Die Chroniken von Wormwood Bd. 1 (Garth Ennis, Jacen Burrows, Rob Steen)

Verlag: Panini Comics, 2010
OT: Chronicles of Wormwood 1 – 6; Chronicles of Wormwood: The Last Enemy
Autor: Garth Ennis / Artwork: Jacen Burrows, Rob Steen
Farben: Andrew Dalhouse / Übersetzung: Bernd Kronsbein
Lettering: Alessandro Benedetti
Ausstattung: Softcover, 200 Seiten,
Preis: 19,95 EUR

Genre: Comic / Humor


Inhalt

GEWALT, SEX, BLASPHEMIE!

Danny Wormwood
(der Antichrist) hat keinen Bock auf Armageddon und geht mit Jay (Jesus), dessen zweite Ankunft fürchterlich in die Hosen ging, einen trinken. Leider möchte Dannys Papa am Zeitplan für den Weltuntergang festhalten und besorgt sich aus dem Vatikan alles, was er braucht, um den widerborstigen Sprössling zur Räson zu bringen mit freundlicher Unterstützung des Papstes.

Garth Ennis und Jacen Burrows geben dem Affen Zucker. Gewalt, Sex, Blasphemie und ein unfassbarer Sinn für Humor was in PREACHER oder THE BOYS begonnen wurde, wird hier auf die Spitze getrieben!

LESEPROBE


Rezension

Danny Wormwood ist ein ganz normaler Typ. Ok, er hat zwar als Produzent von mehr oder weniger anspruchsvollen TV-Serien recht viel Kohle, aber am Liebsten hängt er mit seinem Kumpel Jay und einem sprechenden Hasen in "J Smith's Bar" ab.
Das ist insofern bemerkenswert, als Jay der wiedergeborene Sohn Gottes ist, dessen Ausflug auf die Erde nach mehr als 2000 Jahren ein zweites Mal ganz gehörig in die Hose ging, während Danny selbst als Antichrist zu Satan Papa sagen darf. Was Danny und Jay verbindet, ist die tiefe Abneigung gegen die Pläne ihrer Väter, wobei Jay auf Grund einer schlagstockbedingten geistigen Derangiertheit zu gutmütig ist, um seinem Alten wirklich böse zu sein.
Eines Tages taucht in Wormwoods Apartment sein alter Herr auf, um ihn nachdrücklich auf die Rolle des Antichristen in dem großen Armageddon-Spiel hinzuweisen, und einmal mehr tritt Danny seinem Alten metaphorisch in den Arsch. Doch Satan wäre nicht Satan, würde er die Absage seines Sproßes einfach hinnehmen: da ihm jedoch die Hände gebunden sind, muss er einen Verbündeten für seinen Weltuntergangsplan begeistern. Und wer liegt da näher als Papst Jacko, der Heilige Vater, der erste Australier auf dem Heiligen Stuhl. Tatsächlich findet Jacko zwischen seinen Orgien und sexuellen Ausschweifungen Zeit für das Anliegen des Herrn der Hölle und händigt ihm die einzige Waffe aus, mit der Danny Jay töten kann.
Auch der zweite Teil des Plans funktioniert ganz nach Satans Geschmack. Mit Hilfe Judas Ischariots entführt er den gutmütigen Jay ins Verderben, sprich in die Hölle, wohl wissend, dass sein Sohn alles daran setzen wird, seinen Kumpel zu befreien. Und tatsächlich kommt es zu einer großen Familienzusammenkunft zwischen Danny, Satan, Jay und Gott, wobei sich letzterer als sabbernder Idiot herausstellt, der permanent an sich rumspielt. Allerdings läuft der Showdown ganz anders, als es sich der Gehörnte vorgestellt hat.

Dem kundigen Leser dürfte der irische Autor Garth Ennis wegen einiger bitterböser, satirischer Abrechnungen mit Religion, dem American Way of Life oder der Comic-Industrie ein Begriff sein. In Serien wie "Preacher" oder "The Boys" demontiert und dekonstruiert er so ziemlich alles, was dem Superhelden liebenden amerikanischen Couch Potatoe lieb und teuer ist.
Mit "Die Chroniken von Wormwood" kann Ennis bedauerlicherweise nicht an seine Maßstäbe setzenden Arbeiten insbesondere in "Preacher" anschließen. Die Story ist zu vordergründig, zu zotig und bietet letztlich auch zu wenig neue Ideen bzw. kritische Ansätze, als dass von intelligenter Unterhaltung gesprochen werden kann. Die Darstellung des Papstes als sexsüchtiger, masochistisch veranlagter Hedonist verlangt eben nicht nach einer dezidierten Auseinandersetzung mit Kirche und Strukturen, ist keine satirische Überzeichnung der systemischen Schwächen, sondern platte Zotigkeit. Gott als sabbernden Onanisten zu zeichnen, ist keine Auseinandersetzung mit der Figur, sondern plumpe, auf Krawall gebürstete Provokation, die kaum Originalität besitzt. Nur in wenigen Szenen und Dialogen, in denen Christus Jay eine tragende Rolle spielt, existiert so etwas wie eine kritische Evidenz.

Das Artwork Burrows' und Steens ist in seiner Klarheit nett bzw. freundlich und erinnert zuweilen sogar entfernt an Steve Dillons brillanten Duktus, den er in "Preacher" an den Tag legte, auch wenn hier den Künstlern die subversive Expressivität fehlt und das Ganze dadurch sehr gefällig, mainstreamhaft rüberkommt.


Fazit

Eine derbe Posse, der es – verglichen mit "Preacher" – an Originalität und Tiefe fehlt. Für Freunde zotigen Humors dennoch auf Grund einiger Schenkelklopfer-Späße durchaus empfehlenswert.


Dies ist eine Gastrezension von Frank Drehmel, vielen Dank! Mehr von ihm findet ihr beispielsweise auf fictionfantasy.de ...