Mission - Spiel auf Zeit (Douglas Preston, Lincoln Child)

Verlag: Droemer (Mai 2011)
Hardcover: 432 Seiten,  € 19,99
Sprache: Deutsch
Originaltitel: Gideon’s Sword
ISBN-13: 978-3426199039

Genre: Thriller


Klappentext

Er breitete die Unterlagen aus. Der Moment der Wahrheit war gekommen. Eine Wahrheit, die ihn entweder befreien würde – oder das genaue Gegenteil. Er ist brillant. Er kennt keine Angst. Und er ist eine tickende Zeitbombe: Gideon Crew hat ein Aneurysma im Gehirn, das ihn jederzeit töten kann. Doch gerade das macht ihn zum idealen Agenten für eine Organisation, die immer dann ermittelt, wenn ein Fall für die US-Behörden brenzlig wird – denn Gideon hat nichts zu verlieren und setzt sich auch der größten Gefahr aus …

 


 

Rezension

Das Autorenduo Preston/Child gilt unter Kennern als Garant für Unterhaltung gehobenerer Qualität, sie stehen für gut geschriebene, komplexe Thriller mit Hochspannung und originellen Plots. Die Basis ihrer gemeinsamen Bücher bildet normalerweise die Figur des skurrilen, exzentrischen und geheimnisvollen Agenten Aloysius Pendergast, nicht jedoch in diesem Werk. ‚Mission’ ist der Einstieg in eine neue Serie, in der ein neuer Held aufgebaut werden soll: Gideon Crew.
Die Idee dahinter verfügt durchaus über Potential und der Protagonist wird gründlich vorgestellt: Crew hat als Kind seinen Vater verloren, der das Opfer einer politischen Intrige geworden ist. Jahre später nimmt Gideons Mutter, die den Tod ihres Mannes nie verkraftet hat, auf dem Sterbebett ihrem Sohn das Versprechen ab, seinen Vater zu rächen und zu rehabilitieren. Das Vorhaben gelingt, doch dabei wird eine geheime Regierungsbehörde auf Gideon aufmerksam. Da dieser zum einen über Mentalität und Fähigkeiten eines Spezialagenten verfügt und zum anderen wegen einer tödlichen Erkrankung absolut nichts zu verlieren hat, ist er für besonders kniffelige Einsätze geradezu prädestiniert. Und weil gerade ein chinesischer Wissenschaftler dabei ist, sich in die USA abzusetzen, im Gepäck die Formel einer geheimnisvollen Waffe, welche die Weltwirtschaft aus den Angeln hebeln und China die absolute Vormachtstellung verschaffen könnte, soll Crew sich der Sache annehmen und die Formel stehlen.

Dieser Auftrag klingt stark nach einem Neuaufguss durchschnittlicher Agentenware, angesiedelt irgendwo zwischen James Bond, Jerry Cotton und Fantomas, versehen mit einer überaus großzügigen Portion an Klischees – und leider wird der Roman diesen Befürchtungen auch auf der ganzen Linie gerecht.
Weder die solide Einführung des Protagonisten noch der temporeiche, unterhaltsame und spannenden Schreibstil trösten den Leser über die unzähligen Schwächen hinweg.
Das beginnt mit der Figur des Gideon Crew, einem blendend aussehenden, jungen Mann mit Doktortitel, hoch intelligent, vielseitig gebildet und talentiert, beherrscht alles von Kampftechniken bis hin zu ausgefallenen Musikrichtungen und so weiter. Als Sympathieträger kann er nicht wirklich punkten, dazu wirkt er zu übertrieben, unglaubwürdig und damit strapaziös für die Nerven des Lesers. Im Vergleich zum feinsinnigen Pendergast trampelt Crew wie ein Holzhacker durch das Geschehen und lässt, wie auch der Plot an sich, einiges an Tiefgang zu wünschen übrig.

Unglaubwürdig erscheinen auch viele von ihm gezogenen Schlüsse, unlogisch diverse Handlungen, unglaublich lesen sich so einige Zufälle und Logikfehler und unfähig agieren die Polizeibeamten.
Das sich stets langsam aufbauenden, vielschichtige und subtile Grauen aus dem Pendergast-Universum wurde hier durch zahllose seichte Actioneinlagen ersetzt, komplizierte Recherchen und sorgfältigste Planung fielen seitenlangen Verfolgungsjagden zum Opfer, der Humor hat sich erkennbar vergröbert und einen Mystery-Faktor gibt es nicht.
Sehr störend machen sich zudem die klischeebeladenen Nebenfiguren bemerkbar, wie, nur um ein Beispiel zu nennen, der in einem zugemüllten ‚Loch’ hausende, äußerlich völlig heruntergekommene Computerfreak, der auf seinem Gebiet Unglaubliches leistet.
Der finale Showdown ist so Action-überladen wie vorhersehbar, die eigentliche Auflösung knapp und lieblos. Dafür wird eine Fortsetzung auf mehr als direktem Weg angekündigt. Besonderes Interesse bringt der Leser dem weiteren Schicksal Gideon Crews zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr entgegen, dazu ist er zu stereotyp und zu langweilig angelegt. Die Autoren hätten sowohl ihrer Leserschaft als auch sich selbst einen Gefallen getan, ihn in Frieden sterben zu lassen.

Es mag unfair erscheinen, diesen Roman ständig mit der Pendergast – Reihe zu vergleichen, doch die Erwartungshaltung liegt wegen der hohen Qualität des Vorgängers nun einmal sehr hoch und die Autoren haben sich mit ihrer genialen Figur selbst den Maßstab geschaffen, mit dem ihre künftigen Werke gemessen werden.


Fazit

Zwar spannend geschriebene, aber allzu seicht geratene Thrillerkost voller Klischees und Schwächen, die den Pendergast - Romanen nicht das Wasser reichen kann. Da man von Preston/Child erheblich Besseres gewohnt ist, liegt der Maßstab entsprechend hoch und ‚Mission’ ist eher eine Enttäuschung als ein wirkliches Lesevergnügen.


Pro & Kontra

+ Hauptcharakter wird gründlich eingeführt
+ temporeich und spannend erzählt

o extrem actionlastig
o stellenweise sehr blutig
o Mystery-Faktor fehlt

- oberflächlicher Plot
- vorhersehbar
- unglaubwürdiger Protagonist
- vor Klischees strotzende Handlung
- Nebenfiguren ebenfalls zu stark klischeebeladen
- einige logische Schnitzer
- lahme und lieblose Auflösung
- kommt an Pendergast nicht einmal annähernd heran
- ein Lesebändchen wäre schön gewesen

Wertung:

Handlung: 1,5/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung:3/5


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