Alfred Bekker (07.03.2009)

Interview mit Alfred Bekker

Literatopia: Hallo Alfred, schön, dass Du einem Interview zugestimmt hast! Stell Dich doch kurz vor – was für ein Mensch bist Du, was machst Du?

Alfred Bekker: Mein Name ist Alfred Bekker, 44 Jahre alt, bin verheiratet und habe einen 17jährigen Sohn, der mir als Fantasy-Vielleser wertvoller Tipps und Kritik geben konnte.
Angefangen zu schreiben habe ich im Grundschulalter, später begann ich dann Romane und Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Ich schrieb zahlreiche Heftromane, zuerst Western, dann vor allem Krimis (Jerry Cotton, Kommissar X, Chicago), Gruselromane (Jessica Bannister, Mitternachtsroman, Irrlicht, Grusel Schocker, Vampire), Bergromane und später vor allem Science Fiction, wo ich u.a. an den Serien Bad Earth, Ren Dhark und Sternenfaust beteiligt war. Daneben schrieb ich aber auch erste Bücher, Romane zu Film- und Fernsehserien, Krimis mit lokalem Flair wie DER KILLER WARTET... und zahllose Kurzgeschichten und Erzählungen für Zeitungen, Zeitschriften, Kalender, Anthologien, Kirchenblättern und dem Rundfunk – vom Feuilleton der Süddeutschen Zeitung bis zum Goldenen Blatt, von Meyers Modeblatt in der Schweiz bis zur Hörzu in Deutschland.
Im Laufe der Zeit habe ich mich dann immer mehr auf den Buchmarkt verlegt und entdeckte das Kinder- und Jugendbuch für mich - ein Betätigungsfeld, das mir sehr liegt, wie sich herausgestellt hat. Neben meinen Fantasy-Romanen bei Lyx ist dies zu meinem wichtigsten Genre geworden, wobei ich mich vor allem auf historische Stoffe (z. B. Die Tatort Mittelalter-Bücher bei Ueberreuter und dtv oder die Krimireihe DaVinvis Fälle bei Arena) sowie Fantastisches konzentriert habe.

Literatopia: Im März geht es endlich mit Deiner Drachenerde-Saga weiter. Was erwartet den geneigten Leser in „Drachenring“? Wie wird es Prinz Rajin ergehen?

Alfred Bekker: „Drachenring“, der zweite Band der Drachenerde-Saga erscheint im März 2009. Prinz Rajin hat den Kampf gegen Katagi, den Usurpator des Drachenthrons, aufgenommen. Rajin wird unterstützt von seinem Mentor, dem Weisen Liisho, und dem Fürsten vom Südfluss, bei dem er Asyl gefunden hat. Doch Nya, die Geliebte des Prinzen, ist in einem magischen Schlaf gefangen. Und während Katagi die fünf Reiche in einen Krieg zu stürzen trachtet, versucht der Prinz verzweifelt, seine Geliebte zu retten. Da verspricht ihm der Herr des Magiervolkes, den Bann zu brechen, wenn er sich auf seine Seite schlägt. Rajin allerdings zögert, dem Großmeister von Magus zu vertrauen …
Der abschließende dritte Band der Drachenerde-Saga erscheint dann im September 2009 unter dem Titel „Drachenthron“. Da spitzt sich die Lage dann noch einmal dramatisch zu.
Fünf Monde zieren den Nachthimmel der Drachenerde wie eine Perlenkette. Doch einer Prophezeiung zu folge wird einer dieser Monde fallen und alles Leben vernichten.
Das Kaiserreich der Drachenreiter ist dem Untergang geweiht und das Gleichgewicht zwischen den fünf Reichen endgültig zerstört. Als sich die Herrscher des Feuers, der Lüfte und der Magie zusammenschließen, drohen Chaos und Vernichtung. Doch Rajin, der Erbe des Drachenthrons, muss das Reich erst wieder unter seiner Herrschaft vereinen, bevor er der Gefahr begegnen kann. Mit einer Handvoll Drachenreiter schickt er sich an, den Mächten des Unheils entgegen zu treten. Obwohl Rajin schließlich die drei Drachenringe des Kaisers trägt, muss er erkennen, dass er seine wahre Macht erst einsetzen kann, wenn er sich den vergessenen Schatten der Vergangenheit gestellt hat, die in den Ruinen von Qô die Zeiten überdauert haben. Doch noch während Rajin gegen die Schatten der Vergangenheit kämpft, drohen die Schatten der Zukunft alles Leben zu vernichten. Der Großmeister von Magus ruft ein Heer unkontrollierbarer Höllengeschöpfe herbei und zieht gegen das Drachenland. Der Schneemond – Sitz des Verrätergottes Whytnyr - schwillt zu monströser Größe heran und sein Schatten verdunkelt die Sonne. Die Apokalypse des fünften Äons und das Ende der Welt scheinen gekommen zu sein...

Literatopia: Andere Schriftsteller veröffentlichen immer ein Buch nach dem anderen, von Dir erscheinen im März neben „Drachenring“ gleich noch zwei weitere: Stellst Du sie uns ebenfalls kurz vor?

Alfred Bekker: Da ist zum einen DAS JUWEL DER ELBEN, der erste Band der siebenteiligen Elbenkinder-Serie, der im Juli Band 2 mit dem Titel DAS SCHWERT DER ELBEN folgen wird. Band 3 wird den Titel DER ZAUBER DER ELBEN tragen.
Dieser All Age Fantasy-Zyklus schließt direkt an die Ereignisse meiner bei Lyx erschienenen Elben-Trilogie (Das Reich der Elben/ Die Könige der Elben/ Der Krieg der Elben) an und schildert die Erlebnisse von Daron und Sarwen, der Enkel des Elbenkönigs Keandir, die schon am Schluss der Trilogie eine entscheidende Rolle spielen.
Die Welt hat sich nach großen Krieg der Elben verändert. Überall irren Geschöpfe des Schattenreichs herum, die der Herr des Bösen im Krieg gegen die Elben mobilisiert hatte. Daron und Sarwen leben am Hof König Keandirs und zähmen eines dieser Schattengeschöpfe. Es handelt sich um das Riesenfledertier Rarax – eines jener Flugungeheuer, das während des Krieges die feindlichen Horden transportierte. Zur Zeit der Handlung sind beide Elbenkinder bereits über hundert Jahre alt – aber Elben können ihr Wachstum selbst kontrollieren. Und Daron will partout nicht erwachsen werden, denn er weiß, dass er dann befürchten muss, dass sein Großvater ihn zum Nachfolger und König macht. Da sich Elbenzwillinge aber bei der Wachstumsgeschwindigkeit nacheinander richten, wächst auch Sarwen nicht...
Im ersten Band „Das Juwel der Elben“ werden Daron und Sarwen von ihrem ungehorsamen Flugungeheuer ins Wilderland entführt und ausgesetzt. Eine abenteuerliche Odyssee führt sie ins Reich der Kleinlinge und schließlich bekommen sie es mit dem Knochenherrscher zu tun. Im zweiten Band „Das Schwert der Elben“ wird Keandirs Schwert Schicksalsbezwinger gestohlen und Daron und Sarwen müssen sich den Schrecken der Insel Naranduin stellen.
Die Bände sind All Age ausgerichtet – also durchaus auch für Erwachsene interessant.

Außerdem erscheint im März noch der Kriminalroman TUCH UND TOD im Droste-Verlag.
Am Freitag den 27. März 2009 um 11.00 Uhr findet in der Mayerschen Buchhandlung an der Kö in Düsseldorf die Buchvorstellung statt, zu der ich auch dort sein werde.
Anlass der Veranstaltung ist die Vorstellung des neuen Krimi-Programms des Droste-Verlages – aber wenn jemand was anderes von mir signiert haben möchte, wird das sicher auch möglich sein.

Im Mittelpunkt von TOD UND TUCH steht mit dem Niederrheinschnüffler Berringer erstmals ein verschrobener Ermittler, gegen den sein TV-Kollege Monk richtig normal wirkt.
Er schied aus dem Polizeidienst, weil ein Trauma ihn verfolgt. Jetzt wohnt Berringer auf einem Hausboot im Düsseldorfer Hafen und ermittelt privat. Der Textilbaron Peter Gerath aus Krefeld ruft den Ermittler zu Hilfe, nachdem bereits zwei Anschläge auf ihn verübt worden sind. Erst vergeht sich jemand an Geraths Pferden, dann soll es dem Produzenten von High-Tech-Fasern selbst an den Kragen gehen. Berringer taucht in einen Sumpf des Verbrechens – immer verfolgt von den Dämonen in seinem eigenen Kopf. Die Textil-Mafia der Seidenstadt zieht die Samthandschuhe aus und Tote pflastern das Krefelder Parkett. Doch auch die schrägen Charaktere aus der Familie des Textilbarons haben gute Gründe, sich des Patriarchen zu entledigen ...
Der Eintritt zur Veranstaltung ist übrigens frei.

Literatopia: Wie ist eigentlich Dein schriftstellerischer Weg verlaufen? Wie bist Du überhaupt zum Schreiben gekommen, wie ins Verlagsgeschäft eingestiegen?

Alfred Bekker: Geschichten geschrieben habe ich schon als Grundschüler. Im ersten Satz einer meiner ersten Geschichten, fliegt gleich jemand durch eine Fensterscheibe. Schon damals habe ich also Action bevorzugt. Mein Einstieg ins Verlagsgeschäft gelang durch Kurzgeschichten, die ich für die John Sinclair-Hefte schrieb und die der Bastei Lübbe Verlag damals mit 150 DM honorierte. Für anderthalb Stunden Arbeit fand ich das gut honoriert und habe immer wieder was hingeschickt. Wie heißt es so schön? Ich war jung und brauchte das Geld. Dann hat mich eines Tages ein Lektor des Verlages angerufen und mich gefragt, ob ich nicht auch Lust hätte, längere Sachen zu schreiben. Wenig später hatte ich dann meine ersten beiden Western-Romane DAS GESETZ DES DON TURNER und NELSONS RACHE unter meinem Pseudonym Neal Chadwick verkauft. Noch mit der Schreibmaschine getippt, wohl gemerkt. Mit dem Honorar des ersten Romans kaufte ich mir einen Computer, auf dem ich den zweiten schrieb... Zur selben Zeit gelang es mir dann auch Krimis an das Goldene Blatt (damals auch Bastei) und Alfred Hitchcocks Krimi Stunde zu verkaufen. So kam eins zum anderen...

Literatopia: Mittlerweile hast Du mit einer großen Anzahl an Verlagen zusammengearbeitet. Von welchen Erfahrungen kannst Du berichten? Mit welchen Verlagen fiel es leichter, mit welchen ergaben sich Probleme? Hast Du persönliche Favoriten oder vielleicht einen Traumverlag, in dem Du gerne noch unterkommen würdest?

Alfred Bekker: Ich bin gegenwärtig nicht auf der Suche nach neuen Verlagen, denn die, für die ich arbeite sind sehr gut. Das heißt nicht, dass ich für interessante Projekte nicht immer offen und ansprechbar wäre! Ganz im Gegenteil! Aber es gibt im Moment für mich auch keinen Anlass, mich aktiv nach anderen Verlagen umzusehen.
Im Übrigen ist ein Traumverlag immer der, bei dem man die Möglichkeit hat, mit kompetenten, engagierten Mitarbeitern zusammenzuarbeiten.

Literatopia: Viele Deiner Werke hast Du unter Pseudonymen veröffentlicht. Was hat Dich dazu bewogen? Weshalb hast Du auch weibliche gewählt? Und was hältst Du prinzipiell von Pseudonymen? Kann es manchmal auch unbefriedigend sein, nicht den eigenen Namen auf dem Cover zu lesen?

Alfred Bekker: Ja, aber es ist manchmal notwendig, weil der Name zum Roman passen soll. Ich habe mit Western angefangen und da wirken anglophile Namen wie Neal Chadwick, Jack Raymond oder Henry Rohmer nun mal überzeugender als mein bürgerlicher Name. Als Janet Farell habe ich vor allem für ein weibliches Publikum geschrieben – und da viele Frauen anscheinend nicht glauben, dass Männer Liebesgeschichten schreiben oder sich in weibliche Helden hineindenken können, setzt die Verlagsbranche ihnen eben weibliche Pseudonyme vor die Nase. Manchmal ist es aber notwendig, verschiedene Aktivitäten und Genres für das Publikum sauber voneinander zu trennen und sich mit unterschiedlichen Autoren-Marken zu präsentieren. Derzeit bin ich sehr aktiv in der (High) Fantasy – aber wenn ich jetzt z.B. auf die Idee käme, eine Genre-Satire oder Romantasy zu schreiben, müsste ich das wohl unter einem anderen Namen als Alfred Bekker tun.

Literatopia: Horror, Western, Krimis, Liebesromane, Fantasy und Sci-Fi – Du scheinst kaum ein Genre auszulassen. Probierst Du gerne aus oder haben Dich eher finanzielle Faktoren zu dieser Flexibilität bewogen? Gibt es ein Genre, in dem Du Dich besonders heimisch fühlst?

Alfred Bekker: Ja, Fantasy, historische Stoffe und Krimis. Und genau auf diese Bereiche habe ich mich inzwischen auch konzentriert – sowohl im Kinder und Jugendbuchbereich, als auch im Bereich der Erwachsenen, wobei die Grenzen da inzwischen ohnehin ins Schwimmen gekommen sind. Inzwischen ist die Situation also die: Ich kann zwar alles schreiben, aber ich schreibe längst nicht mehr alles und muss das glücklicherweise auch nicht mehr.

Literatopia: Auch Kinder- und Jugendbücher hast Du verfasst. Empfindest Du sie als einfacher oder schwieriger zu schreiben? Worin siehst Du die besonderen Herausforderungen, die darin liegen? Hast Du sie manchmal von Kindern probelesen lassen?

Alfred Bekker: Man muss bei Kindern sorgfältiger darauf achten, sich einfach und klar auszudrücken. Aber genau genommen mögen Erwachsene das auch. Da die Bücher nicht so lang sind, ist man auch gezwungen, sehr viel konzentrierter zu schreiben. Es gilt die alte Regel: Je kürzer, desto schwieriger.

Literatopa: Du schreibst sowohl Romane als auch Kurzgeschichten – was ist eher Deine Gattung? Hast Du Dich vielleicht auch schon einmal an Gedichten versucht?

Alfred Bekker: Zu Lyrik habe ich kaum eine Beziehung. Die wird man von mir wohl nicht zu lesen bekommen. Ich habe über Jahre hinweg mehr Geld mit Kurzgeschichten als mit Romanen verdient. Diese Gattung steht mir daher sehr nahe – ich genieße aber inzwischen den Raum eines 500-Seiten Romans, oder einer 1500-Seiten Trilogie, wo man eine Welt wirklich bis in alle Einzelheiten hinein erschaffen kann.

Literatopia: Vermutlich eine oft gestellte Frage, doch interessehalber: Wie schwierig gestaltet sich die Arbeit an einer Serie? Fühlst Du Dich zum Teil von den Vorgaben eingeschränkt oder kommst Du gut damit zurecht?

Alfred Bekker: Ich bin immer gut damit zurecht gekommen.

Literatopia: Ganz unabhängig von Genre und Gattung – wie hoch sind die Ansprüche, die Du beim Schreiben an Dich stellst? Differenzierst Du da vielleicht auch von Buch zu Buch?

Alfred Bekker: Der Anspruch ist immer derselbe, und zwar seit den ersten Geschichten, die ich geschrieben habe: Ich habe nach Möglichkeit immer versucht, eine Story zu schreiben, wie ich sie selber gerne gelesen hätte. Scheint so, als hätte ich den Bogen dafür langsam raus...

Literatopia: Hat auch ein produktiver Schriftsteller wie Du manchmal mit dem KreaTief zu kämpfen? Gibt es Phasen, in denen es Dir schwer fällt, Dein Pensum zu erfüllen? Wenn ja – wie gelingt es dir, sie zu überwinden?

Alfred Bekker: Da hilft am besten ein antreibender Anruf des Lektors oder des Agenten. Ansonsten ist auch meine Frau ein guter Personal Drill Sergeant. Spaß beiseite, Schreiben war und ist im Prinzip das, was ich am liebsten tue, in so fern ist das mit der Überwindung nicht so schwer, wie mancher glaubt.

Literatopia: Welches Deiner Werke liegt Dir besonders am Herzen? Hast Du eine oder mehrere Lieblingsfiguren?

Alfred Bekker: Der junge Leonardo da Vinci aus meiner bei Arena erschienenen sechsbändigen Serie Da Vincis Fälle. Der hat mir besonders Spaß gemacht.

Literatopia: Laut eigener Aussage ist Deine Frau auch Deine erste Leserin und Kritikerin, ihr habt gemeinsam einige Romane verfasst. Könntest Du Dir vorstellen, mit jemandem zusammenzuleben, der kein Interesse an Deiner schreiberischen Tätigkeit hat, oder ist das ein zu wichtiger Teil von Dir?

Alfred Bekker: Das stelle ich mir sehr schwierig vor. Als ich meine Frau kennenlernte und erstens sah, dass sie Bücher besitzt und zweitens auch noch ordentlich damit umgeht, war das ganz bestimmt ein Plus-Punkt. Heute arbeiten wir zusammen wie in einer Zahnarzt-Praxis, in der zwar der Arzt selber bohren muss, aber viele andere Sachen abgenommen bekommt, die mit der eigentlichen Kunst gar nichts zu tun haben, aber auch wichtig sind. So liest sie alles, was ich schreibe Probe und sagt mir auch ehrlich ihre Meinung, was vor allem zu Anfang sehr wichtig war. Sie macht die Buchführung, zu der ich als Unternehmer ja verpflichtet bin, kümmert sich um die Steuern und schaut auch die Fahnen durch, was ja auch ohne weiteres möglich ist, da sie die Manuskripte kennt. Außerdem plant sie meine Termine und ab und zu haben wir auch das eine oder andere zusammen geschrieben.

Literatopia: Richten sich Deine Vorlieben beim Lesen auch nach den Bereichen, in denen Du schreibst?

Alfred Bekker: Ja, ich meide aber immer grundsätzlich das Genre, in dem ich gerade schreibe.

Literatopia: In einem Interview mit sternenson.de wirfst Du einen sehr interessanten Ansatz zur Differenzierung verschiedener Phantastik-Genres auf: Du erklärst, dass sich bei Fantasy, Sci-Fi und dem übernatürlichen Horror die Grundlagen nicht so sehr unterscheiden, sondern eher die Sichtweise der Protagonisten auf die Welt bzw. auf die phantastischen Elemente. Das erinnert mich an die Aussage einer Bekannten, dass viele Geschichten grundsätzlich in jedes Genre übertragbar sind. Was ist Deine Meinung dazu?

Alfred Bekker: Das sehe ich auch so. Man kann dieselbe Geschichte als Krimi, als Liebesgeschichte oder als Horror-Roman schreiben. Es kommt immer auf die Art der Darstellung und die Perspektive an, auch darauf, was betont und was schnell abgehandelt wird.

Literatopia: Manche Schriftsteller empfinden es als problematisch, im Schreibprozess die Werke anderer Autoren zu lesen, da es sie in ihrer Geschichte beeinflussen könnte. Wie siehst Du das? Ist Dir so etwas schon passiert? Oder sind die Auswirkungen in Deinen Augen eher positiv, hast Du vielleicht sogar einmal einen Roman gelesen, der Dich inspiriert hat?

Alfred Bekker: Wenn ich sehr intensiv schreibe, lese ich allenfalls Sachtexte, denn ich habe dann einfach nicht die grauen Zellen dafür frei, anderen Handlungsverläufen zu folgen, als denen, an denen ich gerade stricke.
Inspiration ist natürlich auch wichtig. Darum sollte ein Autor zu Anfang viel gelesen haben, so dass er einfach viele Möglichkeiten kennen gelernt hat, eine Geschichte zu erzählen. Da sollte man auch nicht zu einseitig sein.

Literatopia: Du hast erzählt, dass Du etwa dreizehn Jahre lang als Grundschullehrer gearbeitet hast. Wie betrachtest Du diese Zeit rückblickend? Hast Du manche dieser Erfahrungen auch in Bücher eingearbeitet (speziell in die Kinder- und Jugendbücher)?

Alfred Bekker: Wenn man das Referendariat dazu zählt waren das dreizehn Jahre. Und die hatten große Einfluss auf meine Schreiberei. Ich hätte niemals damit begonnen, Kinder- und Jugendbücher zu schreiben, wenn ich nicht Lehrer gewesen wäre und die Kinder mich gefragt hätten, wieso eigentlich kein Buch von mir in der Klassenbücherei wäre, wo ich doch Schriftsteller sei. Durch das Vorlesen im Unterricht habe ich natürlich nach und nach vieles an Kinder- und Jugendliteratur kennen gelernt und dabei auch gesehen, was wie auf das Publikum wirkt. So habe ich es dann selbst mal versucht und kam mit der richtigen Idee zur richtigen Zeit, sodass ich schnell Erfolg hatte. Am meisten von meinen Erlebnissen als Lehrer wahrscheinlich in meinen beiden Fußball-Internat-Büchern DER NEUE STAR (wird gerade ins Englische übersetzt) und DAS GROSSE TURNIER bei Ueberreuter. Ich selbst habe auch jahrelang die Fußballmannschaften unserer Schule trainiert und sie zu Turnieren begleitet. In den genannten Büchern musste ich eigentlich nur aufschreiben, was ich dabei erlebt habe.

Literatopia: Was hast Du derzeit in Arbeit? Welches Projekt dürfen wir als nächstes von Dir erwarten?

Alfred Bekker: Demnächst kommen der dritte Teil der Drachenerde-Saga unter dem Titel DRACHENTHRON und der ebenfalls dritte Teil der Elbenkinder unter dem Titel DER ZAUBER DER ELBEN. Außerdem der wiederum dritte Teil meiner Serie über Ragnar den Wikinger – RAGNAR DER WIKINGER IM PALAST DES KAISERS wird er heißen und im Sommer herauskommen. Den abschließenden vierten Band schreibe ich im Sommer, ebenso wie den zweiten Krimi um den Niederrhein-Schnüffler Berringer. Naja, und über ein paar andere Projekte wird man bald das eine oder andere hören, aber ich werde an dieser Stelle über un- oder halbgelegte Eier noch nichts sagen.


Leserfragen

Leserfrage: 350 Romane und über 1 000 Kurzgeschichten – wenn man das liest, bleibt einem kurzfristig der Atem weg. Wie ist Dir das gelungen? Wie viel schreibst Du da pro Tag? Und wie hältst Du Dich bei Laune?

Alfred Bekker: Das ist nicht ganz so viel, wie es sich anhört, wenn man bedenkt, dass dieses Werk in über zwanzig Jahren entstanden ist. Autoren wie Karl May oder Alexandre Dumas haben mindestens genauso viel geschrieben, wenn man deren Werk in Manuskriptseiten umrechnet – und die hatten keinen Computer zu Hilfe, sondern mussten mit der Hand schreiben. Edgar Wallace hatte es da schon etwas leichter, er konnte in ein Diktaphone diktieren und hat die Texte dann abschreiben lassen. In der Vergangenheit habe ich das übrigens auch schon praktiziert, etwa auf Autofahrten.
Das ganze ist kein Geheimnis und keine Zauberei, sondern einfach nur kontinuierliche Arbeit.

Leserfrage: Warum hast Du Dich ausgerechnet für das Elben-Thema entschieden? Was grenzt Deiner Meinung nach die Bücher von anderen Werken mit diesen Wesen ab und macht sie zu etwas Besonderem?

Alfred Bekker: Faszinierend an den Elben ist ihr völlig anderes Verhältnis zur Zeit. Aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit, sind sie entscheidungsschwach und nehmen die Welt in vielen Bereichen nicht so wichtig. Doch genau das müssen sie in meinen Romanen, denn da sind sie gezwungen, sich gegen machtvolle, barbarische Wesen einen Kontinent zu erobern. Zwangsläufig verändern sie sich dabei und verlieren ihre elbische Reinheit. Und die Berührung mit der finsteren Macht, lässt manche sogar zu Geschöpfen der Dunkelheit werden. König Keandir besiegt den Furchtbringer im See des Schicksals und gewinnt damit die Herrschaft über das Schicksal der Elbenheit, die sich zuvor im endlosen Nebelmeer verloren hat. Dieser Prozess wird gezeigt – und natürlich die tragischen Verwicklungen, die daraus erwachsen. Der eine oder andere Kritiker bemängelte, dass dies eine andere Sicht auf die Elben sei als bei Tolkien. Das trifft zu. Meine Elben sind nicht statisch, sondern sie entwickeln sich von ätherischen Wesenheiten, die schnell tausend Jahre mit irgendeiner fruchtlosen Diskussion vertrödeln, anstatt zu handeln zu Wesen, die sich ungewohnten Hwerausforderungen stellen und ein Teil der Welt werden, in der sie leben. Unglücklicherweise geht das nicht, ohne sich die Gewänder aus feiner Elbenseide schmutzig zu machen. Und vielleicht lässt sich nicht einmal das Böse bekämpfen, ohne selbst Böses zu tun. Das ist die Essenz.

Leserfrage: In Deinen „Sternenfaust“-Romanen merkt man, dass Du Dich mit technischen und naturwissenschaftlichen Hintergründen beschäftigt hast. In anderen Büchern greifst Du auch historische Stoffe auf. Wie hoch ist da der Rechercheaufwand? Motiviert Dich in dieser Hinsicht auch persönliches Interesse?

Alfred Bekker: Bei der Recherche liegt der Teufel manchmal im Detail. Beispielsweise ging es in eine der Leonardo-Bücher um die Papierherstellung in der frühen Neuzeit. Das war sehr kompliziert. Aber Geschichte gehört seit jeher zu einem meiner Interessensgebiete. Zu den ersten Büchern, die ich las gehörten Geschichtsbücher und beim Abitur hatte ich einen Leistungskurs in diesem Fach. Was die technisch-naturwissenschaftlichen Hintergrund in meinen Sternenfaust-Romanen (und übrigens auch z.B. in den Leonardo-Bänden) angeht: Ich habe als Schüler tatsächlich für ein paar Jahre mit dem Gedanken gespielt Chemiker zu werden und auch alles, was mit Astrophysik, Elementarteilchen, Quanten und Atomen zu tun hat, interessierte mich ebenfalls brennend.
Später engagierte ich mich stark in einer Umweltschutz-Bürgerinitiative, wo das Verständnis technisch-naturwissenschaftlicher Fakten ebenfalls von zentraler Bedeutung war.
Letztlich waren andere Interessen allerdings wohl stärker, sodass ich heute nicht in irgendeinem Labor dabei bin, einen Nano-Superklebstoff zu erfinden.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview!


Alle Cover von der Homepage des Autors entnommen, siehe: http://www.alfredbekker.de/


Dieses Interview wurde von Anna Lehner und Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.