Kinder der Ewigkeit (Andreas Brandhorst)



Verlag: Heyne (01. März 2010)
Taschenbuch: 688 Seiten, € 15,00 
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3453526105

Genre: Science Fiction - Thriller  


Klappentext

Die Zukunft: die Menschen haben die Galaxis besiedelt und zahlreiche Allianzen mit anderen Völkern geschlossen. Und sie haben – mittels hoch entwickelter Biotechnik – unsterbliches Leben erlangt. Doch das gilt nicht für alle Menschen.
Dies sind die Abenteuer Esebians, Ex-Profikiller und Anwärter auf das ewige Leben. Um dieses zu erlangen, muß er allerdings noch einen letzten Auftrag erfüllen. Einen Auftrag, der die Galaxis in ihren Grundfesten erschüttert.


Rezension

Unsterblichkeit – wer wäre nicht bereit, alles dafür zu tun? Vor dieser Frage steht auch Esebian, der sein ganzes Leben auf dieses Ziel hingearbeitet hat. Als ehemaliger Auftragskiller war ihm jedes Mittel recht, die für den Aufstieg benötigten ‚Meriten’ zu verdienen, doch die letzten beiden Stufen möchte er auf legalem Weg erwerben. Das scheint soweit gut zu funktionieren, bis ein geheimnisvoller Auftraggeber einen letzten Coup von ihm erpresst: Esebian soll einen Unsterblichen töten. Gezwungenermaßen lässt er sich darauf ein, doch dann entwickelt sich alles völlig anders als geplant. An der Seite einer mysteriösen jungen Frau, die mehr oder weniger zufällig in sein Leben tritt, wird Esebian vom Jäger zum Gejagten und muß feststellen, dass der ganze Fall Ausmaße annimmt, die sämtliche Dimensionen zu sprengen drohen.

Bereits auf den ersten Seiten sieht sich der Leser mit einer Flut technischer Begriffe konfrontiert, von denen man bestenfalls nur die Hälfte versteht. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird kurz darauf jedoch mit einem spannenden Einstieg in den Plot belohnt. Das Thema des ehemaligen Verbrechers, der auf die ehrliche Seite übergewechselt ist und nun von seiner Vergangenheit eingeholt wird, ist zwar nicht neu, aber die fesselnde Story macht dieses Manko mehr als wett.

Stark gewichtet präsentiert sich eine sehr hoch entwickelte Technologie, die sich durch das gesamte Buch zieht, den Leser aber ohne größere Probleme mit- und hineinwachsen lässt. Der Autor beschränkt dabei die näheren Ausführungen auf ein Minimum, diesbezüglich wichtige Dinge werden in ihrem Daseinszweck vorgestellt und ansonsten, von einigen Ausnahmen abgesehen, als gegeben betrachtet. Das fällt nicht weiter störend auf beziehungsweise sind hier die eigenen Vorstellungskräfte gefordert, an einigen Stellen wie zum Beispiel dem Phänomen der Weber hätten ein paar nähere Erklärungen der Story allerdings gut getan.

Mit viel Phantasie wurde eine Fülle exotischer Welten erstellt, deren Schilderungen zwar anschaulich, jedoch stets ein wenig unterkühlt und fremdartig wirken. Es bleibt dem Leser selbst überlassen, sich anhand dieser wertfrei vermittelten Fakten eine jeweils passende Atmosphäre auszumalen. Dass das beabsichtigt war und nicht auf das Unvermögen des Autors zurückzuführen ist, zeigt sich in der Beschreibung verschiedener Traum- und Nahtodsequenzen, die mit einem sehr emotional und stimmungsvoll gestaltetem Ambiente aufwarten.

Der Eindruck von Distanziertheit setzt sich bei den Protagonisten fort. Beim Verfolgen ihrer Ziele sind sie ausführlich und folgerichtig gezeichnet, darüber hinaus erfährt man jedoch eher wenig über sie. Liebenswerte, kleine Eigenheiten und Marotten fehlen ihnen genauso wie jeglicher Humor, emotionale Ausbrüche fallen selbst im Angesicht größter Katastrophen äußerst zurückhaltend aus. Auch wenn auf eine reine Schwarzweißmalerei verzichtet wurde und keiner nur gut oder nur schlecht konzipiert ist, wirken die Charaktere dadurch etwas blutleer und haben den Sprung in die Dreidimensionalität knapp verpasst.

Die Story ist in mehrere große Kapitel und diese wiederum in diverse kurze Unterkapitel eingeteilt, wobei alle zwei bis drei dieser Abschnitte der Fokus zwischen Täter- und Aufklärerseite wechselt. Erzählt wird dabei jeweils aus der Sicht von Esebian beziehungsweise seinem Gegenspieler und Chefermittler Akir Tahlon, der ebenfalls kurz vor dem Aufstieg zur Unsterblichkeit steht und sich mit der Aufklärung des Falles seine letzten benötigten Meriten verdienen möchte. Von einigen wenigen Rückblenden abgesehen, in denen man ein paar Details aus Esebians früherem Leben erfährt, ist der Plot streng linear aufgebaut.

Dialogführung und Erzählfluss halten sich gut ausbalanciert die Waage, der Schreibstil liest sich flott, unterhaltsam und abwechslungsreich. Nicht ganz so positiv wären die vielen Cliffhanger vor jedem Wechsel der Erzählperspektive anzumerken, die auf Dauer effekthascherisch wirken. Auch entkommt Esebian etwas zu häufig nur um Haaresbreite diversen lebensgefährlichen Situationen, deren Lösungen manchmal etwas übertrieben wirken und zulasten der Glaubwürdigkeit gehen.

Eine äußerst spannende Handlung bietet beinahe alles, was der Science Fiction-Fan an diesem Genre schätzt und liebt. In eine rasante Story mit vielen überraschenden Wendungen, bei der auch Actioneinlagen nicht zu kurz kommen, hat der Autor geschickt und ohne sich zu verzetteln die unterschiedlichsten Komponenten eingebettet: Von außerirdischen und künstlichen Intelligenzen über Verschwörung und versunkene Hochzivilisationen bis hin zu Erfahrungen mit übersinnlichen Kräften und dem Tod ist alles geboten. In sich stimmig werden nach und nach sämtliche Teile zusammengefügt und in logischer Konsequenz zuende gedacht. Dezent philosophisch angehauchte Beiklänge runden alles zu einer Weltraumsaga fast schon epischer Ausmaße ab, bei der man lediglich auf Raumschlachten verzichten muß.


Fazit

Ein durchdachter und ansprechend geschriebener Science Fiction-Thriller, der sich hochspannend liest und trotz einiger kleiner Schwächen zu überzeugen weiß. Mit ‚Kinder der Ewigkeit’ beweist Andreas Brandhorst zudem, dass gute Science Fiction durchaus auch aus Deutschland kommen kann.


Pro & Kontra

+ Handlung sehr spannend und abwechslungsreich
+ viele überraschende Wendungen
+ in sich stimmiger und überzeugender Plot

o sehr hochtechnisierte Zivilisation
o unterkühlte Atmosphäre
o Konzept nicht neu

- Protagonisten zeigen zu wenig Emotionen und Tiefgang
- Handlung an einigen Stellen etwas übertrieben

Wertung  

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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