Michael Peinkofer (08.04.2009)

Interview mit Michael Peinkofer

Literatopia: Hallo Michael! Wir freuen uns, Dich im Interview zu haben. Erzähl uns doch erst einmal ein bisschen was über Dich. Wer bist Du und was schreibst Du? In welchen Genres treibst Du Dich herum?

Michael Peinkofer: Okay, also wer ich bin, wisst Ihr ja schon (es sei denn, Ihr hattet Euch einen philosphischen Exkurs zum Thema „Wer bin ich“ gewünscht – aber das würde wahrscheinlich den Rahmen sprengen). Halten wir uns also lieber an die Fakten: Das Veröffentlichungsjahr ist 1969, und wäre ich ein Buch, dann würde ich mir „Gute Unterhaltung“ als Titel geben. Das ist nämlich mein Anliegen als Autor – meine Leser gut und packend zu unterhalten und dabei vielleicht die eine oder andere Wahrheit über unsere Welt zu widerspiegeln. Meinen ersten Roman unter eigenem Namen habe ich im historischen Genre für Lübbe verfasst, danach kam die Fantasy dazu – neben der „Orks“-Trilogie und jüngst den „Zauberern“ habe ich auch den Zweiteiler „Land der Mythen“ bei Piper veröffentlicht. Für Ueberreuter habe ich zwei historische Jugendromane geschrieben, die bei Lübbe Audio als Hörbücher erschienen sind. Für Lübbe Audio habe ich übrigens auch das spannende Projekt „Team X-treme“ entwickelt – eine Hörspielserie um eine Gruppe junger Geheimagenten, die mit manchen Genrekonventionen bricht.



Michael Peinkofer ….

… als Autor

Literatopia: Kürzlich ist Dein Roman „Die Zauberer“ bei Piper erschienen. Optisch schließt sich der Roman diversen anderen Romanen über Fantasywesen an. Wie bist Du zu den Zauberern gekommen? Wurdest Du vom Verlag angesprochen oder kam die Idee von Dir?

Michael Peinkofer: Das war meine Idee. Ich wollte, nachdem ich in den „Orks“-Büchern viel über die Vergangenheit Erdwelts, den Zweiten Krieg und den Hohen Rat der Elfen erzählt hatte, in diese Vergangenheit eintauchen und erforschen, was damals genau passiert ist. Und der Titel bot sich einfach an, da es ja schließlich um Zauberer geht, genauer um drei Novizen und ihre Meister, die im Mittelpunkt der Handlung stehen.

Literatopia: Dass es um Zauberer geht, ist dem Titel leicht zu entnehmen. Aber kannst Du uns etwas mehr über den Roman verraten? Was erwartet den geneigten Leser?

Michael Peinkofer: „Die Zauberer“ spielt im Universum von Erdwelt, in dem auch die Abenteuer von Balbok und Rammar angesiedelt waren. In meiner Lesart sind sie Elfen mit einer magischen Begabung, „reghas“ genannt. In einem Orden organisiert, der dem Elfenkönig beratend zur Seite steht, versuchen sie, auf die Geschicke des Reiches Einfluss zu nehmen. Unruhe entsteht, als der Zauberer Farawyn (den der eine oder andere schon aus den „Ork“-Romanen kennt) einen magisch begabten Menschen in die Ordensburg von Shakara mitbringt, denn dergleichen hat es noch nie gegeben, und aus dem Gegensatz zwischen Tradition und Moderne entsteht letztlich ein Konflikt, der in den Zweiten Krieg münden wird. Die Geschichte ist rund 1000 Jahre vor Balbok und Rammar angesiedelt, aber es gibt – für die Kenner der anderen Romane – auch einige Querverweise. Man muss die „Orks“-Trilogie aber nicht gelesen haben, um den Roman zu verstehen. Er eignet sich auch ideal als Einstieg.

Literatopia: Du hast auch mehrere Romane zum Thema Orks geschrieben. Sind sie an Stan Nicholls „Die Orks“ angelehnt oder vollkommen eigenständig? Hast Du Nicholls Romane zum Thema Orks gelesen?

Michael Peinkofer: Ich hatte mal reingeschaut, allerdings schon ziemlich lange vorher. Spielte für die Entstehung von „Die Rückkehr der Orks“ auch keine Rolle, da ich von Anfang an eine ziemlich feste Vorstellung davon hatte, wie ich das mit den Orks machen wollte – nämlich eher humorvoll, aber mit einem ersten, epischen Hintergrund. Und ich bin dem Piper-Verlag bis heute dafür dankbar, dass er mir da ganz freie Hand gelassen hat. Jedenfalls sind Balbok und Rammar, die Helden meiner Romane, völlig eigenständig und etablieren ihr eigenes Fantasy-Universum, mit eigener Topgraphie, Geschichte und Sprache. Letztere soll sich bei LARP-Begeisterten übrigens regen Gebrauchs erfreuen.

Literatopia: Werden Deine Orks-Bücher in Rezensionen eigentlich oft mit Nicholls Orks verglichen? Oder wurde Dir schon einmal vorgeworfen, dass Du Dich dem Thema nur gewidmet hast, weil „Die Orks“ so erfolgreich war?

Michael Peinkofer: Anfangs gab es natürlich den einen oder anderen, der sich beschwerte, „Die Rückkehr der Orks“ würde eine Fortsetzung von Nicholls’ Titel vorgaukeln. Ist natürlich Quatsch – der Titel bezog sich auf die hinlänglich bekannten Fantasy-Schurken (und zwar nicht nur aus Nicholls’ Romanen, sondern auch aus Tolkien, D&D, World of Warcraft etc.), die eben in diesem Roman ihre Rückkehr erlebten. Spätestens bei Band 2 hat man aber gesehen, dass sich Balbok und Rammar ihre eigene Leserschaft erobert hatten, die dann auch wissen wollte, wie es mit den Abenteuern der beiden weiter ging. Dass ich mich dem Thema nur gewidmet hätte, weil „Die Orks“ erfolgreich war, kann man mir nicht vorwerfen – wenn es so wäre, hätte ich versucht, einen Klon von Nicholls’ Roman zu schreiben und mich in Stil und Inhalt dort anzulehnen. Die Abenteuer von Balbok und Rammar schlagen einen sehr humorvollen Ton an, für den ich mitunter auch kritisiert wurde. Und man kann mich ja schlecht einerseits dafür schelten, dass ich angeblich etwas nachmache, und mich gleichzeitig dafür kritisieren, dass ich es ganz anders mache…

Literatopia: Du widmest Dich auch historischen Themen. Welche Bücher aus diesem Bereich stammen von Dir? Und wie hoch ist eigentlich der Rechercheaufwand bei historischen Romanen?

Michael Peinkofer: Angefangen hat alles mit „Die Bruderschaft der Runen“ (Lübbe), einem historischen Roman, der in Schottland spielt, parallel auf zwei Zeitebenen, und in dem der berühmte Schriftsteller Walter Scott eine Rolle spielt. Es folgten das Piratenabenteuer „Die Erben der Schwarzen Flagge“ sowie der vierbändige Zyklus um die Archäologin Sarah Kincaid, die in viktorianischer Zeit eine in alten archäologischen Rätseln versteckte Verschwörung aufdeckt (alle Lübbe). Der Rechercheaufwand ist – zunächst – höher als bei einem Fantasyroman, wobei natürlich auch dieser in sich schlüssig und in eine funktionierende, historisch anmutende Welt eingebettet sein muss. Wenn man – wie bei den „Zauberern“ – einen Roman schreibt, der in einer bereits etablierten Fantasy-Welt angesiedelt ist, dann muss man bei sich selbst recherchieren, denn die Sache soll ja in sich geschlossen sein. Und die Leser sind da – berechtigterweise – sehr kritisch.

Literatopia: Inzwischen hat sich einiges in Deiner Bibliographie angesammelt. Gibt es ein Werk, an dem Du besonders gerne gearbeitet hast? Oder eines, das Du mittendrin abbrechen wolltest?

Michael Peinkofer: Nein – sonst hätte ich wohl besser gar nicht damit angefangen. Aber einer meiner persönlichen Favoriten ist ganz sicher „Die Erben der Schwarzen Flagge“ (Lübbe) – ganz einfach, weil ich schon immer davon geträumt habe, einen richtigen Piratenroman zu schreiben. Grundsätzlich ist es aber bei allen Romanen so, dass irgendetwas Besonderes, Persönliches darin steckt, weshalb durchaus jede Arbeit zur Zeit der Entstehung als Lieblingsprojekt bezeichnet werden kann.

Literatopia: Wie bist Du eigentlich zum Schreiben gekommen? Gehörst zu jenen, die von Kindheit an sich Geschichten ausgedacht und aufgeschrieben haben oder musstest Du diese Welt erst für Dich entdecken?

Michael Peinkofer: Ich geb’s zu: Ich bin einer von denen, die wirklich schon immer (damit meine ich, seit ich schreiben kann), den Wunsch hatten, sich Geschichten auszudenken und diese – in welcher Form auch immer – zu präsentieren. Der Weg dorthin ist natürlich nicht so ganz gerade verlaufen, aber so ganz aus dem Auge verloren habe ich das Ziel eigentlich nie – heute sagen zu können, dass ich mein Geld mit dem Schreiben von Geschichten verdiene, ist natürlich sehr schön.

Literatopia: Wenn man Romane schreibt und auch immer wieder neue veröffentlicht, findet man da überhaupt noch Zeit zum Lesen? Was liest Du gerne? Und hat sich Deine Tätigkeit als Autor auf dein Leseverhalten ausgewirkt?

Michael Peinkofer: Glücklicherweise gehört das Lesen nach wie vor zu meinen liebsten Freizeitbeschäftigungen, von daher finde ich auch immer noch Zeit dazu. In Sachen Fantasy und Thriller versuche ich ein bisschen im Auge zu behalten, was die amerikanischen Kollegen so machen, und auch Comics sind eine Leidenschaft von mir. Darüber hinaus lese ich natürlich auch viel Historisches zur Recherche…

Literatopia: Was planst Du für die Zukunft? Wirst Du weitere Romane zum Thema Zauberer schreiben? Und wie sieht es mit historischen Büchern aus?

Michael Peinkofer: Gegenwärtig arbeite ich gerade am abschließenden Band der „Sarah Kincaid“-Tetralogie, die bei Lübbe erscheint - die Abenteuer einer jungen viktorianischen Aristokratin, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts einer dunklen Verschwörung auf die Schliche kommt. An sich ein historischer Stoff, allerdings mit ein paar phantastischen Elementen. Und danach werde ich mich einem neuen Roman zum Thema „Zauberer“ widmen, in dem es dann zum Ausbruch des Zweiten Krieges und zum Bündnis zwischen Orks und Menschen kommen wird.


… als Journalist und Übersetzer

Literatopia: Auf Deiner Homepage wirst Du als „Autor und Journalist“ betitelt. Dabei sollst Du vorzugsweise für Filmmagazine schreiben. Woher kommt Diese Vorliebe? Und wie genau sieht Dein Beitrag zu diesen Magazinen aus? Welche Genres bevorzugst Du?

Michael Peinkofer: Auch hier lag und liegt mir – Ihr ahnt es schon – das phantastische Genre besonders am Herzen, wobei ich den Bereich durchaus ein bisschen weiter fasse und z.B. auch Zeichentrickfilme und historische Epen dazu zähle. Der Film ist ein Medium, dem ich mich bereits seit frühen Kindheitstagen verbunden fühle, und an dieser Faszination hat sich bis heute nichts geändert. Und wenn man dann noch die Möglichkeit hat, sich seine Brötchen damit zu verdienen, dass man z.B. Filmrezensionen, Entstehungsberichte oder Essays zu bestimmten Themen verfasst, dann greift man natürlich zu…

Literatopia: Du hast schon viele Reisen unternommen auch bist auch dabei Deiner journalistischen Tätigkeit nachgegangen. Wie sieht so eine Reise dann aus? Hast Du dann immer was zu Schreiben dabei? Oder hast Du dabei auch „feste Arbeitszeiten“?

Michael Peinkofer: Nein… Man bereist dann eine bestimmte Region und nimmt sich all das in Augenschein, was auch gewöhnliche Reisende interessiert. Nur dass man halt ein bisschen genauer hinguckt und sich Notizen macht. Heute würde man das sicher elektronisch machen – damals hatte ich noch jede Menge Notizbücher dabei.

Literatopia: Wo liegen Deiner Meinung nach die Gemeinsamkeiten zwischen Autoren-Dasein und Journalismus? Und wo die Unterschiede? Und erleichtert das eine das andere?

Michael Peinkofer: Was die Recherche betrifft, bist Du als Journalist natürlich bestens vorgebildet. Es ist schon ein Unterschied, ob man die Recherche zu einem bestimmten Thema mit einer gewissen Methodik angeht, oder einfach nur wild drauflos arbeitet. Das soll jetzt nicht heißen, dass man auf diese Weise nicht auch Ergebnisse erzielen kann, aber mir ist es so lieber. Außerdem lernt man im Zuge der journalistischen Arbeit, in unterschiedlichen Stilrichtungen zu schreiben, da die verschiedenen journalistischen Gattungen ja auch unterschiedliche Sprache erfordern. Das ist auch etwas, das beim Verfassen eines Romans sehr zugute kommt, da ich mich bemühe, jedem Roman seinen eigenen Tonfall und seine eigene Sprache zu geben.

Literatopia: Wie hoch schätzt Du eigentlich die Relevanz von Onlineportalen zum Thema Lesen und Schreiben ein? Sind Rezensionen und Buchvorstellungen im Netz inzwischen essentiell geworden, um Bücher zu promoten oder hältst Du mehr von Kulturzeitschriften? Und wie sieht es mit Schreibforen aus - glaubst Du, das hilft jungen Autoren?

Michael Peinkofer: Insgesamt muss man feststellen, dass durch das Internet die Möglichkeiten der Kommunikation enorm erweitert worden sind. Ich bin ein Kind der 80er - wenn man damals mit Gleichgesinnten in Kontakt treten wollte, musste man entweder auf Cons gehen (von denen es damals allerdings längst noch nicht soviele gab) oder einem Club beitreten. Gerade in kleineren Städten war man von der Entwicklung aber abgehängt. Durch Onlineportale hat heute jeder die Möglichkeit, auf aktuelle Informationen zuzugreifen und sich mit anderen auszutauschen, das ist schon ein großer Vorteil. Und natürlich läuft heute auch ein guter Teil der Gespräche, die über ein neu erschienenes Buch geführt werden, virtuell in Internetforen ab. Gerade die jüngeren Autoren haben sich darauf aber sehr gut eingestellt und versuchen, mit den Lesern Kontakt zu halten. Schreibforen sind natürlich interessant, weil man über seine Arbeit sehr schnell ein Feedback bekommt. Aber ich denke, dass man auch versuchen muss, den eigenen Stil zu finden, und das geht nicht, wenn man zu früh fremder Kritik ausgesetzt wird. Also sollte man nicht gleich jeden Zweizeiler posten...

Literatopia: Du warst schon als Übersetzer für große Verlage wie Heyne oder Tessloff tätig. Wie viele Bücher hast Du übersetzt? Und wie lange braucht man ungefähr, um ein Buch mit 400 Seiten zu übersetzen?

Michael Peinkofer: Ganz genau weiß ich das nicht mehr, aber ich war immer ein vergleichsweise langsamer Übersetzer. Da sind Übersetzer, die zweisprachig aufgewachsen sind, natürlich enorm im Vorteil, weil ihnen das Übertragen zumindest der Rohfassung doch ziemlich rasch von der Hand geht. Ich hatte mich daher auf das Übersetzen von Kurzgeschichten verlegt, bei denen es mehr darauf ankommt, den richtigen Tonfall und (mal wieder) die richtige Sprache zu finden, oder von (filmbezogenen) Sachbüchern, wie im Fall von Tessloff.

Literatopia: Was muss man bei der Übersetzung eines Romans eigentlich alles beachten? Und wie schwer ist es, den Stil des Autors in Deutsche zu transportieren?

Michael Peinkofer: Mitunter wirklich schwierig. Ich erinnere mich an eine Short Story, in der es um einen Typen ging, der sein Bewusstsein in einen Dinosaurier hatte verpflanzen lassen, weil das seinem Naturell mehr entsprach. Nicht nur, dass die Geschichte ziemlich abgefahren war, es erwies sich auch als schwierig, sie ins Deutsche zu übertragen, weil die deutsche Sprache in manchen Punkten viel exakter ist als die englische und die Story ständig Gefahr lief, durch die Übersetzung zu unrealistisch zu werden. Denn im Grunde muss man natürlich immer darauf achten, die ursprüngliche Intention des Autors auch in der Übersetzung angemessen rüberzubringen.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview, Michael!

Michael Peinkofer: Immer gern.


Interview vom April 2012

Rezension zu "Splitterwelten"


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.