Blutsaugerinnen und Femmes Fatales (Angelika Schoder)

UBooks (1. Auflage Februar 2009)
ca. 135 Seiten, Taschenbuch
ISBN: 9783866081017

Thema: weiblicher Vampirismus


Klappentext

Die Dämonisierung des Weiblichen reicht bis in die Antike zurück, wo Lamien, Lilim und Empusen als Blutsaugerinnen und lüsterne Nachtgestalten die Legenden und Träume der Menschen heimsuchten. Bis heute ziehen uns diese Vampirinnen in ihren Bann, ob als literarische Schauergestalten oder als verführerische Leinwandvamps.

Angelika Schoder zeigt in ihrem Buch die Wandlung der Vampirin im Laufe der Jahrhunderte, von ihrem mythischen Ursprung bis zur betörenden und unwiderstehlichen Femme Fatale.


Rezension

Ein Sachbuch über weiblichen Vampirismus – das klingt ungewöhnlich und weckt erst einmal die Neugier des düsterorientierten Lesers. Doch was erwartet uns zwischen Sacher-Masoch, Stoker und Kinoleinwand? Angelika Schoder setzt die Mythen der weiblichen Vampire mit der Geschichte der Frauen in Kontext und schildert die Veränderung der dämonischen Blutsaugerinnen gemeinsam mit den Veränderungen des Frauenbildes. Die Vampirin verkörpert all das, was Frauen vor allem im 18ten und 19ten Jahrhundert abgesprochen wurde: Sie ist eine Femme Fatale – selbstbewusst und selbstbestimmt, verführerisch, bedrohlich, tödlich. Demgegenüber steht die Femme Fragile, das wohlerzogene, meist blasse, blonde, blauäugige Mädchen, das sich dem Mann unterwirft. Und das der Vampirin als weibliches Lustobjekt zur Verfügung steht, wodurch die homosexuellen Neigungen der weiblichen Vampire zu einer weiteren Bedrohung der patriarchischen Männerwelt werden. Somit wird die Blutsaugerin zum Sinnbild der Dämonisierung der Frau, die „das Andere“ darstellt – die vom Mann unterworfen werden muss.

Die Autorin steigt mit dieser allgemeinen Betrachtung der Rolle der Frau und der Vampirin in ihr Buch ein und widmet sich schließlich einzelnen Werken, die sie für bedeutend hält. Dazu zählen „Die Toten sind unersättlich“ von Leopold von Sacher-Masoch, von dessen Name bzw. dessen Geschichten der Begriff „Masochismus“ abgeleitet ist, und „Carmilla“ von Sheridan Le Fanu. Selbstverständlich darf Bram Stoker dabei nicht fehlen – ihm und seinen Vampirbräuten ist das längste Kapitel des Buches gewidmet.
Angelika Schoder liefert dabei Inhalte und Interpretation der besprochenen Werke – größtenteils gut nachvollziehbar und mit großem Potential, den Leser zu fesseln. Leider ist gerade das Einstiegskapitel sehr kurz geraten. Da wünscht man sich etwas mehr Ausführlichkeit. Auch von Sacher-Masoch hätte man gerne mehr erfahren. Le Fanu und Stoker dagegen werden ausreichend bedient. Insbesondere das Kapitel über Le Fanus „Carmilla“ ist phantastisch gelungen! Nach Schoders Ausführungen bekommt man richtig Lust, die Geschichte selbst zu lesen und zu erleben.

Wer allerdings über keine oder schlechte Englischkenntnisse verfügt, wird mit diesem Buch Probleme bekommen, denn leider liegen keine Übersetzungen zu den englischen Zitaten vor – da diese natürlich auch noch meist aus literarischen Werken stammen, kann man mit ungenügenden Sprachkenntnissen nichts mit den Zitaten anfangen. Wer jedoch dem Englischen mächtig ist, wird sich über viele gut ausgesuchte Zitate freuen.
Besonders gut gelungen ist die inhaltliche Gliederung. Die einzelnen Kapitel befinden sich in sinnvoller Reihenfolge und dank gut gestalteter Übersicht lassen sich Lieblingsstellen sehr schnell wieder finden. Im Anhang befindet sich zudem ein ausführliches Quellenverzeichnis, das einem für weitere Eigenrecherche den richtigen Weg weist. Sehr schön außerdem: Die Sammlung der Vampirfilme aus der Anfangszeit des Kinos.

An dieser Stelle sei wieder einmal die Arbeit der Künstlerin Agnieszka Szuba gelobt – das Cover ist schlichtweg genial und zeigt die blutsaugende Femme Fatale, wie man sie sich in Schoders Text vorstellt! Dazu hält das Taschenbuch eine Menge aus, wie wir es von UBooks kennen. Die Bücher sind einfach sehr gut verarbeitet. Und ein bisschen Werbung nach dem Anhang hilft bei der Suche nach vampirischer Literatur.


Fazit

Blutsaugerinnen und Femmes Fatales einmal sachlich betrachtet, doch nicht weniger faszinierend als ein düstererotischer Vampirroman. Angelika Schoder ist es gelungen, ein differenziertes, gut recherchiertes Bild des weiblichen Vampirismus zu liefern und im historischen Kontext umzusetzen. Zum Nachschlagen und Inspirationsuchen sehr zu empfehlen! Bemängeln muss man hier leider die Kürze, denn kaum hat man sich in die weibliche Vampirwelt richtig vertieft, ist das Buch auch schon zu Ende.



Pro & Kontra

+ sehr gute Gliederung
+ stimmungsvoll
+ aufwändig recherchiert
+ durchweg interessant

- leider keine Übersetzung für englische Zitate
- stellenweise etwas anstrengend zu lesen

Wertung:

Verständlichkeit: 3/5
Umsetzung: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5