Johannes Cabal - Totenbeschwörer (Jonathan L. Howard)

Goldmann (September 2010)
Paperback, Broschur 416 Seiten
ISBN: 978-3442470341
€ 12,00 [D]

Genre: Fantasy


Klappentext

Johannes Cabal wollte eigentlich nur ein Buch ausleihen, doch jetzt sitzt er im Gefängnis und wartet darauf, exekutiert zu werden. Nun gut, er ist nachts in die Bibliothek eingebrochen, und es war ein geheimes Buch aus der Sicherheitsverwahrung. Zum Glück sucht ihn, kurz bevor seine letzte Stunde schlagen soll, ein hoher Staatsmann auf, der seine Fähigkeiten benötigt. Und ehe Cabal sich’s versieht, ist er so gut wie frei und damit beschäftigt, einem toten Kaiser Leben einzuhauchen. Ein nicht so leichtes Unterfangen, wie sich herausstellt …

Das zweite schräge Abenteuer des düsteren Helden Johannes Cabal.


Rezension

Johannes Cabal hehres Ziel ist es, die Menschheit von der Last der Sterblichkeit zu befreien, in erster Linie aber natürlich aus egoistischen Gründen. Ironischerweise geht er dabei über Leichen. Um seinem Ziel näher zu kommen, bricht er in eine Bibliothek ein, um ein Nocromancer-Buch zu leihen. Dummerweise wird er erwischt und kurzerhand in die Todeszelle verfrachtet, dank der mangelnden Bereitschaft der mirkavenischen Regierung, sich mit Bürokratie auseinanderzusetzen. Auch wenn Cabal den Tod nicht fürchtet - hat er sich doch schon mit Schlimmerem herumschlagen müssen - kommt ihm der Besuch des Comte Marechal nicht ungelegen. Dieser bietet ihm die Freiheit an, wenn er den verstorbenen Kaiser erwecken würde, damit er eine überaus wichtige Rede halten kann. Cabal schlägt ein, legt sich die Wiederbelebung aber nach seinen Vorstellungen aus. Er nimmt die Füße in die Hand und flüchtet sich auf ein Luftschiff, doch statt seiner Ruhe, erwartet ihn ein Mord. Ein Totenbeschwörer ermittelt.

Das erste Buch "Johannes Cabal - Seelenfänger" war schlichtweg grandios. Fantasy und schwarzer Humor waren perfekt kombiniert, die Einzigartigkeit der Story und die enthaltenen skurrilen Charaktere, haben das Buch zu einem Genuss bis zur letzten Seite gemacht. Nach dem überraschenden Ende war die Hoffnung auf einen ebenso gelungenen zweiten Band hoch. Leider wird der Leser auf ganzer Linie enttäuscht. Schon der leicht veränderte deutsche Titel "Ein Fall für Johannes Cabal - Totenbeschwörer" ließ einen aufhorchen, der Originaltitel war da etwas präziser: "Johannes Cabal the Detective". Hätte sich Goldmann nicht die Mühe gemacht, diesen Themenwandel zu verstecken, wäre die Überraschung nicht so groß, wenn man statt einem morbiden und düsteren Märchen einen Krimi vorfindet. Ganz unerwartet liest man "Der Orientexpress" auf einem Luftschiff.
Für sich betrachtet ist "Totenbeschwörer" ein gutes Buch, das bis auf einige Längen kaum Gründe zur Beanstandung liefert. Freunde von Krimigeschichten der etwas anderen Art werden auch ihre Freude haben. Für Fans des ersten Bandes ist aber es wie ein Schlag ins Gesicht. Dabei beginnt die Geschichte vielversprechend, wie schon der Klappentext. Cabal nutzt seine geisterbeschwörerischen Fähigkeiten und richtet Chaos an, dass das Leserherz einen freudigen Sprung macht, doch nach Cabals Flucht verläuft das ganze Potential im Sand und ward nicht mehr gesehen. Trotz der eigentlich guten Unterhaltung, kommt Frust auf, denn an keiner Stelle wird irgendein bizarrer oder skurriler Höhepunkt geboten. Stattdessen gibt es langweilige Dialoge, die wenigstens mit Cabals zynischer Art punkten können.

Natürlich eignet sich Johannes Cabal als eigenwilliger Detektiv, aber jede andere seelenlose Figur hätte es auch getan. Cabal ist in der Fantasylandschaft eine Ausnahmefigur, die trotz ihrer Berechenbarkeit und dem Hang den Revolver zu nutzen und dem Kontrahenten das Gehirn aus dem Schädel zu pusten, eine große Sympathie hervorruft. Selten war ein Soziopath so humorvoll und liebenswert. So ist seine Präsenz der einzige Grund, das Buch nicht wegzulegen. Seine zynische Art und seine unorthodoxen Schachzüge sind sehr erheiternd und bewahren die Geschichte davor, in der Belanglosigkeit zu versinken.
Die Randfiguren in "Totenbeschwörer" sind kaum erwähnenswert. Schade. Aus dem wortwörtlichen Zirkus an Figuren aus dem Vorgänger ist eine Ein-Mann-Show geworden.

Nachdem Johannes Cabal seine Seele vom Teufel zurück bekommen hat, hat der Autor, Jonathan L. Howard, seine offenbar verkauft. Anstatt sich selbst treu zu bleiben, greift er das populäre Thema der eigenwilligen Ermittler auf und wirft Johannes Cabal in einen Schmelztiegel von Detektiven, um Erfolge zu verbuchen, wie es "Flavia de Luce", "Monk" und "Dr. House" tun.
Unterm Strich bleibt also ein solider Krimiroman, der nicht annähernd so viel Charme versprüht wie "Seelenfänger". Es bleibt ein fahler Nachgeschmack, dass Johannes Cabal ursprünglich zwei Teile bekommen sollte, in Anbetracht des Erfolgs aber ein weiterer dazwischen geschoben wurde. Bleibt die Hoffnung, dass Howard sich zusammenreißt und den Abschlussband in die richtige Richtung lenkt. Immerhin ist Cabals Ausflug als Detektiv losgelöst von der restlichen Geschichte und in sich auch abgeschlossen. Somit stünde einem genialen dritten Band technisch gesehen nichts im Wege. Neueinsteiger sollten zuerst diesen Band lesen, denn Vorwissen ist nicht nötig und so kann die Enttäuschung gut umgangen werden.

Wie zur Versöhnung wird im Anschluss des Buches eine kurze Geschichte spendiert, über das, was danach passiert. Wie der Autor aber selbst schreibt, kann man das Kapitel lesen, oder auch übergehen. Inhaltlich interessant, aber letztlich zu kurz abgehandelt. Somit auch kein großer Pluspunkt.


Fazit

Vom Geisterbeschwörer zum Detektiv. Johannes Cabal geht einen unerwarteten Weg, der Freunde des Vorgängers verärgern und enttäuschen wird. Von morbiden und schwarzhumorigen Vorgängen keine Spur. Freunde von Krimigeschichten dürfen aber einen Blick wagen.


Pro und Kontra

+ unterhaltsam
+ Johannes Cabal
+ einige wenige cabalwürdige Momente

o Vorwissen nicht erforderlich

- einige Längen
- lässt fast alles vermissen, was "Seelenfänger" ausgemacht hat
- unspektakulär
- Genrewandel zum Krimi

Beurteilung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5


Rezension zu Johannes Cabal - Seelenfänger

Rezension zu Johannes Cabal - Das Institut für Angst und Schrecken