Fever – Schatten der Vergangenheit (Douglas Preston, Lincoln Child)

Verlag: Droemer (Januar 2011)
Hardcover: 528 Seiten,  € 19,99
Sprache: Deutsch
Originaltitel: Fever Dream
ISBN-13: 978-3426198919

Genre: Thriller


Klappentext

Auf dem Stammsitz seiner Familie macht Pendergast eine ungeheuerliche Entdeckung: Seine Frau Helen ist vor zwölf Jahren nicht durch einen Unfall ums Leben gekommen – es war ein heimtückisch geplanter Mord! Gemeinsam mit seinem besten Freund D’Agosta beginnt Pendergast zu ermitteln – und muss bald erkennen, dass Helen ihn aus vielen Gründen geheiratet hat, aber nicht aus Liebe …


Rezension

Durch einen Zufall entdeckt Aloysius Pendergast, dass seine vor zwölf Jahren verstorbene Frau nicht durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen, sondern ermordet worden ist. Mit Hilfe seines Freundes Vincent D’Agosta setzt er alles daran, der längst erkalteten Spur zu folgen und die Umstände aufzuklären. Dabei fördert er eine Geschichte von ungeahnter Tragweite ans Tageslicht und muß feststellen, dass dabei einiges anders ist als er immer angenommen hatte ...

Der mittlerweile zehnte Roman um und mit Special Agent Aloysius Pendergast bildet den Auftakt zu einer Trilogie innerhalb der Pendergast - Reihe, die sich mit einem ganz persönlichen Kapitel des exzentrischen Agenten befasst. So erfährt der Leser hier erstmalig von seiner Ehe und ihrem tragischen Ende, und darf mit erleben, dass kaum etwas davon das gewesen ist, was es zu sein schien.
Pendergast und Emotionalität passen einfach nicht zusammen, so bleibt er auch angesichts größter persönlicher Katastrophen eher distanziert und kühl. Tränen scheinen bei ihm ebenso ein Ding der Unmöglichkeit zu sein wie menschliche Wärme oder schlichte Trauerarbeit. Angetrieben durch kalten Zorn heftet er sich, ähnlich einem Bluthund, verbissen an längst erkaltete Fährten und schafft es, selbst an den unmöglichsten Orten verborgene Puzzlesteine ans Licht zu zerren. Hilfe bekommt er von seinem Freund Vincent D’Agosta, einem New Yorker Cop, mit dem er schon einige Abenteuer bestanden hat.

Im Stil einer Schnitzeljagd arbeiten sich die beiden akribisch von Hinweis zu Hinweis, treffen dabei auf illustre Gestalten und begeben sich an interessante Schauplätze, die mit viel Lokalkolorit präsentiert werden und den Leser wunderbar in die Atmosphäre eintauchen lassen, sei es in Afrika oder den Südstaaten der USA. Wie üblich beim Autorenduo Preston/Child entwickelt sich die Handlung spannend und bietet viel Raum zum Mitfiebern, wenn es auch gelegentlich ein paar Längen gibt. Der Plot ist folgerichtig und größtenteils nachvollziehbar aufgebaut; größtenteils, denn obwohl man von der Pendergast - Reihe einiges gewohnt ist, erscheint in diesem Roman der Bogen etwas zu häufig zu überspannt, was bedeutet, es geschehen zu viele Dinge, die schlicht und einfach zu unglaubwürdig sind.

Für eingefleischte Fans dürfte dieser Punkt allerdings zu verschmerzen sein, denn es macht einen wesentlichen Reiz des Pendergast – Universums aus, zu verfolgen, wie der höchst eigenwillige Agent mittels seiner erstaunlich umfassenden Bildung, seiner manchmal  abenteuerlich erscheinenden Verbindungen und auch seines schier unerschöpflichen Reichtums aus Situationen herauskommt, die selbst auf den zweiten und dritten Blick noch unlösbar erscheinen.

Mit gewohnter Sorgfalt wurden die Charaktere erstellt, wobei auch die Nebendarsteller lebendig erscheinen und über differenzierte Persönlichkeiten verfügen. Besonders die Entwicklung des Gegenspielers, dessen Identität und Intention dem Leser erst nach und nach enthüllt wird, ist sehr spannend zu verfolgen. Auch Laura Hayward und die nach wie vor geheimnisvolle Constance Greene, beide aus den Vorgängerbänden bekannt, spielen eine Rolle.
Erstaunlicherweise erscheint diesmal die Figur des Aloysius Pendergast auf eigenartige Weise unstimmig. Sicher, es ist ein Balanceakt, den stets so unglaublich distanzierten Agenten in ein derart emotionales ‚Fahrwasser’ zu befördern. So wirkt er einerseits schwach und verletzlich wie nie zuvor, zum anderen steht dagegen seine gewohnte Beherrschtheit, Vorausschau und Allwissenheit, die den Zorn und die Rachegelüste, die er empfindet, nicht wirklich glaubhaft machen. Die Mischung ist nicht richtig gelungen und  Pendergasts wahrer Persönlichkeit kommt man nach wie vor kaum näher. Da sich dieses Thema mittlerweile über zehn Romane hinzieht, wirkt es langsam etwas überstrapaziert und es droht ein Übersättigungsfaktor, durch den die Spannung schnell in Langeweile kippen kann.

Der flotte und spannende Schreibstil des Autorenduos trägt einiges dazu bei, die vorhanden Schwächen wieder wett zu machen, zudem haben die beiden wieder einmal ausgezeichnet recherchiert und Historisches gekonnt mit Fiktion vermengt. Ein weiteres Markenzeichen der Pendergast – Romane, nämlich das Mystery – Element, findet sich ebenfalls, jedoch diesmal in einer eher untergeordneten Rolle.
Am Ende bleiben die meisten Fragen offen und es wird klar, dass man von Helens Geheimnis bestenfalls die Oberfläche angeritzt hat. Der Nachfolgeband ist unter dem Titel ‚Revenge’ bereits erschienen und schließt nahtlos an das Geschehen an.
Es ist zwar möglich, aber nicht empfehlenswert, mit diesem Buch in die Pendergast – Reihe einzusteigen, das Fehlen von Hintergrundwissen aus neun vorangegangenen Bänden würde den Lesespaß dann doch etwas zu sehr trüben.


Fazit

Nicht das beste Buch aus der Pendergast - Reihe, doch bieten Douglas Preston und Lincoln Child mit ‚Fever’ solide und spannende Unterhaltung in ihrem unverwechselbaren Stil. Ein Muß für alle Pendergast-Fans, die wissen wollen, wie es mit dem exzentrischen Agenten weitergeht.


Pro & Kontra

+ Temporeich und spannend
+ lebendige Charaktere
+ ansprechender Schreibstil
+ solide recherchiert
+ stimmungsvolle Atmosphäre
+ hoher Mitfieberfaktor
+ diverse überraschende Wendungen

- Pendergasts Charakter nicht ganz stimmig weiterentwickelt
- stellenweise zu unglaubwürdig
- einige logische Unstimmigkeiten
- einige wenige Längen
- ein Lesebändchen wäre schön gewesen

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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