Kein Wort zu Papa (Dora Heldt)

Verlag dtv premium, Juli 2010
Klappbroschur, 379 Seiten, € 12,90
ISBN 978-3423248143

Genre: Belletristik


Klappentext

„Das schaffen wir doch mit links!“ Wie gut, dass Ines nichts schrecken kann. Ohne ihre patente Schwester wäre Christine sonst auch ziemlich mulmig zumute. Sie soll für einige Tage die Pension ihrer Freundin Marleen auf Norderney übernehmen – ein Job, von dem die 47-Jährige nicht die leiseste Ahnung hat. Kein Wunder, dass die beiden Schwestern bald an ihre Grenzen stoßen. Und das nicht nur, weil sie nicht kochen können. Ihre Anwesenheit spricht sich auf der Insel nämlich schnell herum. Zu schnell. Und so dauert es nicht lange, bis Papa Heinz und Mama Charlotte vor der Tür stehen, um ihre Töchter mit höchst eigenwilligen Ideen zu unterstützen.


Die Autorin

Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren und gelernte Buchhändlerin, ist seit 1992 als Verlagsvertreterin unterwegs und lebt heute in Hamburg. Mit ihren wundervollen Romanen „Ausgeliebt“, „Unzertrennlich“, „Urlaub mit Papa“ und „Tante Inge haut ab“ hat sie schon Hunderttausende von Leserinnen und Lesern zum Lachen gebracht.


Rezension

Christines Freundin Marleen sitzt in Dubai mit ihrem neuen Freund fest, warum genau, wag sie nicht sagen. Was wird aber nun mit ihrer Pension auf Norderney? Christine muss als Feuerlöscher herhalten, immerhin kennt sie die Pension durch ihre Hilfe bei den vorherigen Umbauarbeiten schon recht gut. Ihre Schwester Ines unterstützt sie tatkräftig, was soll schon so schwierig sein, eine Pension zu führen? Dumm nur, wenn man so gar nicht kochen kann, was die Leidenschaft der verhinderten Marleen ist. Erst einmal ankommen, dann wird sich schon alles finden, Hauptsache, die Eltern erfahren nichts davon, dann können sie auch nicht nerven und womöglich noch ihre Mithilfe anbieten. Auf Norderney angekommen stellen die beiden aber sehr schnell fest, dass man eine Pension doch nicht eben mal mit links führt, besonders nicht, wenn man über das Ausbleiben der Freundin nicht die Wahrheit sagen darf. Und der selbsternannte Inselsensationsreporter Gisbert von Meyers seine Nase einfach überall ungefragt hineinsteckt. Telefongespräche haben auch so ihre Tücken, unkonzentriert verplappert man sich recht schnell und postwendend steht die Mutter in der Küche, die zwar auch nicht kochen kann, aber eine Menge ausgefallener Ideen hat. Mit dem Barkeeper Pierre, dem Hausmädchen Gesa, dem Kochlehrling Hans-Jörg und dem Hausmeister Jurek, sowie der einschüchternden Putzkraft sind sie eine schlagfertige Truppe, die das Schiff schon schaukeln wollen, sich aber ständig in Details verheddern. Und dann taucht auch noch Papa auf und wirft die Mannschaft noch einmal gehörig durcheinander.

Anfangs fängt alles noch ganz witzig an, aber schnell rutscht es doch in den Klamauk. Klischees häufen sich, die Handlung ist abstrus, die Charaktere sowieso. Christine nervt mit ihrer ständigen Miesmacherei, ihre langatmigen Ausführungen, was alles schief gehen kann, sind wiederholend langweilig und nicht wirklich witzig. Außerdem wirkt sie verzagt in ihrer Beziehung zu ihrem Freund Johann, der in Schweden an einer Forschung teilnimmt und nicht wirklich Interesse an ihrer vertrackten Situation zeigt. Pragmatisch rät er ihr ständig, doch einfach die Wahrheit zu sagen, nach der Hälfte des Buches stimmt die Leserschaft im Chor dazu ein. Überheblich ist ihre Meinung ihrer Schwester gegenüber, der sie einfach nichts zutraut, hier wird sie öfter und auf direkte Art und Weise eines Besseren belehrt. Die Annäherung der beiden Schwestern und ihre längst fällige Aussprache zeigen von starken Charakteren, die sich selber in Situationen und Meinungen manövrieren, aus denen sie selber so schnell nicht wieder hinaussteigen können. Die anderen Charaktere sind recht eindimensional, die in vorhandene Klischees gepresst werden, aus denen sie die Autorin auch nicht wieder hinauslässt.

Der Krimiplot um Marleen ist bemüht anstrengend, durch ständig neue Verwicklungen geraten Christine und ihre Eingeweihten in ein Lügengeflecht, was hinterher nur noch lächerlich wirkt. Man fragt sich unwillkürlich, ob es so eine Anhäufung von irritierenden Charakteren auch im wirklichen Leben gibt, da waren die Gäste noch die Normalsten. Interessant war allerdings der Weg, den die Autorin Christine zumutet, um ihre Gefühle für ihren Freund zu analysieren, hier ist sie viel zu pragmatisch und braucht schon einen Holzhammer, um ihre wahren Gefühle zu entdecken. Zwischendurch gibt es immer mal wieder witzige Situationen, das Buch verbreitet eine Menge guter Laune, wenn man über die Unzulänglichkeiten einmal hinwegsieht. Galant ziehen sich zum Schluß alle aus der Affäre, man hat das Gefühl, jeder hat bekommen, was er verdient hat, besonders noch Gesa mit ihren Standesdünkeln. Auch die einzelnen Geheimnisse, die sich so hinter manchen Personen verstecken, sind interessant und gut dargestellt, die Geschichte ist recht abwechslungsreich, da viele verschiedene Personen mit vielen verschiedenen Meinungen und Erlebnissen vorhanden sind, die so nach und nach ans Tageslicht kommen.


Fazit

Mit viel Charme beweist die Autorin, wieviel sich von selber wieder gerade bügelt, wenn man auch mal fünfe grade sein lassen kann. Ungewöhnliche Wege erfordern auch ungewöhnliche Menschen, auch auf Umwegen kommt man zum Ziel. Was für den einen ein nervtötender Vater ist, kann für den anderen ein charmanter Unterhalter sein, der sich vielleicht ein bisschen weit aus dem Fenster lehnt. Wenn man die Menschen allerdings so nimmt, wie sie sind, dann kann man unvoreingenommen auch viele neue Seiten entdecken, die man ansonsten in seiner eigenen Engstirnigkeit vielleicht gar nicht wahrnehmen wollte.


Pro und Contra

+ abstruse Charaktere
+ angenehmer, witziger Erzählstil
+ viele kleine Erlebnisse
+ interessante Themen
+ Identifikationspotential für jedermann

- manchmal etwas zu klamaukig
- manches wirkt ziemlich an den Haaren herbeigezogen

Wertung

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5