Zwei Engel der Nacht (Hrsg. Jörg Weigand)



Fabylon Verlag (Februar 2011)
Taschenbuch mit s/w Illustrationen
256 Seiten, EUR 13,00
ISBN: 978-3927071339

Genre: Mysterie (Anthologie)


Klappentext

Es gibt viele Engel der Nacht zwischen Gut und Böse. Finden Sie heraus, welcher der Ihre ist…

Wolfgang Hohlbein – Uschi Zietsch – Jan Osterloh – Karla Weigand – Jörg Kastner – Katja Göddemeyer – Frank G. Gerigk – Rainer Schorm – Gisbert Haefs – Jörg Weigand – Manfred Borchard – Helmut Ehls – Monika Niehaus – Markus Kastenholz – Corinna Kastner


Rezension

Ganz wie es der Klappentext verspricht, warten in dieser Anthologie viele Engel der Nacht darauf, den Leser in selbige zu entführen. Und bei den vielen verschiedenen Ansätzen, mit denen die fünfzehn Autoren dem Thema begegnen, ist bestimmt für jeden der richtige dabei.
Und so unterschiedlich die verschiedenen Ideen und Ansätze auch sind, fällt doch eines auf: Die große Kreativität und Vielfalt, mit der die Autoren das Grundthema aufnehmen und verarbeiten. Dabei passen die meisten Geschichten sehr gut zum Thema „Engel der Nacht“, allerdings gibt es auch die ein oder andere, bei der man etwas länger nach dem Zusammenhang sucht oder bei der er gar gekünstelt wirkt. Trotzdem – hier wurde eine Anthologie geschaffen, deren Titel nicht zu viel verspricht.
So erfreulich die vielfältige und kreative Umsetzung auch ist, so unterschiedlich bleibt jedoch die Qualität der verschiedenen Geschichten – sowohl die Handlung als auch insbesondere die handwerkliche Umsetzung betreffend.
Denn auch wenn man größtenteils recht spannendes geboten bekommt, gibt es doch auch schwarze Schafe, die den Leser eher verwundert innehalten lassen, als ihn gut zu unterhalten – ihn teilweise gar ratlos zurücklassen. Gepaart mit einem amateurhaft – vereinzelt stümperhaft - wirkenden Schreibstil, hätte man sich die eine oder andere Geschichte schlichtweg sparen können.

Glücklicherweise sind diese aber in der Minderheit – die meisten Geschichten bieten durchaus gute Qualität. Auf die bemerkenswertesten – im positiven wie im negativen Sinne - dieser Geschichten sei an dieser Stelle noch einmal gesondert eingegangen:

Engel der Nacht (Wolfgang Hohlbein)

Hohlbein, der ganz offensichtlich den Lockvogel für diese Anthologie spielt, darf konsequenterweise auch deren Auftakt liefern. Und das tut er routiniert und auf „Hohlbein-typische“ Art und Weise. Nicht weiter verwunderlich ist hierbei, dass er das Thema der Anthologie perfekt trifft – schließlich scheint dieses für ihn maßgeschneidert. Eine gute Idee, gut umgesetzt, mystisch und düster, kurz – ein gelungener Auftakt.

Verboten (Jörg Kastner)

Auf gänzlich andere Art und Weise nähert sich Kastner dem Thema der Anthologie. Im Europa der näheren Zukunft haben Individualisten ein hartes Los – durch immer neue Erlasse wird die Freiheit des Einzelnen immer weiter eingeschränkt. Nicht nur, dass hierbei jetzige Zustände pointiert und überspitzt weitergedacht werden – das Verbot der Glühbirne wird beispielsweise genauso eingebunden wie fiktive Maßnahmen wie das Verbot von Papier zum Schutz der Umwelt – auch das Thema der „Engel der Nacht“ kommt zum Tragen – denn die Nacht scheint die einzige Tageszeit, zu der man sich noch frei entfalten kann.
Für Kritiker des „EU-Wahnsinns“ eine echte Perle und auch ansonsten eine schöne Geschichte.

Nachtwanderung (Jan Osterloh)

Nicht überzeugen kann hingegen die Geschichte „Nachtwanderung“, in der ein Lehrer einem zwergenartigen Wesen dabei helfen soll, dessen große Liebe zu befreien.
Dieses Wesen kann nämlich in der Zeit herumspringen und so folgt ein uninspiriertes gezappe durch die Zeit. Zuerst geht es ins Jahr 1945, wo die beiden – der Protagonist ist Biologielehrer- sich Waffen besorgen. Für eine kugelsichere Weste zurück in die Gegenwart und schon kann die Befreiungsaktion losgehen. Diese Logikschwächen bleiben nicht die einzigen und auch der stümperhafte Schreibstil macht diese alberne Geschichte nicht gerade erträglicher. Die – noch dazu amateurhaft umgesetzte – Idee ist zudem auch alles andere als neu und lässt den Leser schnell zur nächsten – hoffentlich besseren - Geschichte fliehen.

Tineidae (Rainer Schorm)

Um eine solche handelt es sich bei „Tineidae“. Eine geheimnisvolle Frau bringt Männer im wahrsten Sinne des Wortes „um den Verstand“. Als der beste Freund des Protagonisten dem Wahnsinn anheim fällt, begibt sich dieser auf Ursachenforschung. Bald findet er heraus, welches das Geheimnis der schönen Frau ist, die er für das Schicksal seines Freundes verantwortlich macht – ein Schicksal, das er vielleicht schon bald teilen wird.
Eine richtige Gänsehaut-Geschichte mit toller und passender Grundidee.

Sieben von neun Glocken (Helmut Ehls)

Gänzlich ratlos lässt Helmut Ehls den Leser nach der Lektüre von „Sieben von neun Glocken“ zurück. Wenn er sich bei dieser Geschichte etwas gedacht hat, dann verbirgt er es auf jeden Fall gekonnt. Die Geschichte von einer Frau, die „Muse“ für ihren Mann – einem Science-Fiction Autor – ist, zeichnet sich durch beispielhafte Irreführung und Belanglosigkeit – so denn nicht eine verborgene Bedeutung unter dieser Schicht aus Absonderlichkeiten schlummert – aus.


Fazit

Eine interessante Anthologie für Freunde des Mystischen, die hält, was ihr Titel verspricht. Die vielfältige Umsetzung des Themas sticht dabei besonders hervor; leider gibt es aber auch die eine oder andere Enttäuschung unter den dargebotenen Geschichten.


Pro & Kontra

+ vielfältige Umsetzung des Themas „Engel der Nacht“
+ größtenteils kreative Ideen

- starke Qualitätsschwankungen der verschiedenen Geschichten

Wertung:

Handlung: 3/5
Auswahl/Abwechslung: 3,5/5
Umsetzung des Themas: 4/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5