Unversehrt (Mirjam Müntefering)

muentefering m-unversehrt

Piper-Verlag (Februar 2007)
Taschenbuch, 304 Seiten
€ 9,99 [D], € 10,30 [A], sFr 14,90
ISBN-13: 978-3-492-24869-3


Genre: Liebesroman


Klappentext

Meine eigene Dummheit und der Tod hatten mich untrennbar mit einem Menschen verbunden.


Zwei ganze Jahre dauert es, bis sich zwischen Cornelia, von allen nur »David« genannt, und Maya aus einer innigen Freundschaft eine zarte Liebesgeschichte entspinnt. Doch nach der Abiturfeier verursacht Cornelia einen Autounfall, bei dem Mayas beste Freundin stirbt. Cornelia selbst bleibt wie durch ein Wunder unversehrt. Der Unfall reißt eine tiefe Kluft zwischen die jungen Liebenden. Kurze Zeit später gehen sie getrennte Wege. Doch Cornelia kann Maya nicht vergessen. Und so macht sie sich, Jahre später, auf die Suche nach der Freundin … Ein Roman über Schuld, Vergebung und die Kraft der Liebe zwischen Frauen.

Rezension
 
Das man mit Unversehrt einen ungewöhnlichen Liebesroman in den Händen hält, wird bereits nach den ersten paar Seiten deutlich. Einfühlsam und mit viel Liebe zum Detail lässt Mirjam Müntefering hier die Kindheit ihrer Protagonistin vor dem Auge des Lesers zum Leben erwachen.
Vom amerikanischen Vater noch vor der Geburt verlassen, wächst Cornelia bei ihrer sechzehnjährigen Mutter und den Großeltern auf, verlebt aber dennoch eine unbeschwerte Kindheit. Ihr androgynes Aussehen sowie der Hang Jungenkleidung zu tragen, sorgen in der Schule schnell für Verwechslungen und so wird aus Cornelia durch einen dummen Zufall bald David. Der Name bleibt auch über die Jahre hinweg an ihr haften, was dazu führt, dass immer wieder Mädchen irrtümlich für den `Jungen mit den dunklen Augen` schwärmen. Als Maya auftaucht, denkt Cornelia/David erst an eine solche Verwechslung, doch schnell wird deutlich, dass Maya nicht nur weiß, wen sie vor sich hat, sondern ernste Gefühle für sie hegt.
Trotz der unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründe entspinnt sich eine zarte Beziehung zwischen den beiden. Nahezu zwei Jahre dauert es, bis sie den letzten Schritt wagen, und kaum begonnen, werden die beiden durch den von Cornelia/David verursachten Tod von Mayas Freundin entzweit. Cornelias/Davids Suche nach Absolution beginnt sowie der schwere Weg zurück ins Leben. Zurück zur Liebe.

Ich stand direkt vor ihr und wusste plötzlich nicht mehr, wohin mit meinen Armen. Es schien mir vollkommen unmöglich, Maya nicht zu umarmen. Und es schien mir noch vollkommen unmöglicher, es zu tun.

Am Anfang noch verspielt wandelt sich die Stimmung des Buches mit zunehmendem Alter Cornelias. Aus einem fröhlichen Wildfang wird ein Teenager, der sich seiner Gefühlswelt nicht sicher ist, eine verliebte Frau und schließlich eine von Schuld begleitete Seele, die versucht, ihren Platz zu finden.

Obwohl der Fokus des Buches auf Cornelia/David und ihrer Beziehung zu Maya liegt, fügen sich die beiden nahtlos in ein gelungen gestaltetes Set aus Charakteren ein. Jede Figur hat ihre Eigenheiten, ihre Schwächen und Stärken, so dass man sich als Leser fast dabei wähnt, wenn Cornelia/David mit ihrem Großvater, der durch eine Kriegsverletzung versehrt ist und auf das Niveau eines 8-Jährigen zurückgeworfen worden ist, durch den Wald stromert und Robin Hood spielt.

Er klammerte sich angesichts der vielen neugierigen Augenpaare, die auf ihn gerichtet waren, an Gigis Hand, die mit ihm hinüber zum wartenden Alois schritt. Dort erinnerte sich daran, was ihm in zig Übungen eingeschärft worden war, und er legte Gigis Hand in die von Alois, umarmte beide so heftig, dass er Gigis Brautstrauß zerknautschte, und flüchtete dann rasch an Großmutters schützende Seite.

So klar und geschickt wie die Konstellation der Charaktere gestaltet sich auch der Stil Münteferings. Flüssig wechseln gelungene Metaphern mit klaren Worten, so dass man nur über die Seiten hinweg zu fliegen scheint. Besonders gelungen wirken hierbei die drei lyrisch anmutenden Texte, die am Anfang, in der Mitte und am Ende des Buches gesetzt worden sind. Sie rahmen die Geschichte nicht nur inhaltlich ein, sondern erwecken jeweils eine ganz eigene Stimmung, die sehr gut auf ihre Position im Buch abgestimmt ist.
Fazit

Unversehrt ist kein Liebesroman. Es ist eine Biographie über eine Frau, die in einer ungewöhnlichen, aber liebevollen Familie aufwächst, die Liebe zarte zu einer Frau für sich entdeckt und dann als Teenager aus Übermut, den Tod eines Menschen verschuldet und darüber fast den Lebensmut verliert. Es ist eine Geschichte über das Leben mit Schuld, den täglichen Kampf zurück ins Leben. Aber auch eine Geschichte über Familienbande, Freundschaft und Liebe. Verpackt in wunderschöne Bilder und gezeichnet durch Charaktere, die so real wirken, als wären sie aus dem Leben gegriffen.

Pro & Kontra

+ außergewöhnliche Idee
+ lebendige und liebevoll gestaltete Charaktere
+ nachvollziehbare Liebesgeschichte mit mehreren Ebenen
+ ansprechender Schreibstil mit lyrischem Touch

- Schreibstil teilweise vielleicht zu lyrisch

Wertung: alt

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 5/5