Chew - Bulle mit Biss Bd.2 - Reif für die Insel (Layman/Guillory)

chew 2

Cross Cult (Juni 2011)
Hardcover, 128 Seiten
ISBN: 978-3-942649-19-3
€ 16,80 [D]

Genre: Thriller / Humor


Klappentext

Im Kampf gegen die internationale Geflügelmafia verschlägt es Sonderermittler Tony Chu in die Südsee. Treibt auf der Insel Yamapalü ein Vampir sein Unwesen? Was hat es mit der mysteriösen Gallusfrucht auf sich? Und wer oder was ist Poyo? Um den Geheimnissen von Yamapalü auf die Spur zu kommen, wird sich Tony nicht allein auf seinen hellseherischen Geschmackssinn verlassen können. Denn während er auf eigene Faust ermittelt, ist ihm Lin Sae Woo, die scharfe Topagentin des Landwirtschaftsministeriums, dicht auf den Fersen.


Rezension

Tony Chu hat es nicht leicht. Als Sonderagent der FDA müsste er eigentlich der strahlende Stern am Polizistenhimmel sein. Immerhin ist er einer von weltweit drei Chibopathen, Menschen denen es möglich ist, beim Verzehr von Speisen ihre Herkunft zu bestimmen. Beim sprichwörtlichen Haar in der Suppe wissen sie aber auch plötzlich, dass der Koch, dem das Haar gehört, am liebsten Vanilleeis mag, Strapse trägt und in seinem Keller zerstückelte Frauenleichen versteckt. Das macht Chu zu einem perfekten Ermittler, gleichzeitig kann er nichts essen außer Rote Beete, die aus unerfindlichen Gründen keine Reaktion erzeugt. Im Weg seiner Karriere steht aber vor allem Chus Boss, der ihn so sehr hasst, dass er ihn am liebsten Exkremente fressen lassen würde – im wahrsten Sinne des Wortes.
Mit seinem alten und neuen Partner ermitteln sie einen perfekten Bankraub, bei dem keinerlei Spuren hinterlassen wurden. Doch das ungleiche Duo findet dennoch einen Hinweis und noch mehr als das. Eine geheimnisvolle Frucht, die gekocht exakt nach Hähnchen schmeckt, führt Chu auf eine winzige Insel, wo ihn mehr Ärger erwartet, als er sich vorstellen kann.

Die Geschichten um Tony Chu, dem Agenten der ungewöhnlichen Art, sind nur sehr schwer einzuordnen. Und das bezieht sich auf alle Aspekte, die so ein Comic bietet. Die Grundidee ist dieselbe: Eine alternative oder leicht zukünftige Welt, in der die Vogelgrippe dazu geführt hat, dass Geflügel – vor allem Huhn – verboten wurde. Plötzlich sind Brathähnchen und hart gekochte Eier das Produkt der Begierde und rufen Kriminelle auf den Plan. Eine scheinbar alberne und unrealistische Vorstellung, die in Anbetracht der angstschürenden Medienberichterstattung unserer privaten Sender womöglich gar nicht so abwegig ist. In erster Linie ist das Grundgerüstet des Comics aber urkomisch und findet sich so schnell kein zweites Mal. Im zweiten Band von "Chew – Bulle mit Biss" verschlägt es Chu auf eine kleine Insel, auf der die Geflügelprohibition bisher nicht gegolten hatte. Die Einheimischen wurden von einem Tag auf den anderen um ihre Geldquelle gebracht. Doch eine neue Frucht, die gekocht exakt wie Hühnchen schmeckt, bringt einen Stein ins Rollen, der auf seinem Weg eine blutige Spur hinter sich lässt. Zur selben Zeit streift ein bestialischer Serienkiller im vermeintlichen Paradies umher und hinterlässt Leichen mit merkwürdigen Bisspuren am Hals.
Wieder sind es fünf Kapitel, durch die Chu sich prügeln, schießen und speisen muss, und wieder sind sie für sich genommen wie Kurzgeschichten. Sie handeln ein komplettes Ereignis ab und erfordern kaum Vorkenntnisse, liefern aber jedes Mal ein Fragment, das zur Lösung des Falls dient. Das macht es sehr angenehm zu lesen. Dafür ist es etwas schwerer, die Story zu durchschauen, alle Zusammenhänge zu verstehen und nachzuvollziehen. Aber dann liest man das Ganze eben ein weiteres Mal und genießt erneut all die skurrilen Ideen und lacht sich schief über die Dialoge und Situationskomik.

In einer nicht weiter definierten Welt, kann sich ihr Schöpfer austoben bis zum Gehtnichtmehr. Im Falle von Layman, für Story und Dialoge verantwortlich, und Guillory, der Künstler hinter den Zeichnungen, wurde das auch genutzt. Ob Cyborgs, Kampfhähne oder großbusige Geheimagentinnen der Charaktervielfalt scheinen keine Grenzen gesetzt. Jeder wichtige Charakter ist ein Unikat und unverwechselbar liebenswert. Tony Chu ist mit seiner exzentrischen und grantigen Art eine unersetzbare und perfekt getroffene Hauptfigur. Sein Zwiespalt an Menschen rumzuknabbern, um einen Fall zu lösen, und die ethische Frage, die dahinter steht, ist stets vorhanden und macht ihn sehr lebendig. Seine Fähigkeit könnte ihn ohne den vorhandenen Skrupel zu einer Art Superhelden machen, doch der zu zahlende Preis ist zu hoch – und außerdem meistens schlichtweg ekelhaft. Erfreulich ist die Wiederkehr von Chus Partner, John Colby. Im ersten Band verschwand er, bedingt durch ein Hackebeil im Schädel, zu früh aus der Geschichte. Nun sorgt er als männlicher Gegenpart für einige Lacher und unerwartete Momente. Die dritte wiederkehrende Gestalt ist der Chef der FDA, mit dem sich Chu regelmäßig hitzige Auseinandersetzungen liefert. Zusammen sind sie ein geniales Trio und erlauben Runninggags. Abseits von den üblichen Verdächtigen überzeugen ebenfalls alle Nebenfiguren bis zum letzten Statisten.

Leben wird den ganzen Ideen und kreativen Figuren durch die genialen Zeichnungen eingehaucht. Wie schon bei Band 1 erwähnt, sind die Zeichnungen sehr amerikanisch. Die Bilder sind überaus detailreich, die Figuren gezielt überzogen und ähneln eher Karikaturen von James Bond Bösewichten. Anatomische Gegebenheiten werden auf Kosten des Humors zum Teil schlichtweg ignoriert, was dem Ganzen einen cartoonigen Charakter gibt. Da schon der erste Teil in dieser Hinsicht keine Schwächen aufwies, kann man hier keine großartige Steigerung erkennen.


Fazit

Der 2. Auftrag von Tony Chu entführt uns auf eine kleine Insel, auf der sich eine kulinarische Revolution anbahnt. Der Fall ist ebenso absurd wie witzig und überzeugt mit überzogenen Charakteren sowie einfach genialen Zeichnungen. Besser als sein Vorgänger und unbedingt empfehlenswert.


Pro und Kontra
+ überzogene und aberwitzige Charaktere
+ Grundkonzept der Geflügelprohibition sehr absurd
+ Zeichnungen
+ wiederkehrende Figuren
+ Cross Cult Qualität

- gelegentlich sind die Zusammenhänge der Kapitel schwer verständlich

Beurteilung:


Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5


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