Bartimäus - Das Amulett von Samarkand (Jonathan Stroud, Lee Sullivan, Andrew Donkin)

bartimus comic

Verlag: cbj (24. Januar 2011)
Softcover: 144 Seiten; 12,99 €
ISBN-13: 978-3570153154

Genre: Fantasy/ Humor


Klappentext

Ein finsterer Minister, ein zaubermächtiges Amulett und ein machtversessener Junior-Magier – endlich eine echte Herausforderung für Bartimäus, den cleversten Dschinn aller Zeiten.

Knallig, fesselnd, farbenprächtig – 
der Weltbestseller als geniale Graphic Novel!


Rezension

Die Romane um den überaus vorlauten, aber auch fähigen, Dschinn Bartimäus aus der Feder von Jonathan Stroud dürften eine der erfolgreichsten Fantasyreihen der letzten Jahre bilden. In ihr schaffte es der Autor eine spannende Geschichte und einen sehr gut ausgearbeiteten Hintergrund mit unvergleichlichem Witz zusammenzuführen, so dass die Bücher allein schon für ihren Sarkasmus und ihre Ironie, meist durch Bartimäus zur Schau gestellt, lesenswert sind.
Diesen Wortwitz und die Sprachgewalt von mehreren hundert Seiten in eine Graphic Novel zu packen, war bestimmt eine nicht allzu leichte Aufgabe. Um diese zu lösen, holte sich Jonathan Stroud die Hilfe des Texters Andrew Donkin, unter anderem Autor von Batman: Legends of the Dark Knight, und von Zeichner Lee Sullivan. Wer jetzt befürchtet, der Wortwitz eines Jonathan Stroud wäre nicht mehr vorhanden, dem sei versichert, er liegt falsch. Aber später mehr.

Inhaltlich unterscheidet sich die Graphic Novel natürlich nicht von ihrer Romanvorlage, oder besser - glücklicherweise nicht. Denn allzu oft leiden Romanumsetzungen in Comicform daran, dass einiges geändert oder zu viel ausgelassen wird, um die Geschichte für das Medium anzupassen. Nicht so bei Bartimäus. Kürzungen an der Handlung sind nicht willkürlich und kleinere Abweichungen sind nachvollziehbar.
Genau wie der Roman beginnt die Graphic Novel mit Nathanaels erster Beschwörung von Bartimäus. Auch wenn Nathanael hier selbstbewusster wirkt als im Roman, so ist schon diese erste Begegnung richtungsweisend für den Rest der Geschichte. Bartimäus erster Auftritt demonstriert früh dessen übergroßes Ego und triefenden Sarkasmus, ebenso wie seinen Versuch Nathanael aus der Reserve zu locken. Doch der Auftrag, den Bartimäus erhält, lässt ihn schlucken. Er soll bei einem der mächtigsten Magier Englands einbrechen und dort das „Amulett von Samarkand“ stehlen. Ein praktisch unmöglicher Auftrag, aber es bleibt ihm keine Wahl. Bartimäus macht sich auf den Weg, stiehlt besagten Gegenstand und löst damit Ereignisse aus, die ihn und seinen neuen Herren mitten in eine Verschwörung ziehen und damit beide gleichzeitig auch in den Kontakt mit dem Widerstand bringen. Denn auch wenn die Zauberer glauben, in dieser Parallelwelt des heutigen Londons zu Recht über alle anderen Menschen zu herrschen, begehren die Nichtmagier langsam auf. Ein Umstand, der noch später wichtig werden wird.

Wie schon erwähnt, ist der große Pluspunkt der Romane um Bartimäus, der Dschinn und sein Auftreten. Dies bleibt natürlich auch in der Graphic Novel so. Bartimäus ist nie um einen Spruch oder eine bissige Anmerkung verlegen. Die Übertragung seines Charakters aus den Buchseiten in die Zeichnungen ist mehr als gelungen. Ebenso werden die restlichen Zauberer und Dämonen gut dargestellt. Wirkliche Einbußen musste keiner von ihnen hinnehmen. Leider aber der Hintergrund und der Humor. Auch wenn beides noch ausreichend vorhanden ist. Im Roman hatte Jonathan Stroud über 500 Seiten Zeit seine Welt ausführlich darzustellen und den Leser in sie einzuführen. Diese Zeit fehlt nun und das macht sich für den erfahrenen Leser der Bartimäus-Romane bemerkbar. Das Magiesystem, das im Roman sehr gut und nachvollziehbar erklärt wird, fällt jetzt fast unter den Tisch. Dabei ist es extrem wichtig zu wissen, woher die Magier ihre Macht erhalten. Vor allem auch im weiterem Verlauf. Dies wird leider nur oberflächlich im Comic angekratzt. Ebenso kommt der Widerstand reichlich kurz. Bisher hat man von ihm nur einen kleinen Eindruck gewinnen können und kann noch nicht genau die Situation erfassen. Wenn man aber von diesen Dingen absieht, ist Bartimäus – Das Amulett von Samarkand - Graphic Novel eine inhaltlich gelungene Umsetzung. Bleibt noch die Frage nach dem Humor. Auch dieser musste leider Federn lassen, was aber nicht zu vermeiden war. Denn Jonathan Stroud hat die Vorlage mit Fußnoten gespickt, die unmöglich in Bildern umzusetzen waren, sofern man nicht gleich die doppelte Seitenanzahl produzieren wollte. Trotzdem bleiben noch genügend giftige Bemerkungen von Bartimäus übrig, um nicht aus dem Grinsen bzw. Lachen herauszukommen. Nur das letzte Bisschen fehlt leider.

Zeichnerisch gibt es nichts anzumerken. Lee Sullivan macht einen sehr guten Job, bei der Umsetzung der Romanfiguren und gibt sich keine Blößen. Seine Bilder transportieren sowohl Ernst und Humor der Handlung. Meist sind sie detailliert, aber auch etwas gröber als man es von den französischen Zeichnern gewohnt ist, aber hier passt es. Vor allem die Dschinn und andere Geisterwesen sind nahezu perfekt umgesetzt. Zudem dürften sich die meisten das London der Parallelwelt ungefähr so vorgestellt haben, wie es hier präsentiert wird.
Nicolas Chapuis hat dazu die Zeichnungen zum größten Teil in knallige Farben getaucht, die einen geradezu anspringen. Ein wahrer bunter Bilderrausch entfesselt sich vor den Augen des Lesers, verfehlt aber seine Wirkung nicht und obwohl die Farben leuchtend sind, gelingt es Chapuis, düstere Szenen tatsächlich mit seiner Farbgebung zu verstärken. Bleibt zu hoffen, dass er Bartimäus erhalten bleibt.


Fazit

Bartimäus – Das Amulett von Samarkand ist eine gelungene Adoption des Romans in Comicform, wenn auch mit kleineren Abstrichen, die dem Medium geschuldet sind. Trotzdem gilt auch weiterhin: Bartimäus ist einfach der witzigste, größte, beste, tollste und sarkastische Dschinn des Universum und verteidigt seine Spitzenposition. Allerdings ist die Graphic Novel mehr was für Leser der Romane als für Neulinge. - Ein paar Fußnoten hätten nicht geschadet.


Pro & Contra

+ Bartimäus ist und bleibt Bartimäus
+ Farbgebung von Nicolas Chapuis
+ die Geschichte um das Amulett ist einfach spannend

0 fehlende Fußnoten
0 manche Hintergründe erschließen sich nicht
0 offene Fragen, die im Roman geklärt werden

Bewertung:

Charaktere: 4/5
Handlung:4/5
Humor: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4,5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Jonathan Stroud:

Rezension zu Bartimäus - Der Ring des Salomo