Vision - Das Zeichen der Liebenden (Ana Alonso und Javier Pelegrín)

Arena (Juni 2011)
Gebunden mit Schutzumschlag
464 Seiten, 17,99 EUR [D]
ISBN: 978-3-401-06655-4

Genre: Urban Fantasy / Jugendbuch


Klappentext

Als Alex nach einer Party der geheimnisvollen Jana folgt, trifft er damit eine Entscheidung, die sein Leben verändert: Noch in derselben Nacht sticht Janas Bruder ihm ein Tattoo, von dem es heißt, es habe magische Fähigkeiten. Von nun an kann Alex Janas Empfindungen spüren, wann immer sie in seiner Nähe ist. Doch wenn er versucht, sie zu berühren, verbrennt ihn ein alles verzehrendes Feuer. Denn Jana ist kein gewöhnliches Mädchen. Und in ihrer Welt wäre die Liebe zu Alex unverzeihlich.

Homepage zum Buch: http://www.zeichen-der-liebenden.de/


Rezension

Alex wird an der Haustür von seinem besten Freund Erik vollkommen überrumpelt, als dieser ihn spontan in Begleitung zweier Damen zu einer Emo-Party abholt. Nach kurzem Zögern schwingt sich Alex jedoch ins Auto und verbringt einen netten Abend – bis er Jana auf der Party trifft. Das geheimnisvolle Mädchen mit dem selbstsicheren Lächeln, das er täglich in der Schule beobachtet und von der er eigentlich gar nichts weiß. Sie verlässt die Party früh und Alex folgt ihr in ein verlassenes Villenviertel, wo er schließlich ihre Spur verliert. Doch Jana findet ihn und lädt ihn sogar zu sich nach Hause ein, wo ihr jüngerer Bruder David Alex dazu überredet, sich ein magisches Tattoo stechen zu lassen, das ihn für immer mit Jana verbinden soll. Doch bald stellt sich heraus, dass Alex zwar nun Jana spüren kann, sobald sie in der Nähe ist, sie jedoch nicht mehr berühren darf, da ihn sonst ein schmerzhaftes Inferno von innen heraus verzehrt. Und das magische Tattoo ist erst der Anfang einer unglaublichen Geschichte …

Eigentlich ist es schön, zur Abwechslung mal einen männlichen Protagonisten in einem Urban Fantasy-Roman zu begleiten. Denn „Vision“ ist zwar personal erzählt, hält sich jedoch in den ersten drei von vier Teilen stark an Alex. Dieser hat seinen Vater unter ungeklärten Umständen verloren und leidet unter der schwierigen familiären Situation. Als die Magie Teil seines Lebens wird, leugnet er ihre Existenz zunächst – lässt sich aber nach ein paar eindrucksvollen Beweisen überzeugen. Die Existenz von magischen Tätowierungen und sogar magischer Wesen nimmt er allerdings fast zu leicht hin, was seinen Charakter jedoch gut spiegelt. Alex nimmt die Dinge, die er nicht ändern kann, meist einfach hin und versucht, das Beste daraus zu machen, wobei er oftmals naiv rüberkommt und eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag legt. Manchmal würde man sich mehr von der Leidenschaft wünschen, die er zeigt, sobald es um Jana geht. Das Mädchen ist dem Leser dabei anfangs ein großes Rätsel, was sich durch ihre Intrigen im Laufe des Romans kaum bessert. Sie fasziniert den Leser, doch gleichzeitig wird man nicht recht warm mit ihr, da feststeht: man kann ihr nicht trauen. Ebenso wenig wie ihrem Bruder David, der gerade einmal fünfzehn Jahre alt sein soll, aber mit seiner Schwester ein Tattoo-Studio betreibt.

Und dies ist nur einer von vielen Punkten, die den Leser stutzig machen. Die Autoren haben diesen Roman so vollgestopft mit Geschichten und Legenden, dass für entscheidende Details offenbar nicht genug Platz blieb, um sie in sich logisch zu erklären. Zwar kann man über den ein oder anderen Schnitzer hinwegsehen, doch in der Masse wird der Lesefluss zu stark gestört. Immer wieder werden neue Versionen bereits erzählter Geschichten eingeführt, die sich teilweise zu widersprechen scheinen und den Leser verwirren. Die Idee mit den Medu, einem geheimnisvollen magischen Volk, das aus Symbolen entstanden sein soll, liest sich toll. Auch die Geschichte um Alex‘ Tattoo ist kreativ und vermag, den Leser zu fesseln – bis sie immer stärker in den Hintergrund gerät, während verschiedenste Legenden der einzelnen Medu-Klane ausgebreitet werden. Einige sind essentiell für den Verlauf der Handlung, aber einige der Geschichten sind in ihrer Ausführlichkeit auch überflüssig. Zudem bleibt die Spannung dabei oftmals auf der Strecke, da sehr viel geredet wird und zumindest in diesem ersten Band relativ wenig passiert.

Erst auf den letzten hundert Seiten kommt es zu einem rasanten Showdown, der dann fast zu schnell am Leser vorüberzieht und ihn mit vielen offenen Fragen zurücklässt. „Vision“ allein hätte genug Stoff für eine ganze Trilogie geboten, stattdessen ist dies erst der Auftaktband. Aufgrund dessen, dass die Ereignisse am Ende die komplette Geschichte nochmals neu aufwerfen, blickt der Leser, der sich bis hierhin durchgekämpft hat, sicherlich gespannt auf den zweiten Band „Illusion“. Außerdem fällt positiv auf, dass die Autoren mit vielen Graustufen arbeiten, die eine Einteilung in „gut“ und „böse“ kaum erlauben. Da gibt es einerseits die Wächter, die die Medu vernichten wollen, um die Menschheit zu befreien, andererseits präsentieren sich die Medu selbst nicht im besten Licht. Sie manipulieren die Menschen für ihre Zwecke und schaffen sich sogenannte Ghuls, die ihnen dienen. Die Motive der Wächter erscheinen bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehbar, ebenso wie die Motive mancher Medu. Und so muss man genau aufpassen, an wen man hier seine Sympathie verschenkt.

Die Gestaltung des Hardcovers von Arena kann nur als rundum gelungen bezeichnet werden. Das Cover ist mit seinem glänzenden Reliefdruck ein Traum und das Buch selbst sehr stabil. Allerdings täuscht die wunderschöne Aufmachung auch ein wenig über den noch mäßigen Inhalt hinweg. „Vision“ ist sicherlich kein schlechtes Buch, doch für Urban Fantasy-Fans bietet es wenig Neues und obendrein viel zu viele der bekannten Elemente. Der Roman ist schlichtweg überladen mit vielen guten und weniger guten Ideen, die einen am Ende etwas ratlos zurücklassen. Der Stil selbst liest sich jedoch durchweg gut und schafft oftmals eine dichte Atmosphäre, zu der auch das spanische Setting beiträgt. Für LeserInnen, die noch nicht allzu viel im Genre gelesen haben, könnte „Vision“ auf jeden Fall einen Blick wert sein. Ebenso für jene, die gerne verschiedensten Legenden lauschen und darüber hinwegsehen können, dass zumindest der Auftaktband dieser Trilogie erst am Ende richtig spannend wird.


Fazit

„Vision“ ist ein atmosphärischer Trilogieauftakt, der an seiner Ideenvielfalt krankt. Weniger ist manchmal eben mehr und hier hätten sich die Autoren auf die Ausarbeitung der zentralen Elemente konzentrieren sollen, anstatt immer wieder neue Legenden in die Story einzuflechten. Wer es jedoch gerne ausführlich mag und sich an altbekannten Urban Fantasy-Klischees nicht stört, der kann sich über manch kreative Idee und eine romantische Story mit vielen Graustufen freuen.


Pro & Contra

+ faszinierendes Volk der Medu
+ einige kreative Ideen
+ gut zu lesender Stil
+ teilweise sehr atmosphärisch
+ überraschende Wendungen
+ viel Potential nach oben

o typische Urban Fantasy

- insgesamt total überladen
- Alex wirkt manchmal zu gleichgültig
- in der ersten Hälfte spannungsarm
- zu viele ausufernde Dialoge

Wertung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu "Illusion - Das Zeichen der Nacht" (Band 2)