Corina Bomann (18.10.2011)

Interview mit Corina Bomann

Literatopia: Hallo Corina, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, uns ein paar Fragen zu beantworten. Erzähl uns doch zu Beginn ein bisschen mehr über Dich: Wer bist Du und welche Art von Büchern schreibst Du?

Corina Bomann: Ich bin eigentlich ein recht fröhlicher Mensch mit ziemlich viel Phantasie, was sich bereits in frühen Kindertagen gezeigt hat. Ich habe viele Stunden damit verbracht, mir Geschichten auszudenken, hinter allem habe ich etwas Spannendes vermutet. So ist es auch noch heute. Seit Kindesbeinen schreibe ich und bin seit neun Jahren als Schriftstellerin selbstständig. Seit 1999 werden meine Werke veröffentlicht, die eigentlich recht vielfältig sind. Ich schreibe historische Romane für Jugendliche und Erwachsene, phantastische Romane, unter Pseudonym auch Frauenromane.

Literatopia: Im Juli erschien Dein zweiter Roman der Jugendbuchreihe „Sephira“ im Ueberreuter Verlag. Im Mittelpunkt der Handlung: Wikingertochter Laurina. Magst Du uns mit eigenen Worten vielleicht ein bisschen mehr über diese Reihe erzählen?

Corina Bomann: Grundidee dieser Serie ist die Frage: Was würdest du tun, wenn du unsterblich bist und die Möglichkeit hättest, die Welt zu verändern. Darüberhinaus verfolge ich den Gedanken, ob es möglich wäre, Menschen mit unterschiedlichen Religionen für eine gemeinsame Sache kämpfen zu lassen. Die Sephira, die früher einmal für einen machthungrigen Emir gearbeitet haben, wollen ihre Gabe der Unsterblichkeit, die sie einer sogenannten Lamie zu verdanken haben, in den Dienst der Menschheit stellen. Laurina gerät aufgrund eines Schiffbruchs in diese Gemeinschaft. Sie, die den nordischen Göttern anhängt, trifft auf Muslime, Christen und Juden, außerdem auf Vertreter exotischer Religionen. Trotz unterschiedlicher Ansichten werden sie Freunde. Natürlich gibt es auch Action und Liebe. So muss Laurina eine Ausbildung durchlaufen und gefährliche Prüfungen bestehen, bis sie zu den Unsterblichen gehören darf. Außerdem gibt es mindestens zwei Männer, die ein Auge auf sie geworfen haben. Zu viel möchte ich allerdings nicht verraten.

Literatopia: Staubige Wüsten, gefährliche Skorpione, farbenfrohe Marktplätze und nicht zuletzt auch Assassinen. Was fasziniert Dich so an diesem Setting und hat Dich erstmals inspiriert? Oder wolltest Du schon immer ein Abenteuer aus der Zeit Saladins erzählen?

Corina Bomann: Die arabische Kultur hat mich schon immer fasziniert, ich mochte schon immer Bücher und Filme über diese Länder und Menschen. Mein erster Anstoß war ein Kapitel in einem Geschichtsbuch, in dem es um eine Invasion von Sarazenen in Italien geht. Außerdem war eine meiner frühen Lieblingsfernsehserien „Robin Hood“. Einer der Getreuen des Helden war in dieser Serie Nasir, ein Sarazene, der sich ihm angeschlossen hat. Ich fand diesen Charakter und den Schauspieler einfach toll und wollte mehr über die Sarazenen wissen. So ist es passiert.

Die Zeit der Kreuzzüge gehören unter anderem zu meinen geschichtlichen Lieblingsthemen. So lag es für mich nahe, die Geschichte der Sephira dort beginnen zu lassen. In einer Zeit der Glaubenskriege lebt die Bruderschaft einen sehr fortschrittlichen Gedanken - den der religiösen Toleranz. Aus den ehemaligen Auftragsmördern werden Kämpfer für das Gute, die ihre wertvolle Gabe der Unsterblichkeit nicht mehr in den Dienst Machthungriger stellen wollen. Saladin an sich hat mich ebenfalls schon lange fasziniert. Zwar ist auch an seiner Figur einiges glorifiziert worden, aber er war sicher ein sehr beeindruckender Mann, den ich sehr gern kennengelernt hätte.

Literatopia: Du scheinst Deine Charaktere bis hin zum letzten Nebenprotagonist mit großer Leidenschaft zu entwerfen. Was ist in Deinen Augen so besonders an Laurina und ihren Gefährten? Hast Du einen besonderen Liebling? Wenn ja, wer ist es und warum?

Corina Bomann: Ich finde es wichtig, auch Nebenfiguren mit besonderen Eigenschaften auszustatten. Außerdem kann man bei den Mitgliedern der Sephira nicht wirklich von Nebenfiguren reden, das wäre nicht fair. Ich plane, jedem von ihnen seine eigene Hintergrundgeschichte zu geben, denn wichtig sind sie alle, wenngleich das Hauptaugenmerk auf Laurina, Sayd und Gabriel liegt. Laurina und ihre Gefährten entstammen alle anderen Hintergründen - dennoch, oder gerade deswegen sind die Freunde, die füreinander einstehen und obwohl sie sich manchmal fetzen, immer füreinander da sind.

Meine besonderen Lieblinge sind Sayd und Jared. Die beiden vereinen viele meiner eigenen Eigenschaften in sich. Jared mag ich, weil er so herrlich brummig ist, aber eigentlich ein sehr gutes Herz hat. Außerdem liebt er alles Geschriebene und ist sehr gebildet. Sayd gefällt mir besonders wegen seiner Rätselhaftigkeit und Undurchschaubarkeit. Er hat tiefe Gefühle, die man ihm nicht gleich ansieht und die sich auch im Buch nur hin und wieder zeigen. Außerdem habe ich ihm eine ganz wunderbare Hintergrundgeschichte verpasst, von der ich hoffe, sie eines Tages niederschreiben zu dürfen - als eigene Biografie.

Literatopia: Im Buchtrailer wird Dein Roman sehr ansprechend präsentiert und erhält eine stimmungsvolle Musikuntermalung. Was hältst Du im Allgemeinen von Buchtrailer? Nettes Beiwerk oder doch zukunftsweisend?

Corina Bomann: Den Buchtrailer zu erstellen hat mir großen Spaß gemacht, ich wollte einfach mal zeigen, wie ich mir einige Stellen und Charaktere aus dem Buch vorstelle. Ich finde Buchtrailer immer sehr schön, vorausgesetzt, sie sind gut gemacht. Natürlich kann man ein Buch auch ohne eines dieser Filmchen verkaufen, aber wenn ich als Leser einen Trailer finde, freue ich mich immer sehr. Ich halte sie für ein schönes Gimmick, das den Appetit auf ein Buch weckt und bin sicher, dass sie, sobald Ebooks mehr an Bedeutung gewinnen, auch verkaufsfördernd sein werden.

Literatopia: Neben teilphantastischen Jugendbüchern schreibst Du auch historische Romane sowie Geschichten für Mädchen. Worin besteht für Dich der Reiz zwischen verschiedenen Themen und Umgebungen zu wechseln? Glaubst Du, Dich jemals festlegen zu wollen?

Corina Bomann: Ich glaube kaum, dass ich mich jemals richtig festlegen werde. Allerdings ist es so, dass historische Romane oder phantastische Romane mit historischem Einschlag mir am besten liegen. Der Wechsel zwischen den Genres sorgt dafür, dass es niemals langweilig wird. Und ich habe genug Ideen für viele verschiedene Geschichten, da wäre es doch schade, wenn ich immer dasselbe schreiben würde.

Literatopia: Deine geschichtlichen Lieblingsepochen sind das 16. und 17. Jahrhundert. Aber auch für das Mittelalter und die viktorianische Zeit kannst Du Dich begeistern. Wenn Du per Zeitreise einen Tag in einer dieser Epochen verbringen dürftest – welche wäre es? Warum?

Corina Bomann: Oh, das wäre eine extrem schwere Entscheidung. Zum einen würde ich mir sehr gern eine Kreuzritterburg oder Saladins Heerlager ansehen. Zum anderen würde es mich reizen, zur Zeit Christian IV. auf dessen Schloss in Kopenhagen unterwegs zu sein. Oder mir den Bau der Vasa anzusehen. Oder im 19. Jahrhundert Erfindern über die Schulter zu schauen. Wenn es je die Möglichkeit zur Zeitreise gäbe, würde ich wahrscheinlich mehrere Reisen buchen müssen, weil mich so viel interessiert.

Literatopia: Auf Deiner Webseite bekennst Du Dich dazu, Pseudonyme zu nutzen. Von welchen sollten Deine Fans unbedingt erfahren? Und natürlich nun die Frage: schreibst Du auch in anderen Genres wenn Du ein „geschlossenes“ Pseudonym benutzt?

Corina Bomann: Momentan gibt es keine aktiven Pseudonyme, die ich offenlegen würde. Nicht, weil ich mich des Geschriebenen schäme, sondern weil es vertragsrechtliche Gründe gibt. Die Verlage sehen es nicht gern, wenn ein Hausautor unter selbem Namen woanders schreibt, möglicherweise sogar im selben Genre. Unter meinen geschlossenen Pseudonymen schreibe ich historische Romane und Frauenunterhaltung. Vielleicht auch eines Tages mal einen blutrünstigen Thriller.

Literatopia: Wie wichtig ist es Dir Deine Leser zum Nachdenken zu bewegen? Gibt es für Dich gewisse Werte, die generell vertreten sein sollen? Und was macht ein gutes Jugendbuch in Deinen Augen tatsächlich aus?

Corina Bomann: Ich finde es sehr wichtig, dass in einer Geschichte mehr steckt als nur Romantik und Liebe. Gerade Jugendbücher sollten gewisse Grundwerte wie Toleranz, Gerechtigkeit und Wahrheitsliebe vermittelt werden. Außerdem möchte ich den Lesern meiner Geschichten auch Wissen vermitteln, von daher recherchiere ich bei historischen Romanen sehr genau, um nicht bewusst falsche Informationen in den Umlauf zu bringen. Die Liebesgeschichte ist dann das Sahnehäubchen darauf, denn ein Leben ist ohne Liebe nicht lebenswert. Aber hauptsächlich soll ein Leser aus meinen Büchern etwas mitnehmen, das er später im Leben mal gebrauchen kann oder das ihm einen Denkanstoß gibt.

Literatopia: Wenn Du nur einen Deiner Romane empfehlen dürftest, welchen würdest Du wählen und warum? Gibt es unter Deinen Werken einen besonderen Liebling? Oder einen dir sehr ans Herz gewachsenen Protagonisten? Erzähl Du uns vielleicht darüber?

Corina Bomann: Es ist schwierig, ein Buch herauszupicken und zu empfehlen, denn ich mag sie alle sehr gern. Meine persönlichen Favoriten sind „Die Spionin“, „Der Lilienpakt“ und die „Sephira“-Reihe, weil sie Geschichten erzählen, die ich zu 200% erzählen wollte (alle anderen sind 100 - 150%). Es sind Geschichten, mit deren Protagonisten ich regelrecht gelebt habe, die sehr viele meiner eigenen Erfahrungen beinhalten oder eigene Ansichten widerspiegeln. Besonders ans Herz gewachsen sind mir Alyson, die Heldin aus „Die Spionin“ und Sayd aus den „Sephira“, weil sie Persönlichkeiten sind, die sehr viel durchmachen mussten und daraus eine Stärke entwickelt haben, die auf andere Menschen faszinierend wirkt. Besonders auf ihre Schöpferin.

Literatopia: Wann und wie hast Du zu schreiben begonnen? Hast Du dich einfach plötzlich hingesetzt und beschlossen, es zu versuchen? Oder war das eine langsamere Entwicklung? Und die Frage aller Fragen: Talent oder Handwerk? Wie denkst Du über das Schreiben?

Corina Bomann: Ich habe als Kind jede langweilige Minute genutzt, um mir Geschichten auszudenken bzw. bereits vorhandene Geschichten weiterzuspinnen. Irgendwann sah ich eine Tierdokumentation, in der ein Vogeljunges von dem Filmteam auf dem Weg durch einen von Dürre gemarterten Landstich Afrikas begleitet wurde. Letztlich ließ man dieses kleine Wesen verdursten. Das hat mich so wütend gemacht, dass ich mich mit meinen acht Jahren daran gemacht habe, sein Schicksal umzuschreiben. Darauf sind dann weitere Tiergeschichten gefolgt und mit 14 hatte ich im Zuge meiner Begeisterung für „Tanz der Vampire“ und „Dracula“ meine erste Romanidee zu einem Vampirroman (der die Schublade allerdings nie verlassen wird).

Zum Schreiben gehört zum ersten sehr viel Phantasie, denn ohne sie fehlen einem die Bilder, die man beschreiben kann. Außerdem braucht man natürlich Handwerk und Liebe zu Worten. Ohne eine einigermaßen vernüftigte Rechtschreibung kommt man leider nicht weit, ohne Ideen und Liebe zu den Charakteren kann man so gut schreiben wie man möchte, es wird nie eine gute Geschichte darauf. Talent und Handwerk sind meines Erachtens beide sehr wichtig für die Schriftstellerei.

Literatopia: Wo und wann schreibst Du? Brauchst Du ein gewisses Umfeld, um in Stimmung zu kommen, oder könnte um Dich herum die Welt im Chaos versinken, während Du tief konzentriert die Tasten zum Glühen bringst?

Corina Bomann: Wenn ich tief in einer Geschichte stecke, kann nebenan jemand mit einem Presslufthammer arbeiten - ich würde mich weder daran stören noch ihn richtig wahrnehmen. Ich kann eigentlich überall schreiben, wichtige Voraussetzung ist aber ein stabiles seelisches Gleichgewicht. Wenn ich mich um einen lieben Menschen sorgen muss, fällt das Schreiben natürlich schwerer. Ansonsten bin ich eigentlich sehr unempfindich gegen Lärm, und sollte der Rasenmäher des Nachbarn zu laut sein, setze ich mir meinen MP3-Spieler auf. Musik ist für mich beim Schreiben immer sehr inspirierend, manchmal sehe ich zu gewissen Liedtiteln sogar ganze Filmszenen vor meinem geistigen Auge, die muss ich dann nur noch in Worte fassen.

Literatopia: Man kann Dich immer wieder auf Lesungen live erleben. Bist Du noch nervös, wenn Du vor Dein Publikum trittst? Und wie reagieren die Menschen auf Deine selbstgenähten Kleider? Erzählst Du uns vielleicht sogar ein bisschen über Deine Künste?

Corina Bomann: Und ob ich nervös bin. Eigentlich sagt man sich, dass man das ja schon viele Male gemacht hat, aber dennoch ist das Lampenfieber da. Und es ist auch wichtig, denn wenn man die Sache zu einfach nimmt, konzentriert man sich nicht richtig. Meine selbstgenähten Kostüme finden beim Publikum immer sehr großen Anklang, die Leute wollen dann wissen, woher ich das Kleid habe und wie lange ich dafür gebraucht habe.

Im Normalfall brauche ich gut einen Monat für ein großes Kleid, denn man muss bei einem historischen Kostüm viele Dinge beachten. Da gibt es Hemden, Unterröcke und das Kleid selbst, die angefertigt werden müssen. Ich suche meine Anregungen dazu auf alten Bildern und aus Filmen. Und natürlich muss das jeweilige Kleid auch zur Epoche der Geschichte und vielleicht auch ein bisschen zu dem Buch passen. So ist das Kleid, das ich zu Lesungen aus „Die Spionin“ getragen habe, dunkelrot (wie das Cover) und das Kleid zum Sturmsegel blau (ebenfalls wie das Cover) zum schwarzgründigen „Krähenweib“ trage ich auch ein vorwiegend schwarzes Magdkleid. Für die Sephira habe ich mir einen Waffenrock angeschafft, denn Laurina hat es ja nicht so mit Kleidern - ganz im Gegensatz zu mir, denn ich liebe diese wunderbaren Roben mit weit schwingenden Röcken.

Literatopia: Verbringst Du auch so manchen Abend damit, viel und ausgiebig zu lesen? Hast Du neben dem Schreiben noch Lust dazu? Wenn ja, was darf auf Deinen Nachttisch und gibt es ein bestimmtes Buch, das Dich in den letzten Monaten besonders beeindruckt hat?

Corina Bomann: Hin und wieder lese ich auch bis in die Nacht hinein, wenn mich ein Buch besonders fesselt. Allerdings überwiegt bei mir zu Schreibzeiten die Lektüre von Sachbüchern. In letzter Zeit mochte ich die Romane von Kate Morton sehr gern. „Der Fechtmeister“ von Arturo Perez-Reverte ist mein absolutes Lieblingsbuch, ebenso wie seine anderen Romane. Besonders angerührt hatte mich auch das Buch „Dornenrose“, in dem eine junge Frau der Herkunft ihrer jüdischen Großmutter nachforscht und auf ein bewegendes Kriegsschicksal stößt.

Literatopia: Was dürfen wir in naher und auch ferner Zukunft von Dir erwarten? Besuchst Du vielleicht ein neues Genre oder bleibst Du einem anderen Grundgedanken treu?

Corina Bomann: Im nächsten Frühjahr mache ich einen kleinen Abstecher ins Steampunk, außerdem wird es diesen Sommer einen neuen Erwachsenenroman geben, der zur Hälfte aus historischer und zur Hälfte aus moderner Handlung besteht. Aber wie man sich vielleicht denken kann, haben diese Bücher alle etwas gemeinsam - einen historischen Rahmen bzw. einen historischen Anteil. Von der Geschichte werde ich ganz bestimmt nicht lassen, egal, welche Elemente hinzukommen.

Literatopia: Herzlichen Dank für das schöne Interview, Corina!

Corina Bomann: Sehr gern! Ich habe zu danken für diese interessanten Fragen!


Autorenhomepage von Corina Bomann

Rezension zu "Das Krähenweib"

Rezension zu "Sephira - Ritter der Zeit: Die Bruderschaft der Schatten"


Dieses Interview wurde von Angelika Mandryk für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.