Die Lieder der Erde (Elspeth Cooper)



Heyne Verlag (November 2011)
Klappbroschur, 560 Seiten, EUR 14,99
ISBN: 978-3453267138
The Wild Hunt 1

Genre: Fantasy


Innerer Klappentext

>>Ein Hexer muss sterben!<<

Darüber lässt das heilige Buch von Eador keinen Zweifel. Grausam verfolgt die Kirche all diejenigen, die bei der Ausübung von Magie erwischt werten. Doch dann geschieht das Unfassbare: Der junge Gair, eben noch auf seine Verurteilung als Hexer wartend, kann mithilfe eines mysteriösen Fremden fliehen. Auf der weiten Reise zu den Westinseln erfährt Gair, dass er eine besondere Gabe besitzt: Er kann den magischen Schleier, der die Welt vor dem Chaos und der Zerstörung dämonischer Wesen bewahrt, weben. Gairs unbekannter Retter entpuppt sich als Hüter des Schleiers und als Lehrer an der Akademie, an der Gair lernen wird, seine Gabe zu nutzen. Doch viel zu früh werden auch Gairs Feinde auf ihn aufmerksam und treffen ihn dort, wo er am verletzlichsten ist: bei seiner großen Liebe, der charismatischen Aysha. Als der Schleier zu zerreißen droht und ein unerbittlicher Kampf zwischen den Welten entbrennt, trifft Gair eine schicksalshafte Entscheidung …


Rezension

Magie, ein junger Mann, der seine Gabe gerade erst begreift, ein geheimnisvoller Fremder, der ihn in der Magie unterweist und ihm eröffnet, dass er der einzige ist, der den Untergang der Welt verhindern kann – Fantasykennern, denen das alles irgendwie merkwürdig vertraut vorkommt, sei hiermit bestätigt: Ja, es ist die alte Leier. Dennoch, der Auftakt zu Elspeth Coopers neuer Fantasy-Serie „The Wild Hunt“ (engl.: „Die wilde Jagd“, Serientitel wurde nicht in deutsche Übersetzung übernommen) ist solide geschrieben und trotz reichlichen Gebrauchs gängiger Klischees eigenständig genug, um daraus eine eigene Daseinsberechtigung abzuleiten.

Denn trotz wirklich zahlreicher bekannter Grundmuster: Die Umsetzung ist gekonnt und lässt einen schnell vergessen, dass man da eigentlich nichts „Neues“ vor der Nase hat. Denn Gairs Schicksal, das in einem Kerker beginnt und in einer Art „Magierschule“ endet – eine Reise, die einen nicht unbeträchtlichen Teil des Romans ausmacht und quer durch Coopers Fantasy-Welt führt -, ist spannend und unterhaltsam. Diese Welt ist dabei gut beschrieben und bietet schöne Schauplätze, die dem High-Fantasy-Anspruch Rechnung tragen. Verwunderlich hierbei ist allerdings der Verzicht des Verlags auf eine Karte, wie man sie bei einem Buch solcher Aufmachung – zumal es die Klappbroschur förmlich anbietet – eigentlich erwartet und nicht selten während der Geschichte auch benötigt hätte.
Schrittweise lernt der Leser immer mehr über das Magie-Konzept, über die Welt und die Lage, in der diese sich momentan befindet – ganz so, wie es sich für eine ordentliche Reise in einem Fantasy-Roman gehört. Ebenso wie die Tatsache, dass es um diese Welt gerade nicht zum Besten steht - droht doch der „Schleier“ zu zerreißen, eine magische Schutzbarriere, die die Welt vor einer unaussprechlichen Gefahr schützen soll.
Durch verschiedene Point-of-View-Charaktere beleuchtet Cooper diese Gefahr und die Situation, in der ihre Welt steckt, sodass sich dem Leser ein genaues Bild präsentiert – und nicht zuletzt wird hierdurch auch weitere Spannung generiert, denn diese Nebencharaktere sind geschickt positioniert und stehen dem Haupthandlungsstrang folglich in Sachen Spannung in nichts nach.
Und so erfährt man beispielsweise direkt aus erster Hand – nämlich aus der Perspektive eines der „Hüter“ des Schleiers, den man auf seinen Patrouillen begleitet -, wie ernst die Situation bereits ist. Auch die anderen Blickwinkel ergänzen die Handlung und runden diese angenehm ab, nicht zuletzt durch ihre durchdachten Nebencharaktere, die sich in Punkto Authentizität durchaus mit den Hauptcharakteren messen lassen können. Denn: Der Protagonist – Gair - ist zwar ein sympathischer Charakter, den man gerne durch das Buch begleitet – dabei entspricht er jedoch so genau den gängigen Klischees eines High-Fantasy-Protagonisten (Waisenjunge, der mit besonderer Begabung dazu ausersehen ist, die Welt zu retten und so fort), dass er trotz allem stets austauschbar wirkt. Teilweise abgemildert wird dieser Effekt durch die Tatsache, dass Cooper immer wieder versucht, Gair dem Leser etwas näher zu bringen – beispielsweise dadurch, dass sie seine Kindheit beleuchtet und erzählt, wie er die magischen Kräfte in sich „entdeckt“ hat. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von anderen Magie-Konzepten, wie man sie etwa von Canavan oder zahllosen anderen Autoren kennt. In dieser Hinsicht ist es wohl auch nicht sonderlich originell, dass Gair einer der ganz wenigen Magier ist, die die Gabe haben, sich in Tiere verwandeln zu können. Doch auch hier gilt, wie so oft in diesem Buch: Eine nicht neue Idee wurde trotzdem gut umgesetzt und bietet so trotz allem ausreichend Lesespaß. Denn Gairs besondere Gabe etwa verknüpft Cooper gekonnt mit einer Liebesgeschichte, die dem Roman etwas zusätzliche Würze verleiht.


Fazit

Bar jeder Innovation bietet Cooper ein dennoch solide geschriebenes und spannendes Fantasy-Abenteuer. Fans klassischer High-Fantasy können bedenkenlos zugreifen. Wer das Ausgefallene sucht, sollte sich hingegen anderweitig umschauen.


Pro & Kontra

+ meist spannend
+ gut umgesetzt
+ schöne Schauplätze
+ gute POV-Nebencharaktere

- Protagonist „klassischer“ Fantasyheld, der dadurch austauschbar wirkt
- nahezu jedes gängige Fantasy-Klischee wird bedient

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5