Todesspur (Susanne Mischke)

Verlag Piper, Oktober 2011
TB, 335 Seiten, € 12,95
ISBN 978-3492272261

Genre: Krimi


Klappentext

Ein scheinbar leichter Fall – im schlechtesten Viertel Hannovers wird die Leiche eines 15-jährigen aus gutem Hause gefunden. Doch spätestens mit dem Auftauchen einer zweiten Leiche wird klar, dass es sich nicht um einen einfachen Raubmord handelt. Kommissar Bodo Völxen folgt den weitverzweigten Fährten, die sich zwischen den Kneipen des Steintorviertels und den Luxusvillen Waldhausens zu verlieren scheint. Jede Minute aber ist kostbar, denn der Täter hat sein drittes Opfer bereits im Visier.


Die Autorin

Susanne Mischke wurde 1960 in Kempten geboren und lebt heute in Hannover. Sie war mehrere Jahre Präsidentin der „Sisters in Crime“ und erschrieb sich mit ihren subtilen psychologischen Kriminalromanen eine große Fangemeinde. Für das Buch „Wer nicht hören will, muss fühlen“ erhielt sie die „Agathe“, den Frauen-Krimi-Preis der Stadt Wiesbaden. Zuletzt erschienen von ihr „Liebeslänglich“ und drei Hannover Krimis, die auch über die Grenze Niedersachsens hinaus großen Erfolg haben. Weiteres zur Autorin: www.susannemischke.de  


Rezension

Ein fünfzehnjähriger Junge wird im Rotlichtmilieu Hannovers tot aufgefunden. Offenbar stammt er aus gutem Hause, was hatte er dort wohl verloren? Drogen? Prostitution? Ist der Fundort womöglich gar nicht der Tatort? Das Team um Bodo Völxen nimmt die Ermittlungen auf und sucht erst einmal in der Umgebung des Jungen, der aus einer der Luxusvillen im vornehmen Stadtteil Waldhausen stammt. Die einzige Verbindung zum Steintorviertel ist ein Musikzentrum, in dem unterschiedliche Veranstaltungen für Jugendliche angeboten werden und in dem Olaf Döhring, das Opfer, mit seiner Band ein paar Auftritte hatte. Außerdem organisierten sie auch Feste in diesem Zentrum, was ein paar Jugendlichen aus dem Viertel gar nicht gerne sehen. Sie wollen sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen, indem sie lukrative Veranstaltungen an die eh schon reichen Schnösel verlieren. Als dann auch noch ein abgebrannter Zuhälter ermordet wird, ist erst einmal keine Verbindung ersichtlich. Durch geschicktes Ermitteln decken sich aber alsbald viele Puzzleteile auf und die Kommissare blicken hinter eine Fassade, die viel zu verdecken hat.

Susanne Mischke versteht es wieder einmal sehr geschickt, Privates der Ermittler mit dem Fall zu vermischen und zu erzählen. Etwas störend ist anfangs zwar der Erzählstil im Präsens, er hindert doch arg den Lesefluss, bald hat man sich aber daran gewöhnt. Bodo Völxen, Jule Wedekin, Fernando Rodriguez und Oda Kristensen haben neben der Arbeit tatsächlich auch ein Privatleben, welches sie nicht immer aus dem Job heraushalten können. Dies ist mittlerweile der vierte Teil um dieses Team und die Menschen sind den Lesern ans Herz gewachsen, man nimmt gerne teil an ihrem Freud und Leid. Diesmal trifft es Fernando besonders hart, durch eine ungeschickte Aktion im Dienst gerät seine Mutter Pedra in Gefahr, eine Tat, die er nicht verhindern konnte, die sich aus normaler Ermittlungsarbeit ergab. Allerdings gibt es Bevölkerungsgruppen, die das ganz anders sehen und das Auge für Auge immer noch praktizieren, ohne nach genaueren Hintergründen zu fragen. Diesmal taucht die Autorin in die Welt der Jugendlichen ein, in die Welt der jungen, gemischtrassigen Kriminellen, die aus einem sozial schwachen Umfeld stammen und nichts anderes als Raub und Gewalt gelernt haben. Im Gegensatz dazu schaut sie auch in die Welt der privilegierten Jugendlichen, die eigentlich alles haben, die aber genauso verkorkst sind und mit ähnlichen Problemen kämpfen, nur auf einem anderen Niveau. Hier wird genauso gewissenlos Gewalt angewendet, nicht nur körperlich, sondern dazu auch noch perfide, seelische Gewalt, die sensible Seelen schnell zerbrechen lässt. Probleme, die Jugendliche heutzutage bewältigen müssen, nicht immer bekommen sie dazu Unterstützung im Elternhaus oder Freundeskreis. Realistisch und am Puls der Zeit ist die Geschichte, die Motive gab es zwar schon vielfältig, aber durch die Verknüpfung mit bekannte, realen Orten erscheinen sie dem Leser um so mächtiger.

Die Faszination der Regionalkrimis, ein Verbrechen gespickt mit bekannten Orten und Ermittlern wie aus dem eigenen Leben, schlägt hier wieder gekonnt zu. Spannend die Verknüpfung von Privatem und Dienstlichen, realistisch die Handlungen und Gefühle. Die Autorin schaut in die menschliche Seele, Täter und Opfer sind auch nur Menschen und häufig genug nimmt man den Beruf mit ins Privatleben. Lange rätselt man über das Motiv des Täters, erst zum Schluß offenbart sich eine Tragödie, die schon lange gärte und letztlich das Fass zum Überlaufen brachte. Bis dahin kann man mitzittern und rätseln, der Leser ist immer auf gleicher Augenhöhe wie die Ermittler. Nach dem Ende freut man sich dann hoffentlich auf den nächsten Fall aus Hannover, denn aus dem Leben der vier Kommissare möchte man so schnell nicht wieder aussteigen. Leider ist es bei dem großformatigen Taschenbuch schwer möglich, es ohne Knicke zu lesen, dafür hat es ein gelungenes Cover, dickes Papier und ein angenehmes Schriftbild.


Fazit

Ein überzeugender Regionalkrimi, der sich nicht zu verstecken braucht. Sympathische Ermittler, die man gerne ein Stück ihres Lebens begleitet, und ein sensibler Plot sorgen für Lesegenuss, die Spannung bleibt gleich bleibend auf hohem Niveau, egal, ob es gerade den Fall oder das eigene Leben betrifft. Man kann den vierten Teil auch ohne Vorkenntnis der vorherigen Fälle lesen, allerdings versteht man mit Kenntnis der vorherigen Bücher so einige Handlungen der Ermittler besser.


Pro und Contra

+ überraschende Wendungen
+ gut dosierte Hinweise
+ gehaltener hoher Spannungsbogen
+ bekannte Orte
+ interessante, sympathische Charaktere
+ brisanter Fall mit aktuellen Themen

- Erzählstil im Präsens

Wertung

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5