Der König der Geister - Die Legende vom Dunkelelf (R.A. Salvatore)

knig der geister

Verlag: Blanvalet (14. Februar 2011)
Taschenbuch: 480 Seiten, 8,99 €
ISBN-13: 978-3442266197

Genre: Fantasy


Klappentext

Die Legende vom Dunkelelf

Finsterste Magie tötet den bösen Drachen Hephaestus – und hält ihn doch am Leben. Nun reißt der untote Drache die Macht des Königs der Geister an sich. Wie Schockwellen durchdringt dieses Ereignis das magische Gefüge der Welt und lässt jeden Zauberbann unzuverlässig werden. Und während die Reiche im Chaos versinken, macht Hephaestus Jagd auf seinen Erzfeind, den Einzigen, der ihn jetzt noch aufhalten könnte – Drizzt Do´Urden.


Rezension

Mit seinem letzten Roman um den Dunkelelfen Drizzt Do`Urden hat R.A. Salvatore die Messlatte für den vorliegenden Nachfolger Der König der Geister sehr hoch gelegt. Der Vorgänger war gespickt mit aktuellen politischen Anspielungen und hatte eine ungeheure Dynamik in Charakter- und Handlungsentwicklung. Dies ging sogar soweit, dass Drizzt Do´Urden keineswegs die Hauptfigur war, sondern eher nur die Geschichte flankierte.
Und auch dieses Mal ist er nicht die treibende Kraft hinter der Geschichte. Diese Aufgabe übernimmt Jarlaxle Baenre, Anführer im teilweisen Ruhestand von Bregan D'aerthe, einer großen Dunkelelfensöldnereinheit. Vor Jahren tötete er durch einen Trick den Drachen Hephaestus und brachte ihn gleichzeitig dazu Crenshinibon, den gesprungenen Kristall, zu vernichten. Doch nun erwacht Hephaestus wieder als Drachenleichnam und vereint sich mit den Geistern des Kristalls und einem toten Gedankenschinder, um gemeinsam mit ihnen an Jarlaxle Rache zu üben und die Welt büßen zu lassen. Dieser sieht sich gezwungen die Nähe eines seiner Feinde zu suchen, Cadderly Bonaduce, Leiter der Schwebenden Seele, Tempel und Bibliothek in einem. Um überhaupt von diesem angehört zu werden, braucht Jarlaxle Drizzt, doch der ist gerade mit anderem beschäftigt. Catti-Brie, seine Frau und angehende Magierin, ist durch wilde Auswüchse der Magie, die immer schlimmer werden, schwer verletzt worden. Sie liegt in einer Art Koma und in den wenigen Augenblicken, in denen sie wach wird, durchlebt sie die Vergangenheit. Regis ereilt bald ebenfalls dieses Schicksal, als er versucht ihr zu helfen.

Eine Zeit des Umbruchs steht in den Forgotten Realms an und dies ist auf jeder Seite des Romans zu spüren. Schon auf den ersten Seiten merkt man, dass am Ende nichts mehr so sein wird, wie zuvor. R.A. Salvatore sah sich bei diesem Roman dem schwierigen Unterfangen gegenüber, seine Figuren weiterzuentwickeln und gleichzeitig eine glaubwürdige Handlung für den Wechsel des Rollenspielsystems Dungeons & Dragons zu einem neuem Regelwerk zu entwerfen. Denn die Reihe um den Dunkelelfen und seinen Freunden spielt in den Forgotten Realms, einer der vielen Welten von Dungeons & Dragons, und Salvatore bekam den Auftrag diesen Wechsel im Regelwerk und die damit verbundenen Umbrüche in Zeit und Raum zu vollziehen und sozusagen eine Einleitung zu schreiben. Bei den ersten beiden Roman dieses Vorhabens, Der König der Orks und Der Piratenkönig konnte er noch relativ frei schreiben und brachte dadurch mit die besten Romane der Reihe zustande. In Der König der Geister, dem Abschluss der Transitions-Trilogie, ist er aber nun gezwungen mehrere Zugeständnisse zu machen und manchen Umstand einzubauen, damit dieser Wechsel vollzogen werden kann. Dadurch fehlen die politischen Anspielungen des Vorgängers fast komplett und die Handlung konzentriert sich auf wenige Elemente. Die Zeit des Umbruchs ist eine Zeit des Kampfes ums Überleben und so liegt der Schwerpunkt mehr auf Aktion als Intrige.

Glücklicherweise leidet die Spannung und Dramatik des Buches aber in keinster Weise darunter. Vielmehr darf der Leser zusammen mit den Hauptfiguren durch fast alle emotionalen Höhen und Tiefen gehen. Im Zentrum der Emotionen steht natürlich die Geschichte um Cattie Brie und Drizzt. Selten hat man den dunkelelfischen Waldläufer so verzweifelt erlebt. Man spürt richtig, was für eine Qual es für ihn sein muss, mitzuerleben, wie seine Frau zwischen den Dimensionen gefangen ist und in ihren wenigen „klaren“ Momenten Szenen aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit neu durchlebt. Als Jarlaxle ihm einen Ausweg für ihre „Krankheit“ weist, greift er ohne langes Zögern zu und gerät dadurch in den Strudel der Ereignisse um den Geisterkönig. Aber auch in diesen Kämpfen merkt man, dass in Drizzt etwas zerbrochen sein muss. Denn so frei und unbeschwert wie einst, ist er dann nicht mehr. Die Kämpfe sind keine willkommene Ablenkung, sondern eher eine lästige Pflicht und teilweise angetrieben von Wut auf den Geisterkönig. Am Ende des Buches steht ein vollkommen neuer Drizzt, der erst wieder seinen Weg finden muss.

„Nein“, antwortete Jarlaxle. „Ich folge keinen bestimmten Gott. Ich dachte, ich unterhalte mich später mit ihnen, wenn ich dieses Leben hinter mir habe, und sehe mal nach, was für Paradiese sie zu bieten haben.“

Dies trifft genauso auch auf den Söldnerführer Jarlaxle zu. Kennt man ihn als äußerst berechnenden und ewig auf seinen Vorteil bedachten Charakter, offenbart er in Der König der Geister, mehr als in jedem anderem Roman zuvor, eine mitfühlende Seite, die der Leser so nicht von ihm gewohnt ist. Zwar hat man schon immer vermutet, dass er mehr als nur geschäftliches Interesse an Drizzt und seinen Freunden hat, aber zum ersten Mal, gibt er ein Versprechen, ohne auch nur an eine Gegenleistung zu denken. Und so schafft es Salvatore dieser, an sich schon schillernden Persönlichkeit, eine weitere Facette hinzu zu fügen. Eine, die Lust macht, mehr von Jarlaxle und Bregan D'aerthe zu lesen. Er wird zwar vermutlich nie auf den Pfaden der Tugend wandeln, aber auf seine eigenartige Art und Weise wird er mit Sicherheit zukünftig öfter an Drizzts Seite zu sehen sein.
Die restlichen, bekannten Charaktere bekommen ebenfalls, mit Ausnahme Wulfgars, noch ihren großen Auftritt spendiert. Allen voran Cadderly Bonaduce, Priester und Leiter der Schwebenden Seele, der die größte Veränderung durchmacht, und die Zwergenbrüder Ivan und Pikel Felsenschulter, die sich ihren Weg mit Cadderlys und Danicas Kindern erkämpfen müssen. Fast mutet es so an, als ob R.A. Salvatore vor den großen Veränderungen ihrer Welt noch einmal allen liebgewonnenen Charakteren einen letzten großen Auftritt verschaffen wollte. Dementsprechend ist das Ende des Romans auch bittersüß. Der Leser muss von mehr als einer Person endgültig Abschied nehmen. Dieses Ende mag mit Sicherheit so manchem Leser nicht gefallen, besonders die Art und Weise auf die Charaktere die Welt verlassen, aber es passt. Statt eines heroischen Endes schenkt ihnen Salvatore ein ruhiges fast schon besinnliches, welches zu den Charakteren passt und nicht so klischeebehaftet ist, wie es ein letztes Gefecht gewesen wäre. Wie gesagt, es ist mit Sicherheit nicht für jeden befriedigend.

Alles in allem bekommt man mit Der König der Geister einen weiteren sehr guten Roman aus der Feder des Autors, sofern man etwas für Action und große Emotionen über hat. Allerdings haben die Zugeständnisse an die sich wandelnde Welt bewirkt, dass die Geschichte dieses Mal inhaltlich nicht ganz so tief geht, wie noch in Der Piratenkönig. Hier bleibt der Roman so gesehen oberflächlicher. Große Intrigen und Verwicklungen sind dieses Mal nicht vorhanden. Da hatte Der König der Geister auch ein überaus schweres Erbe anzutreten. Gegenüber seinem Vorgänger gewinnt er aber in den Punkten Atmosphäre und Tragik und ist damit auf seine eigene Weise lesenswert.


Fazit

Nicht mehr so aktuell wie in Der Piratenkönig, aber immer noch spannend und gut, erzählt R.A. Salvatore den Übergang in ein neues Zeitalter der Vergessenen Reiche. Gerne hätte dies mit mehr Intrigen stattfinden dürfen. Andererseits wäre dann der Abschied von wichtigen Charakteren noch schwerer gefallen.


Pro & Contra

+ große Umbrüche in Drizzts Welt
+ Jarlaxle zeigt weitere Facetten
+ der Zwergenhumor 

o der Tod zweier Charaktere dürfte die Leserschaft spalten

Bewertung:

Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 5/5


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