Meeresblau (Britta Strauss)

Verlag: SiebenVerlag (Juni 2011)
Taschenbuch, 248 Seiten, 16,50 €
ISBN: 978-3941547360

Genre: Fantasy


Klappentext

Nach dem Tod seiner Eltern kehrt der Meeresbiologe Christopher Jacobsen heim auf die Isle of Skye, um sich um seine jüngere Schwester zu kümmern. Nicht nur der tragische Verlust verändert das Leben der Geschwister schlagartig, denn seltsame Wandlungen gehen in Christopher vor und das Meer übt eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Auf einer Tiefseeexpedition, die ihn zusammen mit einer Crew von Wissenschaftlern vor die Küste Chiles führt, gewinnt der tödliche Zauber seiner wahren Natur an Kraft. Hin- und hergerissen zwischen seinem Leben an Land, seiner Liebe zu der Tiefseeexpertin Maya und der Verlockung, in seiner wahren Gestalt in die undurchdringlichen Abgründe der Meere zu tauchen, muss er sich entscheiden, bevor es zu spät ist.


Rezension

Britta Strauss schreibt um sich selbst und ihre Leser zu entführen. Sie wurde 1978 in Sachsen-Anhalt geboren, vergisst gerne die Realität, erlaubt sich viele Freiheiten und glänzt gerne durch Chaos, Naturvernarrtheit und Unordnung. „Meeresblau“ ist nach „Nathaniels Seele“ ihr zweiter Roman. Verträumt und voll magischer Momente erzählt sie von der Liebe zum Meer, zwei sehr unterschiedliche Charakteren und einer uralten Legende, die faszinierende kaum sein könnte.

>> Jahrgangbester im Studium der Meeresbiologie und der maritimen Geochemie an der angesehen St. Andrews Universität, gerade mal zweiunddreißig Jahre jung, magna cum laude Promotion, Fachmann auf dem Gebiet der Tiefseeforschung sowie gefragter Dozent und Gastredner, dessen Vorlesungen aufgrund ihrer Unterhaltsamkeit enorm beliebt waren. Warum in aller Welt ließ sich ein solcher Mann dazu herab, hier am Arsch der Welt in einem kleinen, unbedeutenden Institut anzuklopfen? <<

Maya Mawatha ist Meeresbiologin aus Leidenschaft und damit beinahe zu jeder Zeit mit Studien oder deren Vorbereitungen beschäftigt. Sie kann ihren Mann stehen, hat ein loses Mundwerk und versteht für keinen Moment, warum der überaus gutaussehende Christopher Jacobsen in ihr Büro schlendert. Er ist anders, das sieht man sofort. Nicht nur erfahren, wissend und blutjung für einen Mann seiner beruflichen Größe, sondern auch äußerst freundlich und wenig versnobt – für Maya scheint ein Traum wahrgeworden. Christopher will sie begleiten, um an einer Forschungsreise teilzunehmen. Nach und nach allerdings, muss Britta Strauss Protagonistin feststellen, dass nichts ist, wie es scheint. Merkwürdige Dinge geschehen in Christophers Nähe. Er wirkt, als würden Dämonen ihn plagen und tatsächlich ändert sich Mayas studienbehaftete Realität in nur einer Nacht. Schlussendlich muss sie sich entscheiden, ein ganzes Volk retten und dem Mann vertrauen, den sie liebt, trotz aller Widrigkeiten. „Meeresblau“ erstaunt sehr schnell mit einer Detailliebe, die man nur selten lesen darf. So dünn und damit in dieser Hinsicht eher unscheinbar, so viele Tiefe, Charme und Recherche beheimatet jede einzelne Seite. Qualitäten, die schnell begeistern. Mit allem wird sich viel Zeit gelassen. Im Mittelpunkt stehen die beiden Protagonisten und Christophers Schwester Jeanne, die nach dem Tod ihrer Eltern allen Halt verloren hat. Biologische Veränderungen überraschen genauso, wie sich die Handlung auf merkwürdige, aber magische Weise entwickelt. Die Erzählperspektive wechselt hierbei. Zum einen wird durch Jeanne und Maya, zum anderen natürlich auch durch Christophers Augen erzählt. Gerade letzteres nimmt besonders den meeresliebenden Leser ungemein ein. Korallenriffe, Wale, wilde Strömungen und ein sehr phantastisches Volk verführend, weiterzublättern. Britta Strauss versucht vieles einerseits mit Legenden, andererseits mit wissenschaftlichen Erklärungen zu untermauern – beides gelingt außergewöhnlich gut.

Selbst der romantische wie sprachliche Anteil stimmt, der nicht auf den typischen Kitsch verzichtet. Die Fähigkeiten des Protagonisten unterstützen diesen Eindruckt nur noch. Auf über zweihundertvierzig Seiten ist es ein Bangen und Hoffen auf einen glücklichen Ausgang und so erwischt sich selbst der wenig emotionale Leser bei der einen oder anderen Träne. Britta Strauss verzichtet darüber hinaus nicht darauf zum Nachdenken über die Natur und den Umgang des Menschen mit selbiger anzuregen. Einzige Mankos sind kürzere Längen, die sich einschleichen (ein bisschen zu wenig Action ist es dann doch, trotz der sich hebenden Spannungskurve) und die wenigen Momente, die manche Dialoge überzogen wirken lassen. Bemüht, amüsant zu sein, schafft die Autorin dennoch immer wieder einen Ausgleich. Letztendlich wünscht man sich mehr und freut sich auf weitere Romane aus dem Hause Strauss.

"Denke daran, dass wir dazu bestimmt sind,
Seelen ins Meer zu locken.
Wer uns liebt, liebt den Tod,
Wer uns begehrt, begehrt seinen eigenen Untergang."

(Seite 5)


Fazit

„Meeresblau“ von Britta Strauss ist ein wunderbarer, sehr emotionaler Roman, der den Leser auf den Grund des Meeres entführt und es schafft, Legende mit Wissenschaft zu vereinen. Sympathische Charaktere, ausgereifte, innere Konflikte und eine Liebe über alle Grenzen hinaus runden dieses durchdachte Gesamtpacket facettenreich ab. So viel Liebe zum geschriebenen Wort darf man selten genießen. Für besinnliche Leser, ohne großen Hunger nach Action sehr zu empfehlen.


Pro & Contra

+ sympathische, ehrliche Protagonisten
+ sozialkritische Themen / Liebe zur Natur
+ Unzählige, sehr lesenswerte Details
+ malerischer Sprachstil
+ wunderschönes Cover

- kleinere Längen
- überzogener Dialoge

Bewertung:

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 5 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5