Mona Vara (15.07.2011)

Interview mit Mona Vara

Literatopia: Hallo Mona! Schön, dass Du Dir etwas Zeit genommen hast, um uns ein paar Fragen zu beantworten. Erzählst Du uns zu Beginn ein bisschen über Dich: Wer bist Du und welche Art von Büchern schreibst Du?

Mona Vara: Hallo Angelika! Sehr gern, ich freue mich darüber! Was mich betrifft: Meine Geburts- und Heimatstadt ist Wien. Beruflich hatte ich meist abwechslungsreiche Jobs, die allerdings nie viel Spielraum für Kreativität offen ließen, weshalb ich in der Freizeit versucht habe, einen Ausgleich zu schaffen. Auf diese Weise hat das Schreiben vor vielen Jahren als Hobby begonnen und wurde mit der Zeit zu einem gleichwertigen Job neben den anderen.

Sehr gern schreibe ich Erzählungen mit historischem Hintergrund, weil mir das Recherchieren Freude macht und ich mit meinen Figuren noch tiefer in die damalige Zeit eintauchen, sie sozusagen miterleben kann. Aber meine Geschichten müssen nicht unbedingt in der Vergangenheit spielen, auch Gegenwart und Zukunft sind sehr reizvoll für mich.

Literatopia: Im Mai 2011 erschienHexentöchter als einer Deiner ersten Romane im Heyne Verlag. Im Mittelpunkt die junge Charlie, die versucht in den Straßen Londons ihren Bruder zu finden, dabei jedoch auf einen dunklen Fremden trifft. Magst Du uns vielleicht ein bisschen mehr erzählen?

Mona Vara: Bei Charlies Geschichte geht es darum, dass sie ihrer Vergangenheit auf die Spur kommt, in der Veilbrook eine zwielichtige Rolle spielt. Ihrer beider Beziehung beginnt damit, dass er Charlie für eine Bordellhexe hält und sie mieten will. Da Charlie durch ihren Bruder, der zum Vampir geworden ist, jedoch andere Sorgen hat, steht sie Cyrills Gelüsten wenig verständnisvoll gegenüber. Dieser weiß allerdings ihre Zwangslage zu nützen, und als ihr Bruder in Gefahr gerät, erpresst er sie. Und damit beginnt die eigentliche Geschichte, in der Charlie in die Machtgelüste neuer Vampirgruppen hineingezogen wird, und nicht nur ihr Familiengeheimnis, sondern auch Veilbrooks Vergangenheit ans Tageslicht kommt. (Hexentöchter erschien schon 2010 bei Plaisir d’Amour und wurde so wie „Im Harem des Prinzen“ bei Heyne als Lizenz veröffentlicht.)

Literatopia: Faszinierend präsentiert sich vor allem der finstere Lord Veilbrook. Ein mutiger, wundervoller Protagonist. Wie leicht oder schwer ist es Dir gefallen, für ihn einen passenden Gegenpart zu finden. Oder war doch eher Sturkopf-Charlie aller Dinge Anfang?

Mona Vara: Das kann ich jetzt gar nicht mehr sagen – die Idee zu dieser Geschichte habe ich schon vor etlichen Jahren skizziert, bis dann ein Roman daraus wurde. Ich glaube fast, Charlie und Veilbrook sind damals mehr oder weniger zugleich entstanden. Zumindest scheint es mir jetzt so, als hätte es nie anders sein können.

Literatopia: Geheimnisvoll und aufregend schilderst Du die nächtlichen Straßen Londons. Was fasziniert Dich so sehr an dieser Stadt? Hast Du sie schon einmal besucht und wenn ja, was hat dir am Besten gefallen?

Mona Vara: Mein letzter Besuch in London muss jetzt schon vier Jahre her sein, und da war es nicht mehr als ein Tagesauflug vom Süden Englands, weil ich unbedingt William Turners wegen in die Tate Gallery wollte. Davor war ich zweimal in London. Wenn ich an diese Stadt denke, dann kommt mir zuallererst immer der Anblick der Houses of Parliament in Erinnerung – vom anderen Ufer aus gesehen, von der Sonne in Licht getaucht. Das reinste Postkartenmotiv. Die nächtlichen Londoner Slums zu Königin Viktorias Zeit kenne ich natürlich nur aus Geschichtsbüchern, und die sich bei den Hexentöchtern darin tummelnden Vampire und Dämonen hat es hoffentlich nicht wirklich gegeben - die Slums und Lebensumstände der damaligen Zeit wirken so schon erschreckend genug.

Literatopia: Ob Freibeuter in der Karibik, Vampire in London oder byzantinische Sklaven: wie wichtig war und ist es für Dich Deinen Lesern Unterschiedliches zu bieten? Empfindest Du ein gewisses Maß an Wandlungsfähigkeit für den Erfolg eines Autors unerlässlich?

Mona Vara: Wandlungsfähigkeit nur insofern, als jeder Autor oder jede Autorin an sich arbeitet - oder arbeiten sollte. Man lernt ja in keinem Beruf je wirklich aus und verändert sich stetig. Wenn jemand ein bestimmtes Genre oder Thema bevorzugt – weshalb nicht? Als Leserin verfolge ich gern längere Serien mit demselben Grundthema, die in der selben Zeit oder am selben Ort spielen. Ich denke hier zum Beispiel an die in Florenz spielenden Krimis von Magdalen Nabb oder Elizabeth Peters historische Krimireihe um Amelia Peabody, mit dem Schwerpunkt auf ägyptischen Ausgrabungen. Mich treibt eher die eigene Neugier zu verschiedenen geschichtlichen Settings - die Beschäftigung damit ist für mich immer ein Teil der Freude am Schreiben.

Literatopia: Der Großteil Deiner Romane sind im Plaisir d'Amour Verlag erschienen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Hast Du es auf Gut-Glück versucht oder von Beginn an die Hilfe einer Agentur in Anspruch genommen?

Mona Vara: Zu Plaisir d’Amour kam ich, weil ich die Verlegerin, Angela Weiß, schon Jahre kannte, ehe der Verlag überhaupt in dieser Form entstand. Meine erste Leseprobe habe ich ihr geschickt, um zu sehen, was sie überhaupt von meiner Art zu schreiben, hält - es handelte sich eine Szene aus einem Science Fiction Roman. Die Agentur kam erst viel später dazu.

Literatopia: Laut Verlagsbeschreibung ruht Dein größtes Augenmerk auf Romantik und Liebesgeschichte. Aber auch Erotik prägt Dein Schreiben. Welche Dinge muss man berücksichtigen, um gute Erotik zu verfassen? Und wie schmal ist für Dich der Grad zwischen zu wenig und zu viel?

Mona Vara: Es gibt für mich kein zu wenig oder zu viel, das liegt allein am Geschmack des Autors und der Leser. Wenn ich einen Liebesroman à la Georgette Heyer lese, so genügt mir die Erotik in Blicken, kaum merklichen Berührungen, in Andeutungen. Schlage ich allerdings ein BDSM-Buch auf, so erwarte ich mir eine heftigere Lektüre. Erotik umfasst ja ein sehr breites Spektrum, das schon bei einem Blick beginnt und bei - hoffentlich - gutem Sex endet. Wichtig bei Erotik, die ich gerne schreibe oder gerne lese oder lebe, ist für mich allerdings immer auch die Beziehung, die Spannung zwischen den Personen. Aber auch Porno, ohne wesentliche Entwicklung zwischen den Personen, ohne liebevollere Beziehung, und sei sie auch nur kurz, kann zur richtigen Zeit reizvoll sein. Geschmack ist immer eine sehr persönliche Sache.

Literatopia: Happy Ends sind Dir sehr wichtig. Kannst Du, oder möchtest Du nicht auf einen glücklichen Ausgang verzichten? Und woher diese unerschütterliche Leidenschaft, eine niemals ohne einem glücklichen Ausgang enden zu wollen? Ein Muss des Genres?

Mona Vara: Nein, nein, das ist keine unerschütterliche Leidenschaft. Im Gegenteil, manche Erzählungen leben ja gerade davon, dass man nicht weiß, wie sie ausgehen und das tragische Ende die ganze Lesezeit über drohend über einem schwebt und dann vielleicht auch eintrifft. Wenn ich allerdings einen romantischen Liebesroman in die Hand nehme, dann hoffe ich doch, dass am Ende die Protagonisten nicht auf die eine oder andere Art dahinsterben, sondern sich finden und zumindest den Schluss des Romans überleben. Ein erfreuliches Ende gehört für mich zur Liebesroman-Unterhaltungsliteratur, sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen. Bei meinem allerersten Roman habe ich den Helden am Schluss sterben lassen. Ich war tagelang schlecht gelaunt, bis er wiederauferstehen durfte. ... Jetzt lebt er also immer noch.

Literatopia: Wenn Du nur einen Deiner Romane empfehlen dürftest, welchen würdest Du wählen und warum? Gibt es unter Deinen Werken einen besonderen Liebling? Oder einen dir sehr ans Herz gewachsenen Protagonisten

Mona Vara: Das fällt mir ein bisschen schwer, denn mein Liebling ist immer die Geschichte, an der ich gerade schreibe, weil ich dann am tiefsten involviert bin und die Protagonisten am besten kenne. Sehr lange haben mich die Figuren meiner „Süßen Verführung“ beschäftigt, weit über die Schreibzeit hinaus. Vielleicht auch deshalb, weil der Roman in East Sussex und an den Klippen (die Seven Sisters) spielt, die ich so liebe. In der Geschichte geht es um die junge, freche Schottin Sophie, die zur Strafe von ihrem Vater nach England geschickt wird, um bei einer strengen Tante ein Mindestmaß an Erziehung zu „genießen“. Statt dessen bringt sie sich wieder in Schwierigkeiten und muss schließlich sogar heiraten, um ihren Ruf zu retten. Ihr neuer Aufpasser ist der geplagte Edward Harrington, der dann auch alle Hände voll zu tun hat, um sie davor zu bewahren, sich gleich mit einer ganzen Schmugglerbande anzulegen.

Literatopia: Im Mai erschien unsere zweite Ausgabe des „Phantast“, einem Literaturmagazin für phantastisch orientierte Leser. Was denkst Du über solche PDF-Publikationen? Liest Du selbst auch das ein oder andere Literaturmagazin und wenn ja, verrätst Du uns welches?

Mona Vara: Gedruckt lese ich regelmäßig „Buchkultur“, die „Elfenschrift“ und den „LoveLetter“. Online oder PDF Publikationen finde vor allem bei Fachliteratur sehr praktisch. Man kann sie bequem herunterladen, leicht darin blättern und darin suchen. Was den „Phantast“ betrifft, so finde ich ihn sehr interessant gemacht, sehr aufwendig und umfassend. Mit den Covers und Bildern ist er zudem ein wahrer Augenschmaus auf dem Bildschirm. Und gefährlich ... ich habe hier etliche Bücher entdeckt, die ich gern lesen möchte. Womit wir auch gleich zur nächsten Frage kommen ... :o)

Literatopia: Bleibt Dir in Deiner Freizeit wirklich noch genügend Luft zum gemütlichen Lesen? Welcher Bücher bevorzugst Du und die Frage aller Fragen: Welcher Autor ist Dein persönlicher Favorit?

Mona Vara: O ja, die Zeit zum Lesen bleibt mir immer. Zumindest immer wieder, und manchmal durchlebe ich geradezu Lesesuchtzeiten. Das sind dann jene Tage (Wochenenden), an denen meine Bücherstapel schrumpfen, um danach – in der lesemageren Zeit - wieder anzuwachsen.

Wenn ich meine Bücherregale so ansehe, dann sind sie bunt durchmischt: Historische Kriminalromane und solche, die in der Gegenwart spielen, Science Fiction, historische Romane ganz allgemein, Biografien, Liebesromane, Fantasy, paranormale Romane. Favoriten unter den Autoren habe ich verschiedene. Bei Seefahrer-Romanen ist es ohne Zweifel Patrick O’Brian, der für mich auch vom Stil her erstklassig schreibt. Dorothy Dunnett darf ich natürlich nicht vergessen, die mir sehr lesesüchtige Zeiten beschert hat. Bei den paranormalen ist es Charlaine Harris, und vor kurzem habe ich C.J. Sansom entdeckt, dessen Kriminalromane zur Zeit von Heinrich VIII spielen. Ja, und John Katzenbach. Hm, es tut mir leid, ich kann mich nicht auf einen Autor, nicht einmal auf einige beschränken … Wahrscheinlich sollte ich die Frage so beantworten: Meine Favoriten sind all jene Autoren und Autorinnen, bei denen ich kaum das nächste Buch erwarten kann.

Literatopia: Ordnungsmensch oder Chaostiger? Welches von beiden trifft auf Dich zu und wie weit hat Dich diese Eigenschaft beim Schreiben behindert oder unterstützt?

Mona Vara: Etwas von beidem. Meine chaotische Seite: Ich schreibe einen Roman nur ganz selten durchgehend von der ersten bis zu letzten Seite, sondern notiere oder tippe laufend und querbeet alle Szenen, die mir zu der Geschichte einfallen, springe also in der Erzählung hin und her, bis ich dann alles mehrmals von der ersten Seite bis zur letzten durcharbeite. Und meine Ordnungsseite: Wenn ich schreibe, muss der Schreibtisch sauber und ordentlich sein.

Literatopia: Wo und wann schreibst Du? Brauchst Du ein gewisses Umfeld, um in Stimmung zu kommen, oder könnte um Dich herum die Welt im Chaos versinken, während Du tief konzentriert die Tasten zum Glühen bringst?

Mona Vara: Das ist nett gesagt. Ja, es stimmt schon, wenn ich ganz in der Geschichte drinnen bin, dann könnten die Tasten unter Umständen wirklich zu glühen beginnen, dann kommen die Finger gar nicht mit der Erzählung nach. Und sonst brauche ich Ruhe um mich herum. Wenn jemand in der Wohnung herumläuft und mich alle paar Minuten anspricht, oder dreimal hintereinander das Telefon läutet und ich herausgerissen werde, werde ich grantig. Das Schöne beim Schreiben – und beim Lesen - ist ja, dass man in Ruhe ganz in die Geschichte eintauchen kann.

Literatopia: Was dürfen wir in naher und auch ferner Zukunft von Dir erwarten? Wird es wieder neue Schauplätze geben? Vielleicht sogar einen anderen Schwerpunkt? Oder orientierst Du Dich an Altbewährtem?

Mona Vara: Als nächstes kommt meine Tochter der Schatten bei Heyne heraus. Und sonst weiß ich noch nichts Konkretes, Ideen habe ich wie immer viele – zu viele vielleicht sogar -, aber vorerst will ich den Sommer zum ersten Mal seit Jahren so richtig genießen und vor allem in meiner Freizeit lesen.

Literatopia: Danke für das ausführliche Interview, Mona!

Mona Vara: Ich bedanke mich ebenfalls! Liebe Grüße aus Wien!



Dieses Interview wurde von Angelika Mandryk für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.