Die Herren von Winterfell - Das Lied von Eis und Feuer (George R.R. Martin)

Verlag: Blanvalet (14. Dezember 2010)
Paperback, Klappenbroschur: 576 Seiten; 15 €
ISBN-13: 978-3442267743

Genre: Fantasy


Klappentext

Das grösste Fantasy-Epos unserer Zeit

Erstes Buch:
Die Herren von Winterfell

„Der amerikanische J.R.R. Tolkien.“
TIME Magazine


Rezension

Der Winter naht

Westeros gerät in Aufruhr. Das Königreich, welches aus den sieben Königslanden besteht, sieht schweren Zeiten entgegen. Vor allem im Norden ist die drohende Gefahr am deutlichsten zu spüren. Hier stehen die Herren von Winterfell, Lord Eddard Stark und seine Familie direkt an der Grenze zu den Wilderlanden. Zusätzlich beschützt von der schwarzen Wache und einer hohen Mauer, die das Königreich von dem feindlichen Gebiet trennt. Der Wahlspruch der Starks lautet: Der Winter naht. Und das tut er tatsächlich, nicht nur in physischer Form, Winter und Sommer dauern meist Jahre, sondern auch bildlich. Jon Arryn ein treuer Vasall und die rechte Hand des Königs Robert Baratheon, ist tot. In seinem Alter nicht unbedingt ungewöhnlich, wenn Stark nicht eine Nachricht bekäme, die auf Mord hinweisen würde. Seine einzige Chance den Mord aufzuklären und seinen König zu beschützen, ist es, dessen neue recht Hand zu werden und ihm in die Hauptstadt im Süden zu folgen – und sich damit in eine Schlangengrube zu begeben. Wer Freund oder Feind ist, ist schwer zu entscheiden. Selbst die Königin scheint mehr an der Mehrung ihrer persönlichen Macht und der ihrer Familie zu liegen, als an allem anderem. Zusätzlich baut sich im Osten eine weitere Bedrohung auf, denn dort hat der im Exil lebende Sohn des früheren gestürzten Herrschers scheinbar Verbündete zur Rückeroberung gefunden. Und auch wenn er selbst ein unfähiger Idiot ist, so scheint seine Schwester weitaus besonnener zu sein.

Jeder gegen jeden und alle für die Macht, so könnte man es in einem Satz beschreiben, was der Inhalt von Die Herren von Winterfell ist. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Es geht noch um viel mehr. Ums Überleben, um Freundschaft, Verrat, Pflichten, Politik und zwischenmenschliche Beziehungen, die weniger von Gefühlen als von Verpflichtungen geprägt sind. Und so darf der Leser miterleben, wie das Ringen um die Krone entbrennt.
Alles beginnt mit dem Besuch des Königs bei seinem alten Freund Eddard Stark. Stark ist ganz klar der Held in dieser Geschichte, wenn man denn einen suchen will. Denn im Gegensatz zur typischen Fantasy ist er nicht der Mann in der strahlenden Rüstung, der alle Feinde aus dem Weg räumt oder als Antiheld lakonisch durch die Gegend streift. Er ist vielmehr ein ganz normaler Mann, der seinem König und seinen eigenen Idealen verpflichtet ist und das schließt Loyalität zu Robert Baratheon ein. Sein einziges Bestreben ist es sein Volk zu schützen, nach der Herrschaft der Krone zieht es ihn nicht, denn er weiß, dass die Ränkespiele und Intrigen am Hofe nichts für ihn sind. Er müsste mit unangenehmen, machtgierigen Zeitgenossen auskommen und Handel schließen, was ihm überhaupt nicht behagt. Etwas was sein Freund Robert Baratheon auf bittere Weise lernen musste und gerade deshalb zieht er Eddard Stark in dieses Spiel hinein. Nach dem Tod von Jon Arryn soll der Herr von Winterfell seine „Rechte Hand“ werden. Keine leichte Aufgabe, denn Robert Baratheon ist nicht mehr der Mann von einst. Auf dem Schlachtfeld fühlte er sich wohl, dort war er lebendig, doch die Bürde der Krone hat aus ihm einen Säufer gemacht, der den Bezug zur Regierung schon lange verloren hat. Und so entspinnt sich ein feines Geflecht des Verrats, in das selbst die Königin verstrickt ist. Das Haus Lennister aus dem sie stammt, ist das Mächtigste des Königreiches und vor allem das, dem die Krone das meiste Geld schuldet. Eine der faszinierendsten Persönlichkeiten ist mit Sicherheit Tyrion Lennister. Ein Mann von zwergenhaftem Wuchs, aber messerscharfem Verstand. Als Außenseiter weiß er genau, wie sich Jon Schnee, Starks Bastard, fühlen muss und begleitet ihn an die Mauer. Immer wieder blitzt der Verstand des Lennisters auf und auch sein Mitgefühl mit den unschuldig leidenden. Trotzdem ist aber auch er auf seinen Vorteil bedacht, was ihn in große Schwierigkeiten bringt, auf die er gerne mit Sarkasmus reagiert.
Sämtliche Figuren sind sehr gut gezeichnet und zeigen sehr viel Potential für ihre weitere Entwicklung, so dass auf diese Ebene noch viel zu erwarten ist vom „Lied von Eis und Feuer“. Größtenteils verhalten sie sich so, wie normale Menschen und nicht wie Kunstfiguren. Es gibt kaum einen, der nicht mit inneren Dämonen ringt und das Verhalten der Charaktere ist durchaus konsequent, auch wenn dies bedeutet, Grenzen zu überschreiten und z.B.ein Kind zu töten. Dadurch werden sie und die Geschichte wirklich glaubhaft und man hat weniger das Gefühl einen Fantasyroman zu lesen, als mehr ein Historikbuch. Mit Sicherheit liegt das auch am Fehlen von fantastischen Kreaturen, obgleich sie angedeutet werden.

George R.R. Martin erzählt seine Geschichte in relativ kurzen Kapiteln, die abwechselnd einer der Hauptpersonen gewidmet sind. Dadurch entfaltet sich die Geschichte langsam, aber dafür umso intensiver und der Leser erhält verschiedene Sichtweisen auf die Geschehnisse. Dies hält die Spannung hoch, da der Leser teilweise mehr weiß als die Protagonisten und ihre Reaktionen unmittelbar miterleben kann. George R.R.Martins Stil ist sehr plastisch und versetzt einen fast unmittelbar in seine Welt und er schreckt nicht davor zurück, Ereignissen die Härte zu geben, die sie brauchen. Ganz so zart besaitet sollte man also nicht sein, wobei sich solche Szenen noch im Rahmen halten und eher selten vorkommen. 

Blanvalet hat den Roman in einer neuen Übersetzung herausgebracht. Namen wurden nun ins Deutsche übertragen, die vorher noch im Englischen belassen wurden. Wie man dazu steht, muss jeder selbst entscheidet, aber es macht es einfacher, in die Geschichte zu gleiten und lässt es realistischer wirken, da die gesamte Welt stark an das mittelalterliche Europa und seinen Gefahren angelehnt ist. Versehen wurde Die Herren von Winterfell mit einem wirklich schönem Cover, das das Wappen der Starks zeigt, und einer Karte.


Fazit

Ein wirklich grandioser Auftakt der Fantasyreihe „Das Lied von Eis und Feuer“. George R.R. Martins „Die Herren von Winterfell“ bietet starke Charaktere, eine Geflecht aus Intrigen und eine glaubwürdige Welt. Abgeschmeckt mit Realismus in den Handlungen, etwas rauen, seltenen Humor und Sarkasmus an den richtigen Stellen, kommt eine absolute Leseempfehlung heraus.


Pro & Contra

+ die Handlung entsteht aus den Charakteren
+ Tyrion Lennister
+ viele Handlungsstränge 
+ Schreibstil

0 es gibt viele Namen und Personen, dadurch besteht die Gefahr, den Überblick zu verlieren

Bewertung:

Charaktere: 4,5/5
Handlung: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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Tags: Grimdark, George R.R. Martin