Coraline (P. Craig Russell, Neil Gaiman)

Titel: Coraline
Autor: P. Craig Russell nach einem Roman von Neil Gaiman
Zeichner: P. Craig Russell
Originaltitel: Coraline
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Verlag: Panini, Softcover-Paperback, ca. 200 Seiten
Preis: 29,95 EUR


Rezension

Coraline ist eine Entdeckerin. In den vergangenen Wochen hat sie bereits die neue Wohnung, in die sie mit ihren Eltern gezogen ist, sowie die nähere Umgebung gründlich durchkämmt. Bis zum Ende der Sommerferien ist es aber noch eine ganze Woche hin und da das schlechte Wetter sie im Haus festhält, wird dem aufgeweckten Mädchen schnell langweilig.
Als sich deshalb eines Nachts eine für gewöhnlich abgeschlossene Tür wie von selbst öffnet und den Blick auf einen Flur freigibt, den es eigentlich gar nicht geben dürfte, zögert Coraline nicht lange. Sie durchschreitet den Flur – und betritt damit eine gleichsam vertraute wie fremde Welt. Coralines Abenteuerlust führt sie in eine Paralellwelt, in eine Wohnung, die wie das Spiegelbild ihrer eigenen wirkt. In dieser Welt scheint auf den ersten Blick alles viel wunderbarer und bunter zu sein als in ihrer eigentlichen – und ihre “anderen Eltern” scheinen begeistert über Coralines Ankunft zu sein. Diese “anderen Eltern” gleichen ihren eigentlichen Eltern bis auf’s letzte Haar – anstelle von Augen tragen sie im Gesicht allerdings glänzende, schwarze Knöpfe. Zunächst ist Coraline begeistert von ihrem zweiten Zuhause. Schon bald aber verhält sich ihre “andere Mutter” immer unheimlicher, und als Coraline realisiert, dass diese mit allen Mitteln versucht, ihr die Rückkehr in die eigentliche Realität zu verwehren, beginnt ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel.

Noch rechtzeitig vor dem Filmstart von Coraline präsentiert Panini die deutsche Ausgabe der gleichnamigen Comic-Adaption nach dem Jugendbuchbestseller von Kult-Autor Neil Gaiman (Sternwanderer; Neverwhere). Wie man es von Gaiman gewohnt ist, liefert er mit Coraline eine etwas skurille Geschichte mit vielen düsteren Momenten. Die Geschichte mag nicht brutal sein, gruselig ist sie aber allemal. Coralines phantastische Erlebnisse jagen einem so manchen Schauder über den Rücken. Ein Gruselbuch für junge Leser also, an dem auch Erwachsene sicher Spaß haben und das für Kinder mit zartem Gemüt gerade aufgrund seiner Subtilität mitunter ein bisschen zu angsteinflößend sein könnte.

Die Atmosphäre, von der Coraline lebt, hat P. Craig Russel, der für die Comic-Adaption verantwortlich ist, gut eingefangen. Auch Russel setzt in seinen Bildern nicht auf graphische Brutalität. Das Unheimliche wird vielmehr im unterkühlten Gesichtsausdruck der “anderen Mutter” greifbar, in Gesten und Momentaufnahmen, die der Künstler mit wenigen Strichen auf’s Papier wirft. Rein textlich hält sich Russel ohnehin stark an den Roman. In so manchen Passagen fühlt man sich eher an eine Bildergeschichte à la Wilhelm Busch erinnert als an einen modernen Comic. Die Nähe zur Vorlage ist demnach zwar lobenswert, der Kunstgriff hemmt andererseits mitunter den Erzählfluss. Mit knapp 20,- Euro ist die Graphic Novel außerdem nicht gerade ein Schnäppchen. Dafür bietet Panini für diesen Preis allerdings auch einen hochwertig aufgemachten 200-Seiten-Wälzer, der hervorragend in der Hand liegt und schaurig-schöne Unterhaltung bietet. Für zehn Euro mehr ist übrigens auch eine Luxus-Variante in Hardcover erhältlich.

Für Gaiman-Jünger dürfte der Band ohnehin ein Pflichtkauf sein. Freunden etwas ungewöhnlicherer, gut durchdachter und unheimlicher Geschichten muss Coraline allerdings auch definitiv wärmstens empfohlen werden.


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Diese ausführliche Rezension stammt von Darkstar von fantasy-news.com!

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