Egmont Lyx (Februar 2011)
broschiert mit Klappe, Trade Paperback
Seiten: 432, 12,99 EUR
ISBN: 978-3-8025-8265-3
Genre: Fantasy / Steampunk
Klappentext
DIE WELT STEHT AM RAND DES ABGRUNDS ...
London 1897. Der Konflikt zwischen den beiden Magierfraktionen des Silbernen Kreises spitzt sich zu. Der Usurpator Wellington hat mit seinen Gefolgsleuten die Macht an sich gerissen und hält die Anhänger Dunholms, darunter Jonathan und seine Mitstreiter, gefangen. Diesen läuft die Zeit davon. Die Wahre Quelle der Magie muss unbedingt geschlossen werden, sonst ist die Menschheit dem Untergang geweiht …
Rezension
Nachdem „Für die Krone“ mit einem regelrechten Paukenschlag endete, müssen sich die Charaktere nun in „Gegen die Zeit“ erst einmal neu orientieren. Jonathan und Kendra sitzen mit den Anhängern Dunholms in schäbigen Verließen unter der Guildhall des Ordens des Silbernen Kreises fest. Währenddessen befindet sich Randolph mit Sedgewick, Kendras in einer Art magischen Tiefschlaf gefallenen Großvater und ihrer Geisel McGowan auf der Flucht. Doch die Truppe schmiedet bereits Pläne, wie sie ihre gefangenen Freunde befreien können. Randolph hat schließlich eine einfache und auch sehr zerstörerische Idee, die das geheime Versteck des Ordens an die Öffentlichkeit bringt. Doch zuvor lassen der Widersacher Wellington und seine Leute alle Beweise für die Existenz des Magierordens verschwinden. Und die Geschehnisse in London erregen bereits die Aufmerksamkeit einer Magieeinheit des Vatikans, der eine Agentin ausschickt, um den Gegnern Wellingtons beizustehen …
Bernd Perplies macht es seinen Lesern wahrlich nicht leicht. Viele Handlungsstränge erzwingen aufmerksames Lesen, wobei die Spannung ihren Teil beiträgt, die Konzentration zu behalten. Doch entsprechend der großen Anzahl an Charakteren in verschiedensten Situationen gestaltet sich der Anfang ein wenig langatmig. Es gilt zunächst, sich einen Überblick zu verschaffen, wo wer nach dem explosiven Ende des ersten Bandes geblieben ist und vor allem, welche Ressourcen diesen Personen noch zur Verfügung stehen. Doch auch wenn man einige Monate auf die Fortsetzung warten musste, so ist man dennoch sofort wieder in den Geschehnissen drin. Die ersten Seiten sind ein klein wenig vorhersehbar, denn es ist klar, dass Jonathans Weg nicht einfach zu Ende sein wird und dass Dunholms Anhängern die Flucht gelingen muss. Doch der Weg dorthin ist beschwerlich und fordert so manches Opfer, das den Leser schmerzen wird. Der Autor geht nicht gerade zimperlich mit seinen Charakteren um und so muss man sich leider auch von der ein oder anderen liebgewonnen Person verabschieden. Dafür treten neue Charaktere in Erscheinung, die jede Menge Spannungspotential mitbringen – leider greifen sie über weite Teile noch nicht ins Geschehen ein. Und für Jonathan persönlich gibt es einen neuen, recht ungewöhnlichen Begleiter.
Auch der zweite Band der „Magierdämmerung“ punktet vor allem mit seiner kunstvollen Sprache, die hervorragend zur damaligen Zeit passt und den deutschen Wortschatz weiträumig ausnutzt. Dennoch ist der Roman gut zu lesen, vor allem durch die ein oder anderen nicht ganz zeitgemäßen Aussprüche. Bernd Perplies trifft die richtige Mischung zwischen historischem Feeling und Verständlichkeit und beschert dem Leser ein filmreifes Lesevergnügen. Die Steampunk-Elemente nehmen im zweiten Band etwas zu, doch insgesamt überwiegt weiterhin der Fantasyanteil. Die Nautilus, die inzwischen mit ihrer ehemaligen Besatzung verschmolzen und zu einer Art Lebewesen erwacht ist, jagt dem Leser den einen oder anderen Schauer über den Rücken. Das Innenleben des Tauchbootes wird dabei so eindrücklich beschrieben, als wäre man als Leser wirklich dort. Auch andere Maschinen und zum Leben erwachte Gegenstände begeistern den Leser, der sich sicherlich mehr davon wünschen wird.
Das Fadennetzwerk als Grundlage der Magie wird weiter ausgebaut und dem Leser näher gebracht. Mit diesem Fadenkonzept wirkt die Magie keinesfalls wundersam und zufällig. Sie ist Beschränkungen unterlegen, die sich aus ihrer Natur ergeben. Die Magier besitzen keine übermenschlichen Kräfte, die sich niemand erklären kann – ihre magische Begabung hängt gänzlich von ihrer Fähigkeit ab, das Fadennetzwerk zu manipulieren. Wobei Bernd Perplies seinen Lesern dieses Mal mehr als nur das sichtbare Fadenwerk der Wahrsicht bietet: auch ein Blick auf die reine Magie wird gewährt, die zwar nicht überrascht, aber dennoch beeindruckt. Für verschiedenste Probleme findet der Autor meist elegante Lösungen, die ebenfalls der Magie geschuldet sind. Durch die selbst auferlegten Beschränkungen gestaltet sich das zwar manchmal schwierig, macht dafür aber umso mehr Spaß beim Lesen. Das Ende bleibt wieder einmal relativ offen und es dürfte nun auch dem letzten Leser klar sein, dass die „Magierdämmerung“ eigentlich ein einziger Roman ist, der aufgrund seiner Größe in drei wunderschön gestaltete Bücher ausgespalten wurde.
Fazit
„Magierdämmerung – Gegen die Zeit“ liest sich wie die Vorbereitung auf ein großes Finale. Nach dem explosiven Ende des ersten Bandes müssen sich die Protagonisten erst einmal neu sortieren und ihre Möglichkeiten überdenken. Bernd Perplies löst verschiedenste Probleme dabei auf elegante Weise und bietet auch mit dem zweiten Band einen stimmungsvollen und spannungsgeladenen Roman, der mit viel Humor und einem genialen Stil überzeugt.
Pro & Contra
+ herrlich atmosphärisch
+ sympathische Protagonisten mit allerlei Macken
+ kunstvoller und dennoch gut zu lesender Schreibstil
+ spannungsgeladen bis zum Schluss
+ elegante Lösungen für verschiedenste Probleme
+ mehr Steampunk-Elemente
+ humorvolle Szenen (vor allem mit Holmes)
o typischer „Brückenband“ einer Trilogie
- Nebencharaktere werden teilweise „verheizt“
- zwischendurch ein wenig vorhersehbar
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5
Interview mit Bernd Perplies (2014, zu "Imperium der Drachen")
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