Magierdämmerung - In den Abgrund (Bernd Perplies)

Egmont Lyx (September 2011)
broschiert mit Klappe
512 Seiten, 12,99 EUR
ISBN: 978-3-8025-8266-0

Genre: Fantasy / Steampunk


Klappentext

Dunkle Magie beherrscht die Welt ...England 1897. Der Kampf um die Wahre Quelle der Magie spitzt sich zu. Jonathan Kentham und Kendra, die Enkelin des Wächters Giles McKellen, wollen mit Hilfe eines magischen Artefakts das Siegel von Atlantis wieder schließen. Doch der Usurpator Wellington war nicht untätig. Er hat die Quelle der Magie unter seine Kontrolle gebracht und verfügt nun über eine Waffe, die mächtiger ist als alles, was die Welt bislang gesehen hat ... Das packende Finale der Magierdämmerung!


Rezension

Der Wiedereinstieg in „Magierdämmerung“ schockt den Leser mit einer großen, unheimlichen Überraschung und geht dann dazu über, die einzelnen Handlungsfäden wieder aufzugreifen, sowie neue zu knüpfen. Nachdem inzwischen einige Charaktere dem Kampf zwischen den Magiern zum Opfer gefallen sind, treten bisher unscheinbare Nebencharaktere ins Licht der Ereignisse. So zum Beispiel der Indianer Wovoka, der zu den Wächtern der wahren Quelle gehört und sich nun ebenfalls auf den Weg dorthin macht, um Jonathan und seine Gefährten beizustehen. Dabei erhascht der Leser interessante Einblicke in das Amerika das 19. Jahrhunderts, das ebenso stimmungsvoll beschrieben wird, wie die Passagen über dem Meer. Denn Holmes und Randolph verbünden sich mit der italienischen Magieragentin Diodato und den deutschen Luftschiffern, um gegen Wellington vorzugehen. Doch die Stimmung an Bord der Gladius Dei ist angespannt und von Misstrauen geprägt. Lediglich Holmes und Diodato scheinen einen lockeren Umgang miteinander zu pflegen. Jonathan und Kendra befinden sich inzwischen ebenfalls auf dem Weg zur Quelle und zwar mit dem magischen Schiff des sogenannten Holländers, der angeblich ein guter Freund von Kendras Großvater war.

Auch Cutler und die in England zurückgebliebenen Anhänger Albert Dunholms bleiben nicht untätig. Sie versuchen mit Königin Viktoria in Kontakt zu treten, um sie für ihre Sache zu gewinnen und gegen Wellington vorzugehen. Dies gestaltet sich allerdings schwieriger, als erhofft. Und hier erhält die Nebenfigur, die dem Wettbewerb „Erschaffe eine Nebenfigur für Magierdämmerung 3“ zu verdanken ist, ihren großen Auftritt. Feodora, Prinzessin von Sachsen-Meiningen, erscheint ganz selbstverständlich in der Geschichte und wird zu einer nützlichen (und auch schwierigen) Verbündeten für Cutler und die anderen Magier des silbernen Kreises. Wie man diesem knappen Umriss des Inhalts entnehmen kann, ist Bernd Perplies in „In den Abgrund“ vor allem damit beschäftigt, sein ganz eigenes Fadenwerk zu einem sinnvollen Ganzen zu verknüpfen – was er ziemlich geschickt angeht. Man kann sich allerdings gar nicht auf einen Protagonisten festlegen, dazu schlüpfen zu viele Charaktere in bedeutende Rollen. Auch sind nicht alle davon Sympathieträger, wodurch man manche sehr ins Herz schließen und andere richtig schön hassen kann.

Bedingt durch die häufigen Perspektivenwechsel verläuft die Spannung quasi in Wellenform. Sie baut sich immer wieder auf und bricht ab, sobald der Ort wechselt. Dabei muss man sich am Anfang etwas durch den Roman kämpfen, um nach der Lesepause, die für die entstanden ist, die den zweiten Band gleich nach Erscheinen verschlungen haben, den Überblick zu behalten. Zudem nehmen die Umstrukturieren viel Raum in Anspruch, tragen aber auch zu einer erneut gänzlich anderen Atmosphäre bei. Denn im dritten Band befinden sich die meisten Charaktere auf oder über dem Meer und kämpfen sich mit den verschiedensten Fortbewegungsmitteln zur Quelle vor. Auch dieses Mal lässt es sich Bernd Perplies nicht nehmen, verschiedene reale und literarische Figuren in seinen Roman einzubinden – wie viele es wirklich sind, weiß wohl nur er selbst. Das Spiel aus Andeutungen, historischen Fakten und der eigenen Phantasie funktioniert jedenfalls wunderbar. Die Spannung bleibt dabei bis zum Schluss erhalten, denn der Schlagabtausch gestaltet sich erschreckend ausgewogen, sodass man nicht sicher sein kann, welche Seite nun gewinnt. Dass Bernd Perplies nicht davor zurückschreckt, auch liebgewonnene Charaktere sterben zu lassen, macht das Ende umso dramatischer und unberechenbarer. Es sei jedoch gesagt, dass es im Kontext der Reihe für alle Leser zufriedenstellend sein sollte.

Am Ende stolpert der Autor allerdings ein wenig über seinen Ideenreichtum. Zwar bemüht er sich, alle losen Fäden aufzugreifen und zu verbinden, aber bei so vielen Charakteren und Handlungssträngen kann man einfach nicht allen gerecht werden. Über so manchen hätte man gerne mehr gelesen und im Chaos des finalen Kampfes tritt so mancher viel zu schnell ab. Von der Masse an Ideen fühlt man sich am Ende ein wenig erschlagen und manchmal wird es doch zu skurril. Nichtsdestotrotz erfährt man viel Interessantes über die unterschiedlichen Personen und kann sich über ein hochdramatisches Finale freuen, bei dem zu allen möglichen und unmöglichen Mitteln gegriffen wird. Neben vielen kreativen Einfällen bietet „Magierdämmerung“ schlichtweg gute Unterhaltung, die emotional mitreißt und einen in der zweiten Hälfte des Romans richtig beutelt. Grausamkeiten jagen humorvolle Sticheleien und so wird man hin und her gerissen zwischen Schreckend und Lachen. Die Trilogie liest sich dabei wie ein einziger, großer Roman, was man auch an der durchgehenden Kapitelnummerierung erkennt. Der dritte Band ist dabei sicherlich der actionreichste und treibt alle Entwicklungen auf ihren Höhepunkt.

„Magierdämmerung“ besticht durch die tolle Recherchearbeit sowie das kreative Magiebild des Fadennetzwerks. „In den Abgrund“ gewährt dabei zusätzlich Einblicke in die zweite und dritte Sphäre der Magie – auch hiervon würde man gerne mehr lesen. Das viktorianische Zeitalter passt dazu hervorragend und Bernd Perplies gelingt es, die Zeit sowohl in seiner Sprache als auch in den Personen einzufangen. Was am Ende bleibt, ist ein wenig Wehmut, weil es dann doch viel zu schnell vorbei war und man das magische 19. Jahrhundert schon wieder verlassen muss, sowie die Freude darüber, eine Geschichte gelesen zu haben, die offensichtlich mit viel Herzblut verfasst wurde. Zudem kann sich die Trilogie auch optisch sehen lassen und wartet mit einer edlen Aufmachung auf.


Fazit

In „Magierdämmerung - In den Abgrund“ verknüpft Bernd Perplies seine Handlungsfäden zu einem unglaublich spannenden und hochdramatischen Finale, bei dem man bis kurz vor Schluss um die Zukunft der Welt und der Protagonisten bangt. Unterhaltsam, kreativ und unheimlich atmosphärisch!


Pro & Contra

+ würdiger Abschluss der Trilogie
+ hochspannend, humorvoll und dramatisch
+ vielfältige, interessante Charaktere
+ stimmungsvoller Schreibstil
+ kreative Ideen / Steampunk-Elemente
+ stürmische Atmosphäre
+ Einbindung realer und literarischer Personen
+ geschickter Handlungsaufbau

o viele Perspektivenwechsel

- anfangs ein wenig langwierig
- wird am Ende nicht allen gänzlich gerecht

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: Bernd Perplies, Steampunk, Steamfantasy, 19. Jahrhundert