Geisterritter (Cornelia Funke)

Dressler (August 2011)
Gebunden, 256 Seiten
Illustrationen von Friedrich Hechelmann
EUR 16,95, SFR 24,90, EUA 17,50
ISBN-13: 978-3-7915-0479-7

Genre: Fantasy / Kinderroman


Klappentext

Heulende Geister, tapfere Ritter, wilde Abenteuer! Der große Kinderroman von Cornelia Funke

Jon Whitcroft hat es schwer. Seine Mutter und ihr neuer Freund schicken ihn aufs Internat nach Salisbury. Strömender Regen, dunkle Gemäuer, enge Flure, fremde Gesichter und ein Zimmer, das er sich mit zwei Mitschülern teilen muss. Jon ahnt nicht, dass dies bald seine geringsten Sorgen sein werden. Denn in seiner sechsten Nacht im Internat erscheinen plötzlich drei Geister unter dem Fenster seines Zimmers und starren zu ihm herauf. Doch zum Glück gibt es jemanden in Salisbury, der sich mit Geistern auskennt …


Rezension

Jon Whitcroft hat in jungen Jahren bereits einen Erzfeind: Den Vollbart – den neuen Freund seiner Mutter, dem sich seine Schwestern und sogar sein Hund regelrecht an den Hals werfen. Nur Jon kommt nicht mit ihm klar und so landet er schließlich auf dem Internat. Er fühlt sich ausgestoßen und verbringt die Tage damit, dem Vollbart Krankheit und Tod an den Hals zu wünschen. Immerhin sind seine Zimmergenossen, Angus und Stu, ziemlich cool und teilen mit ihm ihren geheimen Süßigkeitenvorrat. Und dann gibt es da auch noch Ella Littlejohn, ein hübsches und stures Mädchen, das ihm als einzige glaubt, dass er von Geistern verfolgt wird. Sie tauchen vor seinem Internatsfenster auf, überfallen ihn bei einbrechender Dunkelheit – und das alles nur wegen eines alten Familienfluchs. Doch Ella hat eine rettende Idee: sie könnten den Geisterritter Longspee um Hilfe bitten …

Erwachsene Leser wie auch ältere Jugendliche werden sich mit dem neuen Werk von Cornelia Funke wohl schwer tun, denn der Geschichte mangelt es ebenso an Umfang wie an Tiefe. An für sich sind die Ideen aus „Geisterritter“ recht schön, vor allem im Hinblick auf historische Ereignisse. Hier spürt man, dass die Autorin die Originalschauplätze ihres Buches besichtig und sich mit den lokalen Mythen beschäftigt hat. Die Zusammenhänge erscheinen dabei logisch und der kleine Ausflug in die Geschichte Englands vermag die Leserschaft zu begeistern. Darüber hinaus bietet die Handlung wenig Spannung und ist beinahe schon zu klischeebeladen. Vielleicht sollten interessierte Leser verstärkt auf die Bezeichnung „Kinderroman“ achten, denn „Geisterritter“ wirkt, als wäre es für sehr junge Leser geschrieben. Das beginnt bereits bei dem Protagonisten Jon, der mit seinen elf Jahren einfach kindisch sein muss und damit nicht einmal mehr für ältere Jugendliche Identifikationsfläche bietet. Dabei werden die typischen Probleme thematisiert, die auftreten, wenn Kinder bei nur einem Elternteil aufwachsen und die Mutter (oder der Vater) jemanden kennenlernt.

Jons trotzige Reaktionen auf das Internat sind im ersten Moment nachvollziehbar, doch der neuen Situation wird zu wenig Raum gegeben, da recht bald die Geister ihr Unwesen treiben. Die Probleme daheim und in der neuen Schule scheinen plötzlich zu verschwinden, denn die Geister müssten viel interessanter sein. Allerdings sind fast alle auftretenden Geistergestalten recht eindimensional. Ihnen haften gängige Klischees an und so sind ihre Handlungen oftmals vorhersehbar. Ebenso wie Jons Handlungen. Einzig Ella sorgt für so manche Überraschung, denn so viel Mut und Sturheit traut man einem so jungen Mädchen kaum zu. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass es in der Geschichte vorangeht und dass Jon ebenfalls Mut beweist und etwas wagt. Ihre Großmutter Zelda sorgt dabei für den ein oder anderen lustigen Moment, indem sie Pflanzennamen zum Fluchen benutzt und Kröten als Haustiere hält. Doch so ungewöhnlich die alte Dame erst einmal wirkt, so sehr verblasst sie bis zum Ende der recht kurzen Geschichte. Ebenso wie die Nebencharaktere, die meist nur wie hilfreiche Statisten wirken.

Es ist also nicht die Handlung an für sich, die „Geisterritter“ lesenswert macht – denn diese ist weder neu, noch besonders spannend umgesetzt. Allerdings muss man auch sagen, dass Cornelia Funke routiniert gut schreibt und der Stil einem Kinderroman absolut angemessen ist. Hier und da gibt es Einschübe in Klammern, die darauf hindeuten, dass Jon, der die Geschichte erzählt, inzwischen deutlich älter ist. Diese lockern die Geschichte schön auf, wobei es hier interessant gewesen wäre, den älteren Jon tatsächlich kennen zu lernen. Was dieses Buch wirklich aufwertet sind die Illustrationen von Friedrich Hechelmann, die ganz- oder auch doppelseitig kräftig Atmosphäre erzeugen. Die dargestellten Figuren sind dabei nicht besonders hübsch, sondern eher charaktervoll. Die Farben sind kühl und passen zur schaurigen Geistergeschichte – wobei der impressionistische Stil der Bilder wiederum nicht gänzlich zu einem Kinderroman passen will. Die Gestaltung kann man dennoch als überaus gelungen bezeichnen und für ein komplett farbig illustriertes Hardcover kann man über den Preis auch nicht meckern. Junge LeserInnen, die Cornelia Funke lieben oder auch jene, die noch nicht so viel Leseerfahrung haben, könnten an „Geisterritter“ durchaus ihre Freude haben. Ältere Leser sollten lieber zu "Reckless" oder anderen Romanen der Autorin greifen!


Fazit

„Geisterritter“ fällt vor allem mit seiner wunderschönen Gestaltung auf, kann aber inhaltlich nicht ganz halten, was die Illustrationen versprechen. Denn es mangelt der Geschichte an Spannung und Tiefe. Ein kurzweiliger Roman, der nur für junge Leser geeignet ist.


Pro & Contra

+ historische Hintergründe
+ flüssig zu lesender, guter Stil
+ selbstbewusste Ella
+ wunderschöne Aufmachung

o nur für junge Leser geeignet

- fehlende Spannung und Tiefe
- klischeehafte Geister
- blasse Nebencharaktere

Wertung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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