Ich musste verlieren, um zu gewinnen (Menowin Fröhlich)

Driediger Verlag (Mai 2011)
Taschenbuch, mit zahlreichen Abbildungen
190 Seiten, 12,90 EUR
ISBN: 978-3-932130-26-7

Genre: Biographie


Klappentext

Mit seiner Stimme hat er ein Millionenpublikum begeistert, selbst Dieter Bohlen zählt zu seinen Fans. Wenn Menowin Fröhlich die Bühne betritt, wird auch seinen Kritikern klar: Da steht ein Sänger mit dem Zeug zum Superstar. Doch man hat den Musiker nie nur nach seinem Talent beurteilt, sondern verurteilt aufgrund seiner Schwächen und seiner kriminellen Vergangenheit. Dabei ist über sein Leben viel geschrieben worden – manches war spekuliert, noch mehr gelogen.

Mit seiner Biografie will Menowin Fröhlich vor allem eins, endlich klarstellen, was wirklich war. Hier spricht der eigensinnige Jungstar erstmals ausführlich über seine von Drogen zerrüttete Kindheit, über seine Fehltritte in der Teenagerzeit, seine Zeit im Gefängnis. Er erzählt von seinen frühen Versuchen als Sänger, den ersten Auftritten mit seinen Freunden von „Vinity 9“ und über die knallharte Realität hinter den Kulissen von DSDS. Er redet ehrlich über seine Fehler und Vergehen, die Familie, seine erste Liebe, und immer wieder über Musik. Denn diese hat ihm gezeigt, was für ihn wirklich wichtig ist.


Rezension

DSDS – diese vier Buchstaben sind so gut wie jedem ein Begriff, auch wenn man die Sendung nicht anschaut. Man kommt im Frühjahr einfach kaum daran vorbei. Möchte man seine Mails bei GMX checken, prangen DSDS-News auf der Startseite. In der Straßenbahn liegt eine Bildzeitung mit reißerischem DSDS-Cover. 2010 eskalierte das Medienspektakel um die Castingshow und es wurde auch dem letzten klar: Talent spielt, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Zwei talentierte junge Menschen wurden zu Erzfeinden stilisiert und der Gewinner stand am Ende im Schatten einer Hetzkampagne gegen den Zweitplatzierten und muss mit der vorherrschenden Meinung leben, dass Menowin den Siegertitel besser gesungen hat. Mit diesem Background kann man verstehen, wieso nun eine Biographie von Menowin Fröhlich erscheint – denn ehrlich, eigentlich ist er dazu fast zu jung. Doch „Ich musste verlieren, um zu gewinnen“ wurde geschrieben, um Tatsachen zwischen all den haarsträubenden Schlagzeilen zu schaffen.

Menowin Fröhlich wirkt in seinem Buch erstaunlich reflektiert und beleuchtet die Kapitel seiner Vergangenheit von mehreren Seiten. Mit einer drogenabhängigen Mutter und einem dem Alkohol und der Gewalt verfallenen Vater wird Menowin in ein düsteres, hoffnungsloses Umfeld hineingeboren. Hier sieht er selbst die Gründe für seine fatalen Entscheidungen, die ihn letztlich hinter schwedische Gardinen brachten, doch er gibt seinen Eltern nicht die alleinige Schuld. Im Gegenteil, für die Mutter findet er liebevolle Worte, sie sei ein herzensguter Mensch und eben einfach krank gewesen. Menowins Kindheit und Jugend ist von fehlendem Halt und Angst geprägt, er schwänzt die Schule und Pünktlichkeit ist ein Fremdwort für ihn. Er klaut, um sich teure Klamotten kaufen zu können, will dazugehören, cool sein. Macht sich keinerlei Gedanken. Immer wieder gibt es Lichtblicke, Schulfächer, die ihm Spaß machen und letztlich die Musik. Seine wohl größte Liebe. Sätze wie „Ich hab’s verkackt“ bekommt man öfter zu lesen und damit hat Menowin sicherlich auch recht. Ebenso gelingt es ihm, anhand seines Lebenslaufs zu zeigen, wie schwer es für einen Straffälligen ist, wieder den richtigen Weg zu finden. Denn einmal Knacki, immer Knacki?

Wie glaubhaft diese Biographie ist, muss wohl jeder für sich entscheiden. Es gibt sicherlich wieder die ewigen Kritiker, die an einzelnen Sätzen die aberwitzigsten Stories hervorziehen können. Und es wird die Fans geben, die jedes Wort für bare Münze nehmen und vor Sympathie für ihren Star vergehen. Doch dieses Buch ermöglicht es dem Leser, auch vollkommen neutral an den Text heranzugehen. Es gibt Stellen, da fühlt man mit Menowin mit, es gibt Passagen, da fasst man sich an den Kopf und denkt „Idiot!“. Fakt ist, man kann das meiste nachvollziehen, kann verstehen, wieso vieles so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Menschen sind einfach auch oftmals Idioten, ziemlich naiv und zudem Meister im Verdrängen. Genau das wurde Menowin zum Verhängnis – er hat seine Probleme und Gerichtstermine einfach verdrängt, hat drohende Haftstrafen im Rauch eines Joints erstickt. Im Buch ist der kritische Blick auf dieses Verhalten vorhanden und macht Menowin trotz unzähliger Fehltritte sympathisch für den Leser. Man kann verstehen, warum sein Leben dermaßen schief gelaufen ist. Letztlich landet man bei der Grundsatzfrage: Wie viele Chancen hat ein Mensch verdient?

Für DSDS-Fans besonders interessant sind natürlich die Passagen über die Castings, den Recall und die Mottoshows. Einzelheiten sollen hier nicht verraten werden, doch es kommt vieles zur Sprache, über das immer wieder geredet wird. Krasse Fragebögen bei der Bewerbung, superstrenge Verträge und ein Theater aus Inszenierungen. Positiv fällt auf, dass Menowin kaum schlechte Worte über seine ehemaligen Mitkandidaten und ebenso über die Jury verliert. Natürlich war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen – das hat man spätestens in den Liveshows gemerkt. Woher die frostige Atmosphäre rührte, wird ebenfalls behandelt. Doch viel bewegender ist die kindliche Faszination, mit der Menowin von den Anfängen bei DSDS erzählt: Die Aufregung, als er vor der Jury stand, die Begeisterung über die technischen Möglichkeiten, das seltsame Gefühl im DSDS-Studio ohne Zuschauer vor dem Auftritt. Die Flugangst, die die Reise in die Karibik überschattete, die lustigen Momente mit den anderen Kandidaten. Man spürt auf diesen Seiten, wie viel Menowin die Musik bedeutet. Und wie schwer es für einen Menschen ist zwischen Lobeshymnen und Negativschlagzeilen nicht zerrissen zu werden. Man erlebt die Schattenseiten der Glitzerwelt, den Stress, die Nerven liegen blank und die Presse verlangt zum tausendsten Mal, dass man ausbreitet, wie man sich im Knast gefühlt hat. Eines glaubt man ihm auf jeden Fall: Er will aus dem Dreck raus, will etwas ändern, ein besserer Mensch werden. Ob es ihm das auch gelingt? ...

Menowin hat an dieser Biographie mit Enno Faber und zwei Coautoren gearbeitet, die auch in der Danksagung erwähnt werden. Trotzdem wurde Wert darauf gelegt, Menowins Sprache nicht zu verfälschen – so sind viele Passagen sehr umgangssprachlich, aber sicherlich für jeden lesbar. Zur Einstimmung auf die Kapitel gibt es kursive Einschübe in der dritten Person, einzelne Szenen, die prägend für die folgenden Seiten sind und in denen Menowin von außen betrachtet wird. Der restliche Text ist in der Ich-Perspektive verfasst, was mehr Nähe zur Person Menowin Fröhlich ermöglicht. Ein kleiner Kritikpunkt bleibt: Die zeitliche Abläufe sind nicht immer ganz klar, es wirkt stellenweise, als würde Menowin wild hin und her springen. Hier hätten die Autoren etwas mehr auf die chronologischen Abläufe achten sollen, damit Außenstehende besser folgen können. Im Anhang finden sich einige Bilder von Menowin mit kleinen Kommentaren. Die Gestaltung ist dem Verlag also insgesamt gut gelungen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der ehrliche Eindruck dieser Biographie bestätigt und Menowin sein Leben allmählich auf die Reihe bekommt. Denn in einem Punkt dürften auch die meisten Kritiker nicht widersprechen: Er hat großes Talent.

"Ich musste erst x-mal auf die Schnauze fallen, um zu begreifen, dass es die Anerkennung ist, die mich aufbaut, mich weiterträgt, mir Kraft gibt zu kämpfen, den Knast zu überstehen. Diese Anerkennung, meine Fans, sind das Geilste, was es gibt." (Seite 186)


Fazit

Menowin Fröhlich wirkt in „Ich musste verlieren, um zu gewinnen“ reflektiert und ehrlich. Offen berichtet er von Drogenexzessen und Gewaltausbrüchen, von den Licht- und Schattengestalten seiner Familie – und von seiner größten Liebe: der Musik. Für Zweifler, die sich ein Bild jenseits der Klatschpresse verschaffen wollen, absolut lesenswert und für Fans selbstverständlich ein Muss!


Pro & Contra

+ Menowin wirkt reflektiert und ehrlich
+ ernsthafte Auseinandersetzung mit seinem Lebenslauf
+ Blick hinter die Kulissen von DSDS
+ größtenteils nachvollziehbar
+ Farbbilder mit Kommentaren im Anhang

o etwas mehr Umfang wäre wünschenswert gewesen

- teilweise sind zeitliche Abläufe verwirrend

Wertung:

Informationsgehalt: 4/5
Gestaltung: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5