Sephira - Ritter der Zeit: Die Bruderschaft der Schatten (Corina Bomann)

Ueberreuter (Juli 2010)
462 Seiten; Hardcover; 17,95 Euro
ISBN: 978-3-8000-5573-9

Genre: (historische) Fantasy / Jugendroman


Klappentext

„Mein Name ist Laurina Einarsdottir Skallagrimm. Man nennt mich die Chronistin. Meine Aufgabe ist es, die Taten unserer Bruderschaft für die Nachtwelt zu erhalten. Das Schicksal führt mich an eine fremde Küste und in die Arme der Sephira, auf dass ich mithelfe, die Geschicke der Menschen zu lenken und zum Guten zu verändern. Dies ist unsere Geschichte …“


Rezension

Corina Bomann lebt in Norddeutschland und machte ihr frühes Hobby, nach elf Jahren im medizinischen Bereich, schlussendlich zum Beruf. Sie verfasst historische Romane für Jugendliche sowie Erwachsene, schreibt unter verschiedenen Pseudonymen und schwärmt für prunkvoll anmutende Kleider. Mit „Sephira – Ritter der Zeit: Die Bruderschaft der Schatten“ präsentiert sie nun den ersten Band über die junge Wikingertochter Laurina, die gemeinsam mit einer Gruppe von Assassinen versucht, die Geschicke der Welt zu lenken.

>> Während ich noch fragte, was das Ganze sollte, schob Sayd meinen Ärmel zurück und versetzte mir mit dem Dolch einen Schnitt. Der Schmerz zuckte über meine Schulter hinauf bis in meine Schläfe. Da die Wunde recht tief war, schoss sogleich Blut hervor und floss warm über meine Haut. <<

Frühjahr 1187: Laurina hat in jungen Jahren schon viel verloren: ihre Heimat, ihre Freunde, ihre Familie und nicht zuletzt auch ihren Vater, einen Wikingerfürst. Für ihn war Laurina der Ersatz für den Sohn, den er nicht haben sollte. Für Gabriel, ihren Retter, ist sie hingegen ein hübsches, begehrenswertes Mädchen und bald darauf auch seine Schülerin. Denn Gabriel gehört zur Bruderschaft der Schatten, die im Auftrag des von Rache erfüllten Emir immer wieder zu den Waffen greifen muss. So auch Laurina. Doch ihr Feind ist nicht nur ein erfahrener Assassine, sondern obendrein ein Unsterblicher.

Historische Fantasy ist inzwischen selten gesehen in so manch phantastisch ausgestatteten Bücherregal. Denn immer wieder, zumeist wenig modern oder entscheidungsfreudig, haben sich schon Romane solcher Art in zu verstrickten Verwicklungen verrannt. Trotzdem gibt es sie auch hier: die Autoren, die dieser Nische gelungen Farbe sowie Leben verleihen. Und Corina Bomann versteht sich nicht nur glänzend mit ihrem Reihenauftakt „Die Bruderschaft der Schatten“ unter ihnen einzureihen, sondern würzt ihre abenteuerliche Geschichte darüber hinaus noch mit fremdländischen und gelungenen Jugendbuchelementen. Nur mit vagen Vorstellungen begibt sich der Leser, an der Seite von Laurina, in die Welt der Sephira – eine zwielichtige Gruppierung von beinah unsterblichen Assassinen. Männer mit klaren Regeln und gefährlichen Problemen. Corina Bomann lässt aus etwas anfänglich klar strukturierten, eine durchwachsene Gemeinschaft entstehen, die es erst erlaubt sich einzufühlen und dann schlussendlich am Rande verräterischen Entwicklungen steht. Ihr durchaus auch für erwachsene Leser geeigneter Roman lebt von greifbaren, doch auch komplexen Charakteren. Laurina inmitten von ihnen ist bald ein liebgewonnener Protagonist. Sie ist frech, ab und an auch witzig, und weiß sehr jungenhaft ihren Mann zu stehen. Es macht Freude sie zu verfolgen, die Sephira Stück für Stück verstehen zu lernen und die Konturen zu sehen, die die Autorin um einzelne Haupt- sowie Nebenpersonen strickt. Nichts wird überhastet; ein Ausgleich zwischen (notwendiger) Oberflächlichkeit und Tiefe gefunden. Auch Laurinas sanft angedeutete Romanze und die Trainingskämpfe, bis hin zu den Schriftlehren machen Spaß. Unaufdringlich wird hier, durch die Augen eines nicht ganz weltkundigen Mädchens, interessantes sowie historisches Wissen vermittelt und gerade Fans von 1001 Nacht, oder aber Filmen wie „Das Königreich der Himmel“, können gar nicht anders, als sich in das wohlgestaltete Setting zu verlieben. Denn wo man auch hinsieht stimmen die Details, ist die Grundspannung vorhanden und bleibt das Abenteuer packend bis zum Schluss.

Einziger zwischenzeitlicher Wehrmutstropfen sind die Intrigen, die zumeist im Hintergrund geknüpft werden. Sie dienen dazu, das Geheimnisvolle der Bruderschaft zu erhalten, rauben allerdings im letzten Drittel die Nähe zu den einzelnen, schon ins Herz geschlossenen Charakteren. Man wünscht sich unweigerlich weniger Distanz, um vollends in die Entscheidungen der Assassinen eintauchen zu können, anstatt mit Laurina im Dunkeln zu tappen. Doch dieses Gefühl schwindet mit der Auflösungen, den gebotenen Überraschungen sowie der Aussicht auf einen nächsten Band, in dem – nach solch einem Ende – mehr möglich sein wird dies betreffend. Herausragend, und damit ein absolut passables Trostpflaster, ist zudem die charakterliche Umzeichnung von Sayd: erst etwas grimmig gestaltet, entwickelt er sich zum Ende hin zu einem raffinierten, graustufig gestalteten Handlungsträger, der seinem Freund Gabriel (Laurinas Lehrer sowie Liebe) immer wieder die Show zu stehlen weiß. Sayds leidenschaftliches Interesse an Saladin (kurdischer Feldherr) begeistert. Schlussendlich aber überzeugen beide den Leser, ebenso wie die moralisch vermittelten Werte (die diesen Roman zu einem wunderbaren Jugendroman machen), der historische Hintergrund vor den Kulissen Jerusalems und das Versprechen auf mehr. Hoffentlich viel mehr aus dieser Welt, mit diesen tollen Protagonisten und ähnlichem Setting. Denn Corina Bomann erweckt Abenteuersucht im Großen wie im Kleinen, die zu fesseln versteht.

Gabriel versucht seinen Ärger niederzuringen. Eines der ungeschriebenen Gesetze der Bruderschaft war, dass ein Bruder den anderen nicht töten durfte. Außerdem war Sayd der Mann, der ihn ausgebildet hatte. Doch mit dem Eindringen in sein Haus war er zu weit gegangen.

(Seite 98)


Fazit

Mit „Sephira – Ritter der Zeit: Die Bruderschaft der Schatten“ hat Corina Bomann einen überaus gelungenen Reihenstart hingelegt, der es schafft den Leser mit einfachen Mitteln nicht nur schlicht zu überzeugen, sondern letztendlich ins Schwärmen zu bringen. Leser die sich auf ein Abenteuer mit solch einem historischen Hintergrund einlassen möchten, sind hier richtig und werden sich bis zur letzten Minute fabelhaft unterhalten fühlen!


Pro und Kontra

+ angemessens Jugendbuch (sowie für Junggebliebene)
+ teils tiefgründige, liebenswerte Protagonisten
+ unaufdringliche Liebesgeschichte
+ atmosphärisches Märchen aus 1001 Nacht
+ vertretbare Werte annehmbar verpackt
+ unterschiedliche, packende Erzählperspektiven
+ einfach, doch auch spannend bis zum Schluss
+ wunderhübsches, preiswertes Hardcover
+ unvorhersehbar & komplex

o Gut und Böse (gerade noch passend dargestellt)
o phantastischer Elemente nicht im Vordergrund

Wertung:

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 5 / 5
Lesespaß: 5 / 5
Preis/Leistung: 4,5 / 5