Ausgetanzt (Anni Bürkl)

Verlag Gmeiner, Juli 2010
Taschenbuch, 321 Seiten, € 11,90
ISBN 978-3839211014

Genre: Regionalkrimi


Klappentext:

Berenike Roithers neuer Teesalon im beschaulichen Kurort Altaussee im Salzkammergut verlangt ihre volle Aufmerksamkeit. Doch bald wird sie aus der gewohnten Arbeit herausgerissen: Ihre Tanzlehrerin Caro, die am mystischen Hallstätter Gräberfeld ein keltisches Tanzritual abhalten wollte, wird tot aufgefunden – in der Mitte entzwei gesägt und in einem Friseursalon zur Schau gestellt. Auch Berenike fragt sich, wer so viel Hass gegen die engagierte Frauenhausmitarbeiterin hegte. Und plötzlich steckt sie selbst mitten in den Ermittlungen.


Die Autorin:

Anni Bürkl, Jahrgang 1970, lebt seit Abschluss ihres Studiums der Publizistik im Jahr 2001 als freie Journalistin, Autorin und mitunter Ghostwriterin in Wien. Im Ausseerland, wo sie sich im Sommer gerne aufhält, schreibt sie am liebsten. 2003 wurde sie mit dem Theodor-Körner-Förderungspreis ausgezeichnet, 2010 erhielt sie das Krimi Stipendium Trio Mortale der Stadt Wiesbaden. Sie ist Mitglied be den Mörderischen Schwestern, deren Österreich Gruppe sie leitet, und der IG Autorinnen Autoren. Nach Schwarztee setzt sie mit dem Kriminalroman Ausgetanzt ihre Serie um die charismatische Teelady Berenike Roither fort.


Rezension:

Wo ist Caro? Die Tanzlehrerin hatte zu einem fraulichen Tanzritual mitten in der Wildnis gebeten und sie ist die Einzige, die nicht erscheint. Nach langem Suchen in der Dunkelheit finden sie zumindest ihren Oberkörper, kunstvoll drapiert im Schaufenster von Katharinas Frisiersalon. Die Frauen sind geschockt. Wen hat die rabiate Frauenhausleiterin wohl so verärgert, dass er sie dermassen verschandelt? Das kann doch nur ein Frauenhasser sein. Weil Berenike schon mal eine Leiche entdeckt hat, wird sie intern von den Frauen beauftragt, der Polizei über die Schulter zu schauen, zu der sie auch noch intime Beziehungen führt. Außerdem fordert ihre Freundin aus dem Tanzstudio sie auf, ihren türkischen Ehemann in Wien zu beschatten – ihrer Meinung nach ist dort etwas im Busch, zumindest benimmt er sich sehr merkwürdig. Berenike stellt sich den Herausforderungen – und scheitert teilweise grandios.

Gewalt gegen Frauen, Rassismus und Frauen hassende Männer, Anni Bürkl packt viel in diesen Regionalkrimi hinein. Leider gelingt ihr das nicht wirklich, da sie viel zu viel verlangt und sich in unwichtige Details verliert. Die genauen Schilderungen der zurückgelegten Wege in Hallstatt sowie in Wien sorgen zwar für die richtige Atmosphäre, strapazieren aber die Spannung arg. Wobei man eher den Eindruck von Verzettelung bekommt, denn die Episode um die stümperhafte Beschattung des türkischen Ehemannes ufert viel zu sehr aus und geht zu Lasten der Ermittlung um Caros Mörder. Als dann noch weitere Morde geschehen, werden die stiefmütterlich abgehandelt, es wird nicht ganz klar, wie Zusammenhänge erkannt werden. Der unterschwellige männerfeindliche Ton sorgt mit zunehmender Seitenzahl für Stirnrunzeln, hier bedient sich die Autorin an sämtlichen Klischees und sorgt für Stereotypen, wobei sie vermeintlich alle Männer über einen Kamm schert.

Berenike ist ein sperriger Charakter, störrisch und egozentrisch, sich selbst überschätzend spaziert sie durch die Geschichte und hält sich selbst für den Nabel der Welt. Durch ihre traumatische Erfahrung im letzten Band, auf den die Autorin diverse Male hinweist, ohne ins Detail zu gehen, ist sie geradezu prädestiniert, der Polizei hilfreich zur Seite zu stehen, denen sie Ermittlungserfolge sowieso nicht zutraut. Warum sie sich für so erfahren hält, wird nicht ersichtlich, denn ihre stümperhaften Versuche und ihre Fehler sprechen für sich. Die Beschattung des türkischen Ehemannes ist gewagt und wenig feinfühlig, auch die amourösen ständigen Gedanken wirken komisch und unpassend. Eigentlich verbandelt mit dem ermittelnden Bezirksinspektor Jonas Lichtenegger fühlt sie sich fast von jedem anderen Mann erotisch angezogen. Was eigentlich widersprüchlich dem Charakter ist, den sie darstellt, wird sie doch nicht als männermordende Sirene eingeführt. Aber nicht nur von Männern fühlt sie sich angezogen, auch die Frauen üben ihre eigenen Reize auf sie aus. So wirkt die Thematik recht aufgesetzt und lächerlich, besonders da sie ihrer eigenen Beziehung ziemlich hochmütig gegenübersteht. Genauso aufgesetzt sind die ständigen Anglizismen, die bestätigen, dass Berenike auch in Englisch denken kann, da sie Jahre in einem fremdsprachigen Land gelebt hat. Sie stören lediglich den Lesefluss und sind ziemlich deplaziert, genau wie der ständige unterschwellige hochmütige Ton gegen Männer und die Arbeit der Polizei. Hilfreich ist es nicht gerade, dass fast alle Männer in dieser Geschichte das Klischee bedienen und entweder als Trottel oder gewalttätig dargestellt sind. Ausnahmen sind lediglich Jonas und Hans, ihre Hilfe im Teesalon. Wobei der Polizei auch ständig Fehler unterlaufen, die dann natürlich von Berenike und ihren beiden weiblichen Detektivinnen aufgedeckt werden.

Das wirkliche wahre Highlight ist neben den stimmungsvollen Beschreibungen des Ausseerlandes Berenikes Teesalon und die verschiedenen Teesorten. Gemütlich und anheimelnd stellt sich der Salon vor, mit seinem angeschlossenen Literatursalon und den verschiedenen Veranstaltungen ein Ort großer Behaglichkeit. Innerlich wünscht sich bestimmt jeder, einmal dort ein Tässchen Tee zu sich zu nehmen und in der Atmosphäre zu versinken. Jedes Kapitel hat eine eigene Teesorte, dessen Zusammenstellung und Zubereitung hervorragend zu den Ereignissen im Kapitel passt. Für Teetrinker ein wahres El Dorado, besonders auch das Teebrevier am Ende, viel Wissenswertes wird zusätzlich übermittelt. Nicht zu vergessen die hervorragende Qualität des Buches, welches fest gebunden ist und so einige Leser überstehen kann und des wieder einmal herausragenden Covers, welches vorzüglich zur Geschichte passt.


Fazit:

Stereotype Charaktere und die Überheblichkeit der erzählenden Hauptperson erzählen eine nicht gerade gelungene Geschichte. Zu sehr wird sie von Klischees bestimmt, man fühlt sich unter den Charakteren nicht wohl und wundert sich, woher Berenike ihr Selbstbewusstsein nimmt und alle anderen eindimensional wirken. Platz für Entfaltung und Änderung ist nicht gegeben, lediglich das stimmungsvolle Setting entschädigt für Vieles.


Pro und Contra:

+ stimmungsvolles Setting
+ anschaulich geschilderte Atmosphäre
+ Wissenswertes über Tee
+ ein must have für Teetrinker

- viele Klischees
- überhebliches und stümperhaftes Verhalten der Hauptprota
- zu viele Fehler auch bei der Polizei
- Männer sind gewalttätig und hassen Frauen
- Frauen sind besser als Männer
- eindimensionale Charaktere
- langatmige Schilderungen während die Handlung in Wien spielt
- Nebenhandlungen überflüssig


Wertung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5