S.Fischer Verlag (April 2011)
gebunden, mit Schutzumschlag und Leseband
352 Seiten, EUR 19,95
ISBN: 9783100954015
Genre: Belletristik
Klappentext
Als Óscar Drai das Mädchen Marina trifft, ahnt er nicht, dass sie sein
Leben für immer verändern wird. Mit ihrem Vater lebt sie in einer alten
Villa wie in einer vergangenen Zeit. Marina bringt Óscar auf die Spur
der mysteriösen Dame in Schwarz, und bald befinden sich die beiden
mitten in einem Albtraum aus Trauer, Wut und Größenwahn, der alles
Glück zu zerstören droht.
Rezension
Zafón bezeichnet „Marina“
selbst als seinen persönlichsten Roman. Und in der Tat ist die
Geschichte um den jungen Óscar, der das ebenso geheimnisvolle wie
schöne Mädchen Marina kennen lernt, eine bewegende und ergreifende
Exkursion in das – wie sollte es anders sein – Barcelona der frühen
1980er Jahre und darüber hinaus eine Geschichte, deren Themen so
überzeugend umgesetzt sind, dass man Zafóns persönliche Beziehung zu dieser beinahe spüren kann.
Trotzdem „Marina“ oft in einem Atemzug mit Zafóns beiden anderen „großen“ Romanen „Im Schatten des Windes“ und „Das Spiel
des Engels“ genannt wird, fühlt man sich bei dessen Lektüre doch des
Öfteren an seine Jugendbücher erinnert - zu sehr gleicht deren
Grundschema dem von „Marina“. Die Tatsache, dass die Geschichte dennoch
erwachsener und reifer als in seinen Jugendbüchern wirkt, fügt „Marina“
nahezu lückenlos in die chronologische Abfolge von Zafóns Werken ein – zumal auch Parallelen zu seinem Weltbestseller „Im
Schatten des Windes“ erkennbar sind. Ein wichtiges Buch in seiner
Autorenlaufbahn ist es also allemal – weg vom Jugendbuch und hin zum
Weltbestseller – fügt es sich nahtlos in Zafóns Gesamtwerk.
Und wie in „Der Schatten des Windes“ hat auch „Marina“ einen Schauplatz, der den Leser von der ersten Seite an gefangen nimmt. Zafóns beinahe schon magisch anmutende Beschreibung eines geheimnisvollen und
düster-pittoresken Barcelonas sorgt für eine perfekt passende
Atmosphäre. Umgesetzt durch seinen in dieser Hinsicht wirklich
bemerkenswerten Schreibstil wird diese zu einem wichtigen Grundpfeiler
der Handlung.
Allenfalls die Epoche, in der „Marina“ spielt, will so gar nicht passen. Nicht nur, dass man Zafón den Zeitpunkt - der Beginn der 1980er Jahre – schlichtweg nicht abkauft
– er gibt sich nicht einmal Mühe, diesen als Handlungszeitpunkt
erzähltechnisch zu festigen, sieht man einmal von dessen schlichter
Nennung ab.
Dennoch ist auch dies geplant und entspricht exakt dem Bild, das Zafón von „seinem“ Barcelona zeichnen möchte.
Auf einem seiner Streifzüge durch diese geheimnisvoll-romantische Stadt lernt der junge Óscar das nicht minder geheimnisvolle Mädchen Marina kennen – und ist ihr sofort verfallen. Die sich nun aufbauende Beziehung schildert Zafón einfühlsam und überzeugend, was nicht zuletzt durch die authentischen und sympathischen Charaktere selbst möglich wird. Óscar kann dem Leser als Ich-Erzähler natürlich besonders eindrücklich seine Gedanken schildern. Glücklicherweise beeinflusst die Wahl eines Ich-Erzählers in diesem Falle aber nicht die anderen Charaktere negativ – eher im Gegenteil. Denn so intensiv, wie Óscar die anderen Charaktere – allen voran Marina – beschreibt, und dabei auch bei „unwichtigen“ Charakteren nicht an stimmigen Details spart, profitieren alle Charaktere davon.
Ende der siebziger Jahre war Barcelona eine Fata Morgana von Boulevards und engen Gässchen, wo man allein beim Betreten eines Hausflurs oder eines Cafés dreißig oder vierzig Jahre in die Vergangenheit zurückreisen konnte.(Seite 13)
Und für die Art von Geschichte, wie sie Zafón erzählen möchte, ist dies auch unabdingbar. Denn auch wenn er seine diese um ein mystisches Grundgerüst aus Geheimnissen herum erschafft, in die sich Óscar und Marina verstricken, so geht es doch stets um zwischenmenschliche Beziehungen.
Nichtsdestotrotz halten diese Geheimnisse die beiden mächtig auf Trab und bringen ihr Leben ganz gehörig durcheinander. Dabei vertraut Zafón auf seine altbewährte Mischung aus düsteren Geheimnissen aus der Vergangenheit in Kombination mit damit in Zusammenhang stehenden unheimlichen Ereignissen. Und auch wenn diese eine spannende und abwechslungsreiche Handlung ermöglicht, dürfte diese dem einen oder anderen Leser eine Spur zu phantastisch sein
Fazit
„Marina“ ist ein wunderschön erzählter, ergreifender Roman über eine ganz besondere Beziehung, dem Zafón gekonnt mysteriöse Elemente hinzufügt. Die phantastischen Elemente
dürften zwar nicht für jeden Leser etwas sein – dennoch; Zafón-Fans
werden sich daran wohl kaum stören, zumal sie mit „Marina“ ein
wichtiges Buch zum Verständnis von dessen Gesamtwerk in Händen halten.
Pro & Kontra
+ toller Schreibstil
+ Barcelona als Schauplatz könnte nicht besser beschrieben sein
+ düster-mysteriös
+ gute Charaktere
o teilweise eventuell zu phantastisch
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5