Die Menschenleserin (Jeffery Deaver)

 

Blanvalet (Februar 2008)
Übersetzt von Thomas Haufschild
544 Seiten, 19,95 EUR
ISBN 978-3764502836

Genre: Thriller

(Anmerkung: die Taschenbuchversion für 9,95 EUR erscheint im Dezember 2009)


Klappentext

Ein brisanter Fall für Jeffery Deavers neue faszinierende Ermittlerin Kathryn Dance, bekannt aus "Der gehetzte Uhrmacher"! Vor acht Jahren löschte der hochintelligente Psychopath Daniel Pell auf einen Streich eine ganze Familie aus - zumindest beinahe: Allein die neunjährige Tochter überlebte diese schreckliche Nacht. Doch nun ist Pell die Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis gelungen. Und nur Kathryn Dance kann jetzt noch verhindern, dass der Mörder sein Versäumnis von damals wettmacht. Doch dafür muss die geniale Verhörspezialistin und Menschenleserin ganz tief in Daniel Pells Psyche eintauchen - ein Höllentrip, von dem es vielleicht keine Wiederkehr für sie gibt ...

Daniel Pell war der Anführer einer Art Sekte. Er lebte gemeinsam mit drei Frauen und einem anderen Mann als "Familie". Er wurde für den brutalen Mord an der Croyton-Familie vor acht Jahren zu lebenslänglich verurteilt. Der damalige Staatsanwalt nannte ihn "Mansons Sohn", weil Pells Lebensweise der Mansons & das Verbrechen dem Mord an Sharon Tate glich. Dance hat den Auftrag, Pell wegen eines Verbrechens zu befragen, das noch vor dem Mord an der Croyton-Familie liegt und ihm zur Last gelegt wird. Nach der Vernehmung flieht Pell, taucht unter und befindet sich in einer Mordserie. Um Pells wieder habhaft zu werden, bevor er sich an den Menschen rächt, die ihm seiner Ansicht nach Unrecht getan haben, bedient Dance sich der Frauen, die Mitglied in Pells "Familie" waren. Den brutalen Mord hat damals aber jemand überlebt: Die jetzt siebzehnjährige Theresa Croyton. Sie wurde von der Presse als das "schlafende Püppchen" bezeichnet, weil sie sich zum Zeitpunkt des Mordes schlafend in ihrem Bett befand und von ihren Kuscheltieren verdeckt wurde. Da die Zeit drängt, versucht Dance Theresa ausfindig zu machen, um auch ihre Mithilfe in Anspruch nehmen zu können....


Rezension

Eine neue Ermittlerin bei Deaver - und hoffentlich auch eine neue Serie. Nachdem bei den Fällen mit dem Ermittlerduo Lincoln Rhyme und Amelia Sachs das Hauptaugenmerk auf die Faszination der Spurensicherung gelegt ist, geht es hier nun hauptsächlich um die Kinesik: die Kunst, ein menschlicher Lügendetektor zu sein. Es ist eine Kunst für sich, aus dem Verhalten und Gebarden der Menschen zu lesen, auf jede kleinste Nuance zu achten und dabei verlässlich festzustellen, ob jemand die Wahrheit sagt. Kathryn Dance ist eine Meisterin in ihrem Fach. Hochinteressant, was man alles aus dem Verhalten eines Menschen herauslesen kann.

Ständig gibt es neue Wendungen bei dem Fall. Pell spielt mit den Menschen auf eine äußerst kompetente und hochintelligente Art und Weise, wie ein Marionettenspieler mit seinen Figuren. Nicht zu unterschätzen ist seine betörende Wirkung auf Frauen, wie ein Rattenfänger zieht er sie an und benutzt sie schamlos für seine Zwecke. Nichts - aber auch gar nichts ist so, wie es zu sein scheint und durch viele neue Erkenntnisse wird der Fall immer brisanter. Jedesmal, wenn Kathryn Dance versucht, Pell in eine bestimmte Richtung zu lenken, reagiert er völlig anders. Jedesmal, wenn sie denkt, jetzt hat sie ihn durchschaut, passiert etwas Unvorhergesehenes. Mit perfiden Methoden führt er mit ihr einen Tanz um Leben und Tod auf. Es wird immer klarer, dass Pell es auf Kathryn abgesehen hat und zum Schluß muss sie um ihr Leben und das ihrer Lieben bangen. Und wie immer bei den Büchern von Jeffery Deaver weiß man, wenn der Bösewicht zwanzig Seiten vor Ende des Buches geschnappt wird - dann kommt noch etwas Unerwartetes nach. Wenn man allerdings viele Bücher von ihm gelesen hat, kann man sich ungefähr vorstellen, was noch passieren kann.

Das Buch ist absolut nicht vorhersehbar und hat viele interessante Wendungen, die alle auch sehr gut begründet sind. Und das ist auch ein wahres Highlight in diesem Buch: die vielen logischen Schlussfolgerungen lassen keinen Platz für Spekulationen oder Unverständnis. Dazu kommen noch persönliche Probleme, besonders die Schwierigkeiten, die Kathryn als arbeitende Witwe mit den Kindern bekommt, wenn sich auf einmal wieder Männer in ihr Leben drängen. Und ihre absolut unfehlbare Schlussfolgerung am Ende des Buches zu diesem Thema war sehr überzeugend.


Fazit

Eine interessante neue Ermittlerin mit speziellen Kenntnissen. Ein interessanter Fall und ein durch und durch verdorbener, aber hochintelligenter Bösewicht. Ein Muss für jeden, der bei einem Thriller Wert auf logische Ermittlungsarbeit und sympathische Ermittler legt.


Pro und Contra

+ interessante Erkenntnisse durch die Kinesik
+ fesselnder Erzählstil
+ sympathische Ermittler, die nicht nur Polizisten sind
+ ein hochintelligenter Bösewicht
+ viele, unvorhersehbare Wendungen

- einige wenige Längen im Mittelteil

Wertung: 

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Jeffery Deaver:

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