Boris Koch (23.06.2011)

Interview mit Boris Koch

Literatopia: Hallo Boris! Im Dezember wird auch von Dir ein Justifiers-Roman erscheinen: „Sabotage“. Warst Du sofort Feuer und Flamme für die Reihe? Und wie fühlt es sich an, wieder Science Fiction zu schreiben?

Boris Koch: Markus Heitz hat mich mit seiner Anfrage, ob ich mitmachen wollte, bei einer gemeinsamen Lesung in Neunkirchen überfallen und hat mir das Ganze mit seiner charmanten Art gleich sehr geschickt schmackhaft gemacht; immerhin ist er einen halben Kopf größer als ich ... Damals war sein Collector noch nicht einmal angekündigt und ich wusste entsprechend gar nichts, sagte aber natürlich neugierig: „Schick mal Hintergrundinfos.“
Kaum daheim bekam ich ein fettes Dokument zum Welthintergrund und hatte bei der Lektüre gleich zwei Ideen für mögliche Romane. Trotzdem habe ich noch eine Weile gezögert, weil schnell Feuer und Flamme sein, ist leicht, wenn ein Projekt reizvoll ist. Wichtig ist, dass es kein Strohfeuer ist, denn wenn der Spaß und das Interesse an einem Projekt genauso schnell verschwinden, dann hat man den Salat, bzw den Vertrag, und ist nur mit halbem Herzen dabei. Und das möchte ich nicht ... Letztlich basiert Sabotage auch tatsächlich auf einer dritten Idee, die mit meinen ersten beiden nichts zu tun hat. Und der Spaß daran ist noch immer so groß wie zu Beginn.
Es ist schön, wieder SF zu schreiben, ich mag ja die Abwechslung, und außerhalb von Kurzgeschichten war ich noch nie so weit in der Zukunft und so weit draußen im All.

Literatopia: Kürzlich ist der dritte Band von „Der Drachenflüsterer“ erschienen. Auf den ersten Blick sehen die Romane wie klassische High Fantasy aus – ist sie das auch? Und was fasziniert Dich persönlich an Drachen?

Boris Koch: Was die Welt anbelangt ist es sicherlich recht klassische Fantasy, der Stand der Technologie, ein Ritterorden, ein König als Herrscher über das Großtirdische Reich (auch wenn er persönlich keinen Auftritt hat), ein gewisses Maß an Magie, usw. Allerdings ist die Stimmung im Grenzstädtchen Trollfurt ebenso an klassischen Jugendbücher wie Huckleberry Finn und Der Krieg der Knöpfe angelehnt; rotzige Jugendliche, die sich Schimpfworte an den Kopf schmeißen und die nicht auserwählt sind, die Welt zu retten, sondern aus dem Bauch heraus handeln. Auch gibt es mindestens so viel Aberglauben wie Magie und keine eintreffenden Prophezeiungen oder weisen Magier.
An Drachen fasziniert mich vieles, vielleicht am meisten, dass sie quer durch die Mythen, Länder, Märchen und modernen Geschichten so unterschiedlich sind, mal weise, mal dumm, mal großzügig, mal gierig, mal freundlich, mal Menschenfresser, mal geflügelt, mal Kriecher. Mal speien sie Feuer, mal bewachen sie einen riesigen Hort, mal macht ihr Blut unverwundbar. Drachen sind vollkommen unterschiedlich, aber sie waren für mich immer großartig.

Literatopia: Die Cover von „Der Drachenflüsterer“ erinnern sehr stark an “Eragon“. Ist das auch von Dir gewollt, sprich, passt das auch zum Inhalt? Oder ist das reine Marketingstrategie des Verlages?

Boris Koch: Das Cover ist immer eine Entscheidung des Verlags, und es gehört wie der Klappentext auch immer zur Marketingstrategie. Wie viele Fantasyautoren wurden nicht schon marktschreierisch mit Tolkien in eine Reihe gestellt? Die konstruierte Nähe zu einem Bestseller gehört in dem Geschäft wohl einfach dazu, und ich kann gut damit leben, wenn wie in diesem Fall die inhaltliche Nähe auch einigermaßen gegeben ist. Außerdem hat die Zusammenarbeit mit dem Zeichner Dirk Schulz wieder prima funktioniert, sowohl bei den drei Covern als auch den jeweils drei Innenillustrationen, und mir gefallen die Bilder. Der Junge mit den verschränkten Armen auf Band 1 passt zu den Wortgefechten zwischen Mensch und Drache im Buch, das Unwetter auf dem dritten zum titelgebenden Verlies der Stürme, usw.
Die Nähe zu Eragon ist zumindest inhaltlich durch die jugendliche Hauptfigur und Drachen gegeben, dadurch dass es eine Freundschaft zwischen Drache und Mensch gibt und dass alles in einer Fantasywelt spielt. Das trifft natürlich auch irgendwie auch auf Die unendliche Geschichte und eine Reihe weiterer Bücher zu ... Ebenso gibt es Unterschiede. Allein durch die verschiedenen Schreibstile und das Maß an Humor, aber auch inhaltlich: Anders als in Eragon gibt es im Drachenflüsterer beispielsweise keine epischen Schlachten, sondern den persönlichen Widerstand weniger Außenseiter, mehr Robin Hood als Der Herr der Ringe, wenn man so will. Zudem schlüpfen Drachen nicht aus Eiern, sondern wachsen im Schoß der Erde oder in Felsen oder Bäumen heran, und ihre Freundschaft zu Menschen ist nicht vorherbestimmt.

Literatopia: Mit „Gebissen“ hast auch Du Dich dem in den letzten Jahren immer beliebter gewordenen Thema Vampire angenommen. Wie sind Deine Blutsauger? Entsprechen sie skrupellosen Nachtdämonen oder haben sie auch menschliche Seiten?

Boris Koch: Nun ja, Mensch sein und skrupellos schließt sich ja nicht aus … Aber im Ernst: Ich habe ihnen nicht viele nette Seiten gelassen, es sind keine romantischen Monster, sondern sie haben ihre Menschlichkeit hinter sich gelassen. Mir ging es bei ihnen – und bei den ebenfalls auftauchenden Nephilim – mehr darum, die Unterschiede herauszuarbeiten. Das ist keine Das-Monster-ist-auch-nur-ein-(tragischer)-Mensch-Geschichte, sondern eher eine Wehr-dich-gegen-das-Monster-Geschichte, selbst wenn es ein Teil von dir ist.

Literatopia: Die beiden von Dir herausgegebenen „Gothic“-Anthologien präsentieren sich ebenfalls sehr düster. Wonach hast Du die Autoren für diese Anthologien ausgewählt? Und was bedeutet „Gothic“ für Dich?

Boris Koch: Bei der Auswahl der Autoren ging es mir darum unterschiedliche Stile und Stimmen zusammenzubringen, die jedoch alle irgendwie ein Faible für das Dunkle haben. Autoren, die schon Horror geschrieben hatten oder es gern lasen, von manchen kannte ich den düsteren Musikgeschmack oder wusste von einem Faible für den expressionistischen Film, der ja viel mit Schatten und grotesk verzerrten Kulissen arbeitet.
Bei Gothic denke ich in erster Linie an die Musik, und da – aufgrund des persönlichen Geschmacks – zuerst an frühere, rockigere Bands. Erst dann kommt mir die klassische Gothic Novel in den Sinn, und dann der Baustil.

Literatopia: Was schreibt sich schwieriger: Eine gute Kurzgeschichte oder ein Roman? Kann man beides überhaupt miteinander vergleichen? Und worauf muss man als Autor achten, um dem Leser auf den vergleichsweise wenigen Seiten einer Kurzgeschichte Charaktere richtig nah zu bringen?

Boris Koch: Es gibt keinen allgemein gültigen, objektiven Maßstab, was schwieriger ist, dem einen fällt dies leichter, dem anderen das. Vor allem darf man sich beim Schreiben nicht selbst sagen, dass etwas weniger schwierig ist, dann ist die Gefahr groß, es auch leichter zu nehmen und nachlässig zu werden, dabei haben Kurzgeschichten und Romane dieselbe Sorgfalt verdient.
Natürlich kann die Figur einer Kurzgeschichte einem Leser nicht so nahe sein wie die einer mehrbändigen Reihe, mit der man viel mehr Zeit verbringt. Doch mag in der Kurzgeschichte auch der Raum für ausführliche Beschreibungen von Aussehen und Kleidung, für Informationen zu Familie, Freunden und Job, für Rückblicke in Kindheit oder zur ersten enttäuschen Liebe oder ähnlichem fehlen, bleibt die Frage: Ist das wirklich wichtig? Fiebert ein Leser mit einer Figur mit, weil er weiß, welches Bier sie am liebsten trinkt und welchen Sport sie jeden Freitag treibt? Nein, entscheidend ist immer das, was sie erlebt, fühlt, erfährt, denkt, also die eigentliche Geschichte. Und hier muss man in der Kurzgeschichte eben ein entscheidendes Ereignis, eine Begegnung oder eine zentrale Beziehung haben, die den Leser sofort berührt, ein Konflikt, der sofort deutlich wird. Man darf die Figur nicht getrennt von der Geschichte entwickeln und beschreiben, sondern sie zeigt ihren Charakter in dem, was sie tut, denkt und fühlt, so wird sie plastisch; und das muss man eben mit pointierten Äußerungen oder kleinen Gesten hinbekommen, die etwas im Leser auslösen, nicht durch lange Beschreibungen und komplexe Zusammenhänge, die ausufernde Erklärungen verlangen.

Literatopia: „Der Schattenlehrling“ zeigt als Shadowrun-Roman eine düstere Zukunftswelt mit Fantasyelementen. Was hat Dich damals an dieser Mischung gereizt? Und hast Du Dich auch abseits von Shadowrun mit dem Thema Cyberpunk beschäftigt?

Boris Koch: Grundsätzlich reizen mich alle möglichen Mischungen, zudem habe ich Anfang der 90er Jahre das Spiel gespielt.
Aus dem Cyberpunk habe ich das ein oder andere Buch gelesen, gerade John Shirleys Eclipse-Trilogie hat mich sehr begeistert. Ich mochte das Rohe, das Wütende an den Büchern, überhaupt hat mich der Punk-Anteil am ganzen Genre mehr gereizt als der Cyber-Anteil.

Literatopia: Wie man an Deiner Bibliographie unschwer erkennen kann, bietest Du Deinen Lesern viel Abwechslung. Über Fantasy und Science Fiction bis hin zu Jugendkrimis ist alles dabei. Woher kommt diese Vielseitigkeit bei Dir?

Boris Koch: Da habe ich nie groß drüber nachgedacht, ich finde das normal. Ich lese unterschiedliche Bücher, höre unterschiedliche Musik, interessiere mich für unterschiedliche Themen, ich kann und konnte mir nie vorstellen, nur in einem Genre zu schreiben. Ich hätte da auch zu viel Angst, immer wieder in dieselben Muster zu verfallen, mich zu leicht zu wiederholen. Auch kann man in unterschiedlichen Genres dem gleichen Thema unterschiedliches abgewinnen, und manche Themen gehen eben nur in einem bestimmten Genre. Über Drachen kann ich in einem realistischen Gegenwartsroman schlecht schreiben, über Fußball dagegen nicht in der High Fantasy. Wenn ich der Frage nachgehe, was Jugendliche am Happy Slapping fasziniert, dann ist dafür eben ein Krimi geeignet, der jugendliche Protagonisten hat und keinen Kommissar.

Literatopia: Du bist auch als Redakteur tätig, unter anderem für das Magazin „Mephisto“. Beeinflusst die Arbeit als Redakteur Deine Arbeit als Autor? Blickst Du dadurch kritischer auf die eigenen Werke?

Boris Koch: Auf die eigenen Werke schaue ich sowieso kritisch, das passiert ja automatisch beim Überarbeiten; da sucht man wieder und wieder die Schwachpunkte, um sie auszumerzen … Es ist auch ein anderes Arbeiten, als Redakteur muss ich fertige Bücher einschätzen, muss passende Fragen für Interviews finden, muss die Intention des Autors herauslesen, während ich als Autor meine Bücher ja umschreibe und meine Intention hineinpacke. Es ist eher so, dass die Autorentätigkeit die Redakteursarbeit erschwert.
Doch bin ich durch die Arbeit als Redakteur und in der Otherland-Buchhandlung recht umfassend informiert, was in der Phantastik passiert, habe viele Bücher in der Hand zum Reinlesen und zahlreiche Kollegen interviewt. Durch diese Kontakte erfahre ich von anderen Sichtweisen auf das Schreiben, und andere Sichtweisen sind immer gut, das eigene Tun zu hinterfragen.
Viel wichtiger in dieser Hinsicht ist aber die Lesebühne Das StirnhirnhinterZimmer, wo Christian von Aster, Markolf Hoffmann und ich (manchmal auch ein Gast) zu einen bestimmten Thema jeden Monat einen Text verfassen. Dort kann ich seit sechs Jahren ihre Herangehensweise beobachten und für mich Dinge herausziehen, wie auch bei der Zusammenarbeit bei Romanen mit Kathleen Weise (Der Königsschlüssel) und Jörg Kleudgen (365 Grad); mit beiden habe ich auch schon gemeinsam Kurzgeschichten verfasst. Wenn man sieht, wie andere Autoren mit derselben Figur umgehen, wie sie dieselbe Geschichte aufbauen, welche Schwerpunkte sie setzen, und das auch im Schreibprozess, also in der Rohfassung, das bringt viel für das eigene Schreiben. Zumindest war es bei mir so.

Literatopia: Mit „Edition Medusenblut“ hast Du Deinen eigenen kleinen Verlag ins Leben gerufen. Was finden geneigte Leser dort?

Boris Koch: Überwiegend dunkle Phantastik, aber auch böse Grotesken. Die aktuellsten Titel sind ein Sammelband mit „Heavy-Metal-Phantastik“ von Michael Tillmann mit Titel Ein Gänsekiel aus Schwermetall sowie Weihnachtsgeschichten aus dem StirnhirnhinterZimmer mit Geschichten von Markolf Hoffmann, Christian von Aster und mir. Dazu kommen verschiedene Bände mit Horrorkurzgeschichten, ein wenig dunkle SF oder die wirklich durchgeknallte (auch formal) Novelle Der Drache regt sich von Simon Weinert.

Literatopia: AKW lautet der Name Deines Musikprojekts in Zusammenarbeit mit Eddie M. Angerhuber und Thomas Wagner. Erzähl uns doch bitte ein wenig davon. Wie absurd sind Eure Texte denn wirklich? Und was ist „Dada-Pop“?

Boris Koch: Das Projekt existiert seit Jahren nicht mehr, und Thomas Wagner war auch der einzige richtige Musiker von uns. Das Ganze lief damals mit sehr viel mehr Alkohol als Ernst ab und die Texte waren doch einigermaßen absurd. Zum Beleg schnell der Auftakt von Elegie an einen gelben Hut:

Der Wolf meiner Sehnsucht heult im Wald deiner Verneinung,
Mit Trotz in der Kehle pisst er dann die Bäume an.
Selbst die Kartoffeln trauen dir nicht mehr; sie tanzen einen neuen Tango in
der Urne deiner Einfalt.
Schmäht die Kartoffeln nicht, die ehrenvoll auf kahlem Winterfeld die Stellung
wahren,
schmäht die phallischen Karotten, die passiv, faltig, reglos feig in Mutter Erde stecken

Und so weiter. Andere Songs hießen Neonzebra, Wisch die Scham von deiner Seele oder Die Knochen meiner Unschuld. Wir hatten einfach Spaß und uns nicht mehr dabei gedacht.

Literatopia: Mal ehrlich, Du scheinst ein echtes Multitalent zu sein. Wie bringst Du all Deine Projekte unter einen Hut, ohne, dass Du sprichwörtlich in der Luft zerrissen wirst?

Boris Koch: Nun ja, Multitalent. Ich sehe vor allem mein fehlendes Talent in der Musik, beim Kicken in der Freizeitliga, bei früheren Versuchen zu zeichnen, usw. Mehr Multiversucher als Talent ...
Dennoch ist es schwer, alles unter einen Hut zu bringen, gerade Medusenblut hat in den letzten Jahren sehr unter meinem Zeitmangel gelitten und war zeitweise fast auf Eis gelegt. Und um nicht in der Luft zerrissen zu werden, arbeite ich üblicherweise auch Samstag und Sonntag.

Literatopia: Wann hast Du das erste Mal zur Feder – oder eher zur Tastatur – gegriffen? War das Schreiben schon immer eine Deiner Leidenschaften oder kam die Liebe zum geschriebenen Wort eher unverhofft?

Boris Koch: Beim ersten Mal war es abwechselnd Bleistift und Kugelschreiber, ich habe erst verhältnismäßig spät einen Rechner gekauft.
Gelesen habe ich schon immer viel, die ersten selbst verfassten Texte mit etwa 15, 16, 17 waren aber – von einer Ausnahme abgesehen – nur für mich bestimmt, sogar überwiegend Lyrik. Ich habe kein Tagebuch geschrieben, aber mit diesen kurzen Texten konnte ich Gedanken, Frust, Enttäuschungen und Wut zu Papier bringen; seltener positive Gefühle; Freude musste ich nicht aufschreiben.
Dann habe ich bei einem Schreibwettbewerb teilgenommen und glücklicherweise nicht gewonnen, weil die Erzählung damit unveröffentlicht blieb, und sie war, nun ja, drücken wir es mal freundlich-diplomatisch aus: nicht so gut ...
Die nächste Erzählung habe ich dann an Jörg Kleudgens kleinen Verlag Goblin Press geschickt, und sie wurde angenommen und 1993 veröffentlicht, während ich mit meinen kläglichen Versuchen am E-Bass parallel nicht weiterkam. Irgendwie hat mich das geschriebene Wort also immer begleitet, wenn auch anfangs vor allem das fremder Autoren. Bestimmend wurde es für mich dann Anfang zwanzig.

Literatopia: Wenn Du Zeit zum Lesen findest: Mit welchen Genres hast Du am meisten Spaß? Deckt sich Dein Lesegeschmack mit deinen Büchern oder bist Du als Leser lieber in ganz anderen Welten unterwegs?

Boris Koch: Wirklich ganz querbeet, vom Klassiker bis zu den Neuheiten von Kollegen. Mich interessieren Geschichten, zu welchem Genre sie letztlich gehören, ist mir vollkommen egal. Am liebsten ist es mir sogar, wenn sie sich einer allzu leichten Einordnung verweigern.

Literatopia: Du bist nun schon eine Weile im Geschäft und hast schon viele Veranstaltungen erlebt. Bist Du trotzdem noch vor Lesungen nervös? Und gab es ein Erlebnis, das Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Boris Koch: So richtig nervös bin ich eigentlich nicht mehr. Natürlich gibt es eine leichte Anspannung, aber das gehört dazu, das will ich auch gar nicht missen.
Erlebnisse sind mir mehrere in Erinnerung geblieben, positive wie meine erste Lesung in einem großen Kinosaal auf dem Wave Gotik Treffen 2002 vor mehr Leuten als erwartet oder als negatives Highlight die Lesung vor lediglich vier Leuten auf einem Silvester-Festival vor einigen Jahren, von denen einer mein Buchverkäufer war, einer der Kollege, der nach mir mit Lesen dran war, einer ein Freund und die vierte, die einzige wirkliche Besucherin, ist bei der zweiten Kurzgeschichte aufgestanden und gegangen … Es gab freundliche Buchhändler und eine Buchhändlerin, die noch während der Fragerunde angefangen hat, die ersten Stühle aufzuräumen, engagierte Lehrer und unvorbereitete, und bei einer Schullesung zur letzten Leipziger Buchmesse hatte die Schule einen riesigen Drachen aus ihrem Theaterfundus neben meinem Tisch platziert und Autogrammkarten mit einem selbstgezeichneten Drachen kopiert, damit ich sie jedem Schüler signieren kann. Das war wirklich schön, aber mit richtig aufsehenerregenden Anekdoten kann ich leider nicht dienen, es gab nie wilde Sexorgien im Backstagebereich, wenn du auf so etwas spekuliert hattest; und wenn, wäre ich diskret genug, das zu verschweigen ...

Literatopia: Hast Du schon Pläne für 2012? Wird es beispielsweise eine weitere „Gothic“-Anthologie geben? Und welchem Genre wirst Du Dich mehr zuwenden – Fantasy oder Science Fiction?

Boris Koch: Eine weitere Gothic-Anthologie wird es nicht geben, obwohl die Titelgebung der ersten beiden ja geradezu nach einer darkest stories schreit. Wobei das in einem Jugendbuchverlag auch so eine Sache ist … Wie auch immer, der Verlag wollte nicht mehr und hat sich mit der nächsten Anthologie Lust.Liebe.Sex. einem anderen Thema zugewandt. Da war ich jedoch lediglich als Autor dabei, nicht als Herausgeber.
Was das Genre anbelangt, so kann ich dir für die nächsten Projekte keine Gewichtung nennen. Wie ich sagte, ich schätze die Abwechslung, es wird also immer beides geben, aber auch anderes. Für Jugendliche oder Erwachsene, Romane und Kurzgeschichten, vielleicht auch wieder ein kurzer Comic. Nach Rückkehr ins StirnhirnhinterZimmer und Sabotage ist auf jeden Fall erstmal wieder ein Jugendbuch dran, jedoch weder High Fantasy noch Science Fiction. Mehr dazu wird noch nicht verraten ...

Literatopia: Vielen Dank für das schöne Interview, Boris!


Autorenfotos: Copyright by Anna Kuschnarowa

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Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.