sex in den Raum stelle oder das Wort "Sex" erwähne, ist es noch lange keine Sexszene. Das grenzt an Zensur.
Die Figuren hatten vielleicht Sex (wissen wir das wirklich? nur weil zwei nackt sind und die Nacht miteinanderverbringen, heißt das noch lange nicht, dass sie wirklich Sex hatten. Wenn wir Sex mit Koitus gleichsetzen, reichen diese Anzeichen mMn nicht, um von Sex zu sprechen), aber solange nicht geschrieben wird, handelt es sich um keine Sexszene. Eine Szene ist das, was geschrieben dasteht und nicht das, was im Kopf der Leser*innen geschieht. Mit solchen Beispielen ein Vortrag darüber zu führen, wie man eine gute Sexszene schreibt, ist reine Farce.
Des weiteren wurden in besagten Szenen, die beispielhaft für das Vortragsmotto vorgelesen wurden, die Klischees des von Urinstinkten getriebenen Mannes (à la "er nahm sie" als Metapher für die Penetration gepaart mit der Ansicht, die Frau sei die Beute und er der Jäger) und des promiskuitiven Mannes und der zu entjungfernden Frau ("sein Bett hatte eine Vergangenheit, ihres war jungfräulich") bedient. ALLES UNTER DEN VORZEICHEN, ES HANDLE SICH UM GUTE SEXSZENEN.
Nochmal, ich würde das hier nicht schreiben, wenn ich die zitierten Bücher gelesen hätte und über diese Szenen gestolpert wäre. Dann hätte ich sie wie all die anderen Negativbeispiele zur Kenntnis genommen und schnell wieder verdrängt. Doch es handelte sich hier um einen öffentlichen Auftritt auf der weltweit größten Buchmesse, der von mehreren Instanzen genehmigt werden musste, sprich, diese Definition von "gute" "Sex"-Szenen wurde weitläufig als legitim angesehen und das regt mich einfach auf, weil hier so vieles falsch gemacht wurde. Ich lasse jetzt mal den Schreibstil außen vor (um den es eigentlich gehen sollte), Subthema bei diesem Vortrag waren in erster Linie die Tabuisierung von Sex und De-Emanzipation von Frauen. In Büchern für Erwachsene wohlgemerkt, dennoch denke ich, dass man, bedenkt man den Rahmen, in dem diese vorgestellt wurden, sich denken kann, in welche Richtung der Buchmarkt tendiert und ich finde sie erschreckend.
Das wollte ich mal gesagt haben, um meinem Ärger und meinem Entsetzen Luft zu machen.