Fyrgar (Uschi Zietsch)

Bastei Lübbe (Januar 2011)
Taschenbuch, 446 Seiten,
ISBN: 978-3-404-28549-5
€ 14,00 [D] | € 14,40 [A]

Genre: High Fantasy


Klappentext

Die Fyrgar sind Unsterbliche, die abgeschieden hoch in den Bergen leben. Sie bewahren das Wissen der Welt Waldsee und werden als große Weise verehrt. Man nennt sie auch das „Volk des Feuers“, weil sie dieses Element auf einzigartige Weise beherrschen: Sie können aus eigener Kraft Feuer entzünden und gefahrlos durch Feuer gehen. Ihre Weisheit ist so groß, dass sie alles über Waldsee zu wissen glauben. Doch dann scheitern sie an dem Rätsel der Schattenweber, die das Reich mit Tod und Schrecken überziehen. Um dieses Rätsel zu ergründen, entsenden sie den geachteten Lehrmeister Aldavinur. Er muss dafür einen hohen Preis zahlen: Er muss selbst zum Menschen werden. Und damit sterblich ...


Rezension

Uschi Zietsch wurde in München geboren, studierte unter anderem Theaterwissenschaft, Geschichte sowie Politik, um bald darauf einen kaufmännischen Abschluss an der IHK zu machen. Seit nunmehr fünfzehn Jahren schreibt sie als freischaffende Schriftstellerin und veröffentlichte bis heute über einhundert Publikationen. 2008 belegte sie den ersten Platz beim Amnesty-International-Literaturpreiswettbewerb. Mit ihrem neuem Roman „Fyrgar“ setzt die beliebte Autorin aus dem Unterallgäu nun ihre Chronik rund um „Waldsee“ weiter fort und erlaubt auch Neueinsteigern damit einmal mehr einen Blick in ihre Welt.

>> Aldavinur hoffte, dass der Regen sich zurückhalten würde, bis er bei der Höhle angekommen war. Ein Guss am Tag reichte ihm aus, und er schüttelte unwillkürlich eine Pranke, als wäre er in eine Pfütze getreten. Der späte Nachmittag umhüllte ihn mit trübem Licht und kühlem Wind, der träge über sein seidiges Fell glitt. <<

Weise sind sie, die Fyrgar. Ein Volk beherrscht vom Feuer und Wissen der Zeit. Aldavinur ist einer von ihnen. Sein Name bedeutet „alter Freund“ und in die Jahre gekommen, ist er tatsächlich. Denn sein Raubkatzenkörper hat nicht nur die zweite Stufe der Fyrgar erreicht, sondern schon viel erlebt. Genug, um ein Lehrmeister zu sein – gefangen vom Wissen und Glauben, sich selbst nichts mehr aneignen zu müssen. Doch als sich der Halb-Krahim Gondwin in seine Berge verirrt und Hilfe braucht, beschwört der Fyrgar den Beginn eines großen Abenteuers herauf. Denn er und Gondwin sind sich nicht nur selten einer Meinung, nein, seine Gefährten raten ihm sogar, den Mann fortzuschicken. Wenn nötig, sterben zu lassen. Komme was wolle, die Fyrgar mischen sich nicht in die Belange der Welt ein. Doch nichts anderes bleibt Aldavinur übrig, als sein Schüler entführt wird und er selbst zum Menschen werden muss, um ihn zu retten. Und ganz Waldsee. Denn die Schattenweber treiben ihr Unwesen und ihre Macht raubt beinahe jedem den Verstand …

Zwischen den wahren Fluten beliebter Dark Fantasy Geschichten, bodenständigen Fantasy Romane wie Joe Abercrombie sie zu schreiben versteht oder aber der neuen, dystopischen Bodenwelle verliert man sie beinahe aus den Augen: die High Fantasy. Ein Genre voll wunderbarer Wesen und malerischen Welten, das zumeist epische Handlungen in den Vordergrund stellt. Fast scheint es, als wäre sie aus der Mode gekommen, doch die Autorin und Verlegerin Uschi Zietsch beweist mit einem weiteren Roman aus ihrer Waldsee Chronik sicherlich nicht ungerne das volle Gegenteil. In ihren Geschichten und Gedanken haben sich schon viele Leser verloren und auch „Fyrgar“ lädt dazu ein, sich fallen zu lassen. Zu genießen. Denn spannend, aber dennoch mit angemessener Ruhe lässt sie Schritt für Schritt ihre Ideen überzeugen. Angefangen vom rauen Klima der Berge, über gefährliche Untiefen und  tierartigen Charakteren, weiß sie verschiedenste Wesen und auch malerische Umgebungen ins rechte Licht zu rücken. Leser, die wieder einmal mehr Magie, mehr Beschaulichkeit und einen wahren Phantasierausch erwarten, sind hier am richtigen Fleck. Gemeinsam mit den durchaus gelungen Protagonisten gilt es das Volk des Feuers nach und nach kennenzulernen. Ihre vorhanden Stärken, aber auch die Schwäche der Überheblichkeit, die selbst Aldavinurs Blick verklärt. Er steht im Mittelpunkt und ist vorerst nicht der typische Held. Dazu wirkt er auf den ersten Blick zu alt, zu weise und zu sehr vom Leser entfernt in seinem Glauben, alle Weisheit der Welt für sich und sein Volk gepachtet zu haben. Die Belange und Schwierigkeiten in Waldsee kümmern ihn nicht. Und doch, so ist er bald mitten in einem Krieg um das Bewusstsein und Leben tausender Wesen. Denn als sein Schützling, (ein ganz schillerndes, stolzes Fyrgar Kind) geraubt wird, bleibt ihm nichts anderes übrig, als durchs Feuer zu gehen, seine Gestalt zu verändern und damit die dritte Stufe seines Seins zu erreichen. Nun sterblich und zu seiner großen Überraschung auch menschlich geworden wendet sich sein Volk von ihm ab. Von da an beginnt das wahre Abenteuer: erst der Abstieg nach Waldsee, der Kampf mit merkwürdigen Wesen und schließlich die große Aufgabe, die vor ihm liegt. Denn es gilt nicht nur den jungen Efrynn zu retten, sondern auch die Menschen, mit denen er sich nach und nach verbunden fühlt. Dieser Wandel kommt fließend, ist erklärbar und gut gewählt. Aldavinur, der sich fortan Davin nennt, muss entgegen seines Glaubens noch viel lernen, um wahrhaft helfen zu können. Er wird zum Krieger. Zum Ritter und nicht zuletzt auch zu einer liebgewonnenen Figur für den Leser.

Uschi Zietsch lässt sich beim Beschreiben ihrer Welt ganz viel notwendige Zeit, um eine wirklich tolle Atmosphäre zu erschaffen. Sie widmet sich ihren Wesen und Halb-Menschen mit großer Leidenschaft und erzählt darüber hinaus jedoch immer wieder ein bisschen zu viel. Denn mag man auch genießen und gerne lesen, so drosselt ihr bildhafter Stil das Tempo doch stellenweise enorm. Erzählung ist zwar Hintergrund und der wird durchaus packend transportiert, dennoch bevorzugt bestimmt so mancher Leser die lebendigen Dialoge mehr, die greifbare Echtheit in diese Welt bringen. Eine, die wirklich außergewöhnlich ist. Aber auch die Idee der Schattenweber kann rundherum überzeugen, deren sogenanntes Netz immer größer geknüpft wird, um ganz eigene Ziele zu verfolgen. Komponiert aus Abwechslung, Erzählung, Spannung und einem echten Grad an „High“ weiß Uschi Zietsch deshalb vor allem eines: farbenprächtig zu unterhalten auf erzählendem, dennoch hohem Niveau, sofern man Legenden und Heldentum etwas abgewinnen kann.


Fazit

„Fyrgar“ lässt wunderbare und vor allem echte High Fantasy Stimmung entstehen. Uschi Zietsch entführt ihre Leser einmal mehr in die Farbenpracht von Waldsee und kann, ebenso wie das vollauf gelungene Cover in vielerlei Hinsicht überzeugen. Erst ruhiger und malerisch, dann spannend und zum Ende hin furios: „Mehr Legenden, Heldenmut und Epos wird man selten finden“ meint Daniela Hanisch und dem stimmt man schlussendlich durchaus zu.


Pro und Kontra

+ wunderbare, einzigartige Ideen
+ bemerkenswerte Fantasy
+ voller epischer Details
+ schillernde Völkervielfalt
+ spannendes Doppel-Finale
+ farbig ausgemalte Welt

o ruhiger allumfassender Erzählstil / wenig modern

- immer wieder einzelne Längen
- ein bisschen zu erzählend

Wertung:

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 4,5 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5