RIA – Same der Hoffnung (Thorsten Kiecker, Mary und Fred Pullin)

Splitter (Mai 2011)
Hardcover, 64 Seiten, 13,80 EUR
ISBN: 978-3-86869-300-3

Genre: Fantasy


Inhalt

Das Abenteuer beginnt, als Loan, ein junger Tuscas, während der Jagd auf eine Patrouille von Shaden-Kriegern stößt. Bei seinem Kampf gegen diese Kreaturen des bösen Noctus stürzt er in eine Höhle, die sein Schicksal verändern wird. Denn dort entdeckt er etwas Erstaunliches – eine junge hübsche Frau in einer seltsamen pflanzlichen Hülle, die durch seine Gegenwart erwacht. Ihr Name ist Ria.
Loan ist begeistert von der geheimnisvollen Schönheit, doch die Shaden sind ihnen bereits auf der Spur. Während sie um ihr Leben kämpfen, hört Loan ein vertrautes Geräusch. Eine wundersame Flugmaschine nähert sich. Sie gehört Uri, einem Außenweltler, der sein Freund und Mentor ist. Unter der Leitung von Thorsten Kiecker und mit den Farben von Fabian Schlaga entführt ein junges deutsches Comic-Team in eine fremde Welt voller Wunder und Abenteuer!


Rezension

Mehr, als die Inhaltsangabe des Verlages preisgibt, darf man eigentlich nicht verraten. Vielleicht nur so viel: Die Shaden sind monströse Krieger mit blanken Schädeln, denen jegliche Gefühlsregung fremd zu sein scheint. Sie werden von dem geheimnisvollen Noctus gelenkt, der den Lichtklan, der Tenebra einst regierte, vernichtet hat. Ebenso erging es den anderen Wesen dieser Welt, von denen nur wenige fliehen konnten und sich nun vor Noctus verbergen. Es gibt verbotene Orte in dieser farbenprächtigen Welt, die den jungen Loan jedoch nicht davon abhalten, auch dort zu jagen. Er wirkt furchtlos und mutig, bringt sich aber gerade dadurch auch in Gefahr. Als er die seltsame Schönheit Ria aus einer Blüte befreit und sie vor den Shaden rettet, muss er Verantwortung für das Mädchen übernehmen – denn sie ist der Same der Hoffnung, der Tenebra aus der Dunkelheit erretten könnte …

Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass „RIA“ mit wenig Text auskommt. In diesem Comic sprechen die farbintensiven und detailreichen Bilder meist für sich selbst. Phantastische Landschaften fesseln den Leser an die Seiten und in den Gesichtern der Protagonisten ist mehr abzulesen, als in den wenigen gezielt eingesetzten Sprachblasen und Beschreibungen. Dennoch kann man der Storyline problemlos folgen – das Lesen könnte sogar länger dauern als bei Comic mit bedeutend mehr Text. An vielen Bildern kann man sich regelrecht festsaugen, sie minutenlang ansehen und neue Details erkennen. Der Stil erinnert etwas an Zeichentrickfilme, wirkt dabei aber keinesfalls kitschig. Trotz intensiv leuchtender Farben ist die Stimmung düster. Über Tenebra selbst erfährt man noch recht wenig, wodurch die Welt eine mysteriöse Atmosphäre versprüht und damit den Leser fasziniert.

Loan schließt man schnell ins Herz, auch wenn er ein wenig zu sehr der typische Held mit dramatischer Vergangenheit ist. Trotz trauriger Erlebnisse in seiner Kindheit ist er zu einem mutigen Krieger herangewachsen, der den Untergang seines Klans rächen will und dabei mit einer zarten Person wie Ria auch noch äußerst verständnisvoll und gentlemenlike umgehen kann. Ria selbst verströmt einen geheimnisvollen Charme, wirkt jedoch auch unheimlich verletzlich. Sie ist zu früh erwacht und findet sich in der düsteren Welt anfangs nicht zurecht. Sie bleibt dem Leser im ersten Band noch etwas fern, wirkt einer Königin des Lichtklans angemessen unnahbar. Dennoch hat man das Gefühl, dass man Ria in den Folgebänden sehr viel näher kommen wird und auch mehr von ihrem Gefühlsleben zu sehen bekommt. Der Außenweltler Uri hat etwas von einem gutmütigen, alten Zauberer, auch wenn er eher ein Mechaniker zu sein scheint. Seine Flugmaschine, der Urikopter, ist eine phantastische Konstruktion, die den Leser schmunzeln lässt.

Bisher lassen sich die Charaktere klar in „gut“ und „böse“ einteilen. Auch die Story scheint zumindest im ersten Band auf einen langwierigen Konflikt zwischen Licht und Schatten hinauszulaufen. Noctus‘ Motive liegen jedenfalls vollkommen im Dunkeln – ob die Autoren hier noch Graustufen einflechten werden, bleibt abzuwarten. Trotz dieser leicht klischeehaften Rollenverteilung ist Ria spannend und vermag, den Leser langfristig zu fesseln. Man wird den Comic kaum aus der Hand legen, ohne es in einem Rutsch durchgelesen zu haben. Und dieses Durchlesen dürfte keinesfalls zur Qual werden, denn die unsichere Nähe zwischen Loan und Ria unterhält ebenso gut wie die dramatischen Entwicklungen nach Rias Ankunft im Versteck der verbliebenen Klans. Mit "RIA" beweist Thorsten Kiecker, dass auch deutsche Werke die Leserschaft in ihren Bann schlagen können und obendrei technisch verdammt gut umgesetzt werden! Originelle Ideen werten den Comic im Detail zusätzlich auf und lässt auf weitere Erfindungen wie den Urikopter hoffen!

Das Cover von „RIA – Same der Hoffnung“ beeindruckt bereits auf der Verlagshomepage, doch erst wenn man den Comic in Händen hält, wird man sich der liebevollen Gestaltung bewusst. Ria erstrahlt in ihrer Blüte in Hochglanz, während der Hintergrund matt gehalten ist. Schlägt man das Hardcover auf, wird man von einer gelungenen Innengestaltung begrüßt und kann sich am Ende der Lektüre auf einen toll gestalteten Anhang mit kleinen Erklärungstexten und Skizzen zur Entstehung von „Ria“ freuen. Über den Preis kann man dabei nicht meckern – Splitter hat einfach das Optimum zwischen edler Aufmachung und günstiger Präsentation gefunden.


Fazit

„RIA – Same der Hoffnung“ ist ein gelungener Reihenauftakt, der vor allem mit seiner gleichermaßen düsteren wie farbenfrohen Atmosphäre überzeugt. Traumhafte Bilder begleiten eine spannende Story, die jede Menge Potential besitzt. Bleibt zu hoffen, dass dieses sich in den nächsten Bänden entfalten kann!


Pro & Contra

+ traumhafter Zeichenstil
+ intensive Farben
+ originelle Ideen
+ düstere, mysteriöse Atmosphäre
+ mutige Protagonisten mit Herzblut

- bisher zu wenige Graustufen

Extras: schön gestalteter Anhang mit Erklärungen

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5

Interview mit Thorsten Kiecker (Oktober 2011)

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