Nach dem Ende (Alden Bell)

Verlag: Heyne (Juli 2011)
Taschenbuch: 320 Seiten,  € 8,99
Sprache: Deutsch
Originaltitel: The Reapers are the Angels
ISBN-13: 978-3453528338

Genre: Science Fiction Horror


Klappentext

Die Zeit der Menschen ist vorbei...
Die 15-jährige Temple lebt in einer Welt, in der nur eine einzige Regel gilt: Fressen oder gefressen werden. Denn seit fünfundzwanzig Jahren ist das Angesicht der Erde nicht mehr dasselbe: Menschen leben in abgeschotteten Enklaven, umgeben von einer tödlichen Gefahr. Doch auch im Inneren der Enklaven lauern Brutalität, Gewalt und Ruchlosigkeit. Als Temple in Notwehr einen Mann tötet, muss sie fliehen. Gejagt von ihrer Vergangenheit und ihren eigenen Dämonen, begibt sie sich auf eine Reise in der verzweifelten Hoffnung auf Erlösung...


Rezension

Temple ist mit ihren 15 Jahren bereits mit allen Wassern gewaschen, der tägliche Kampf ums Überleben hat sie hart gemacht. Ziellos wandert sie durch eine verwüstete USA, immer auf der Suche nach einem Platz, an dem sie für eine Weile bleiben kann. In einer Menschenansiedlung scheint sie zunächst eine neue Heimat gefunden zu haben, doch dann tötet sie dort aus Notwehr einen Mann. Gejagt von dessen Bruder setzt sich ihre Odyssee fort, nicht nur auf der Suche nach äußerer Sicherheit sondern auch auf der Flucht vor ihren Schuldgefühlen ...

Alden Bell startet hier den Versuch, sein Endzeitszenario hinaus aus der Zombie-Trash-Ecke auf ein anspruchsvolleres Niveau zu heben, was ihm jedoch nur zum Teil gelungen ist.
Die Story ist durchaus spannend, die Protagonistin mit ihrer alterstypischen flapsigen Ausdrucksweise entwickelt sich sehr rasch zur Sympathieträgerin und ein hohes Tempo garantiert zügigen Lesespaß. Es ist unterhaltsam, Temple auf ihrem Weg durch eine Welt aus Chaos und Gewalt zu begleiten, dennoch weist der Roman auch erhebliche Schwächen auf.

Als erster Punkt wäre zu nennen, dass hier stilistisch zuviel gewollt wurde. Der Autor bedient sich einer sehr einfachen und abgehackt erscheinender Erzählweise, wählt als Erzählform den Präsens und verzichtet auf die Kennzeichnung der wörtlichen Rede. Eine – möglicherweise beabsichtigte -  Intensivierung der Handlung stellt sich dadurch allerdings nicht ein, vielmehr sieht sich der Leser oftmals verwirrt und hat Schwierigkeiten, einzelne Äußerungen den jeweiligen Rednern zuzuordnen. Auch die Dialoge über Regeln und Ehre zwischen Temple und ihrem Gegenspieler Moses wirken schwergängig, künstlich und dadurch viel zu konstruiert. Reden um der Worte willen, doch den Sinn dahinter sucht man vergebens. Was in Cormac McCarthys Roman ‚Die Straße’, der klar erkennbar Pate gestanden hat, so großartig funktionierte, gerät hier zu einem Werk, welches mit zuwenig Fingerspitzengefühl auf literarischen Anspruch getrimmt werden sollte. Das Ergebnis ist zwar nicht direkt misslungen, bleibt aber weit hinter seinen Intentionen zurück.

Mit ausführlichen Erklärungen hält sich der Autor nicht weiter auf, er beschränkt sich auf ein möglichst straffes Vorantreiben der Handlung. Auf diese Weise kommt zwar an keinem Punkt Langeweile auf, dennoch wäre der Story eine gelegentliche ‚Verschnaufpause’  zuträglich gewesen. Auch auf stimmungsvolle Beschreibungen der Umgebung muß man verzichten, die intensiv-düstere Atmosphäre von McCarthys Werk bleibt unerreicht.
Einen wirklichen Störfaktor bildet die Tatsache, dass so viele Dinge auch 25 Jahre nach dem Untergang jeglicher Zivilisation noch funktionieren. Da kommt beispielsweise noch fließendes, sauberes Wasser aus den Hähnen, die Zapfsäulen an den Tankstellen laufen noch und das Stromnetz ist vielerorts auch noch nicht zusammengebrochen. Für derartige vollkommen unglaubwürdige Phänomene sollten auch in der Science Fiction plausible Erklärungen angeboten werden, damit sie sich für den Leser nicht zum Ärgernis entwickeln.

Gut herausgearbeitet und lebendig erscheint die Protagonistin, die den Part des ‚einsames Cowgirls reitet in den Sonnenuntergang’ einnimmt. Temple ist getrieben von dem Drang, nach etwas zu suchen und dabei nicht in der Lage, das Gesuchte zu spezifizieren, geschweige denn, es zu finden. Ihre Existenz lässt sich am besten mit  ‚Der Weg ist das Ziel’ überschreiben. Sie hat sich mit ihrer Umwelt arrangiert und das Überleben darin bereitet ihr kaum Probleme, denn die Zombie-Population agiert dabei mehr störend als wirklich gefährlich. Wenn man sich nicht wirklich ungeschickt anstellt und sich zu wehren weiß, braucht man diese Wesen kaum zu fürchten. So sind es auch nicht sie, die Temple schließlich zum Verhängnis werden, und während des dramatischen Finales drängt sich beim Leser ein letztes Mal die Frage nach dem Warum auf.


Fazit

Obwohl die Verlockung groß ist, sollte man in diesen Roman nicht zuviel hineininterpretieren und ihn als das nehmen, was er ist: Solide und spannende Unterhaltung, die aus dem momentan so beliebten Zombie-Mischmasch allemal positiv heraussticht.


Pro & Kontra

+ sympathische Protagonistin
+ temporeich und spannend erzählt

o stellenweise sehr blutig und brutal
o Erzählung im Präsens

- gewöhnungsbedürftiger Schreibstil
- keine Kennzeichnung der wörtlichen Rede
- Dialoge oft zu konstruiert
- wenig stimmungsvolle Beschreibungen
- diverse logische Ungereimtheiten
- es bleibt zu vieles unbeantwortet

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung:3,5/5