Sternenschimmer (Kim Winter)

Thienemann Planet Girl (Juli 2011)
Gebunden mit Schutzumschlag, mit UV-Spotlackierung
576 Seiten, Ab 13 Jahren, Preis: 16,95 €,
Österreich: 17,50 €, Schweiz: 24,90 sFr
ISBN: 978-3-522-50278-8

Genre: Science Fiction / Romantik / Jugendbuch


Klappentext

Ob die Sterne wussten, dass diese Nacht Mias Leben verändern würde? Sie erleuchteten den ganzen Himmel, als Iason auf der Erde landete. Jetzt steht er vor ihr. Eine dunkle Stille geht von ihm aus, doch seine graublauen Augen scheinen ins Innerste von Mia zu blicken. Augen mit der Anziehungskraft eines schwarzen Lochs. Augen, in die sie hineinfällt. Sie lassen Mia vergessen, dass es eigentlich nicht sein kann: eine überirdische Liebe, die Welten überbrücken muss. Und jeder Tag, der vergeht, bringt den endgültigen Abschied näher. Denn Iason ist nur Gast auf der Erde. Auf seinem Heimatplaneten Loduun herrscht Krieg und Iason ist vorbestimmt, sein Volk zu beschützen.


Rezension

Der Krieg auf Loduun bestimmt die Nachrichten, als Mia aufbricht, um die Flüchtlingskinder abzuholen. Nur wenige Menschen engagieren sich wie sie für die Loduuner, die auf ihrem Heimatplaneten Schreckliches erdulden mussten. Die meisten stehen ihn ablehnend gegenüber. Tanja und Bert bilden eine Ausnahme und heißen die Kinder auf der Erde Willkommen, verschaffen ihnen ein Heim am Stadtrand, wo Mia und ihr Kumpel Frank nach der Schule aushelfen. Dort lernt Mia auch den Loduuner Iason kennen, der ihre Motive anzweifelt und ihr feindselig entgegentritt – doch bald ändert sich sein Verhalten und Mia muss einsehen, dass sie sich längst Hals über Kopf in den Außerirdischen verliebt hat …

Kim Winter entwirft in „Sternenschimmer“ eine recht positive Zukunftsvision. Beim aktuellen Trend zur düsteren Dystopie sticht sie mit ihrer Utopie hervor, auch wenn die Menschheit in ihrem Roman dem eigenen Planeten großen Schaden zugefügt hat. Doch man hat aus den Fehlern gelernt, die Nationen sind vereinigt, die Menschen auf engstem Raum, der ihnen geblieben ist, näher zusammen gerückt. Mia lebt in einer gigantischen Stadt, die von einer Kuppel vor schädlichen Umwelteinflüssen geschützt wird. An guten Tagen kann man diese Kuppel auch für wenige Stunden verlassen. Doch so friedlich die Menschen nun miteinander leben, so ablehnend reagieren viele auf die Loduuner. Die Kinder fallen durch besondere Begabungen auf und sind ihren menschlichen Altersgenossen in der Schule weit voraus. Ihre traumatischen Erlebnisse auf Loduun führen zusätzlich zu diversen Konflikten, die die Ablehnung der Menschen verstärkt. Mia und ihre Freunde kümmern sich hingegen rührend um die Flüchtlingskinder.

Das macht Mia, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, auf Anhieb sympathisch. Auch wenn sie aufgrund ihrer hohen Emotionalität einige Dummheiten begeht, überwiegt doch die Herzlichkeit im Umgang mit den Kindern bei weitem. Mit Iason kommt sie zunächst trotz enormer Anziehungskraft überhaupt nicht klar – der junge Mann bringt sie durcheinander und wagt es auch noch, ihre Absichten in Frage zu stellen. Iason ist anfangs unnahbar und geheimnisvoll. Doch im Laufe des Romans gelingt es den beiden, die Unterschiede zu überbrücken und Verständnis füreinander zu entwickeln. Wo Menschen oft emotional handeln, handeln Loduuner ausschließlich vernünftig. Angeblich können sie keine Liebe, sondern nur tiefe Zuneigung empfinden, was Mia die Beziehung zu ihrem außerirdischen Traumprinzen erschwert. Viel ernüchternder ist jedoch die Erkenntnis, dass jeder Loduuner einen bestimmten Sinn – wenn er diesen erfüllt, stirbt er. Mia kann mit dieser Gewissheit nicht leben und will sich dem Schicksal entgegenstellen.

Im Prinzip hat „Sternenschimmer“ alles, um romantisch veranlagte Jugendliche zu begeistern. Iason ist ein wahrgewordener Traum und dürfte viele Leserinnen mit seiner außerirdischen Ausstrahlung für sich einnehmen. Allerdings ist er (wie in Vampirromanzen á la „Twilight“) ein wenig zu perfekt. Sobald das Eis gebrochen ist, himmelt Mia ihn pausenlos an und findet immer neue Eigenschaften, sie sie himmelhoch jauchzen lassen. Einziges Manko ist seine Überzeugung, für seinen Sinn sterben zu müssen. Auch sein loduunischer Freund Finn glänzt mit besonderen Fähigkeiten, was die Ablehnung gegenüber den Außerirdischen erklären könnte: Sie sind moralisch überlegen, verfügen über geradezu magische Begabungen und wirken in ihrer gesamten Erscheinung einfach „besser“ als die Menschen. Dennoch werden ausgerechnet die vernünftigen Loduuner von einem grausamen Krieg erschüttert, dem Feldzug eines einzigen Mannes namens Lokondra. Viel überfährt man über diesen in „Sternenschimmer“ noch nicht – da müssen sich Leser auf die Fortsetzung „Sternensturm“ (Juni 2012) gedulden.

Dass Kim Winter selbst mit Kindern gearbeitet hat, merkt man „Sternenschimmer“ deutlich an. Wo ihre phantastischen Elemente manchmal unsicher wirken, überzeugen die Szenen mit den loduunischen Flüchtlingskindern mit Authentizität und Herzlichkeit. Ansonsten punktet die Autorin mit vielen interessanten Ideen rund um das zukünftige Leben und kreiert eine hoch technisierte Welt, die voller Licht zu sein scheint. Die Stadt, in der Mia lebt, kann man sich sehr gut vorstellen. Nur hier und da übertreibt es die Autorin etwas mit dem Futurismus: auch ein weiterentwickelter Fernseher kann doch einfach ein Fernseher sein. Stattdessen gibt es Namen wie „All-View-Screen“ und DAS Smartphone der Zukunft nennt sich iCommplete. Da hat Apple sich scheinbar durchgesetzt.

In der Mitte des Romans verliert sich Kim Winter etwas zu sehr im Schulalltag und romantischen Ausflügen, wobei einerseits die Welt in vielen Details geschildert wird, aber die Spannung auch immer mehr abflacht, bis sie fast nicht mehr vorhanden ist. Im letzten Drittel schwingt die Stimmung dann plötzlich um und der Leser kommt kaum zu Atem. Das Finale liest sich dabei etwas holprig und zieht ein in die Länge gezogenes Ende nach sich. „Sternenschimmer“ ist als traumhaftes Hardcover schienen, wie es bei Jugendbüchern inzwischen üblich ist. Ein wenig kommt das Gefühl auf, dass sich die Verlage bei jungen Lesern in punkto Covergestaltung und Aufmachung mehr Mühe geben. Für ein Hardcover mit dieser Seitenzahl ist der Preis sehr gut, sodass man hier ein sehr schönes Buch für junge Leseratten bekommt.


Fazit

„Sternenschimmer“ ist eine hoffnungsvolle Utopie, die jedoch nicht vor Vorurteilen und Grausamkeiten gefeit ist. Die Menschen haben aus ihren Fehlern gelernt, doch auf Loduun herrscht Krieg – und Mia gerät mit ihrer Liebe zu Iason zwischen die Fronten. Ein schwer romantisches Jugendbuch mit viel Herz, allerdings mit kleinen Schwächen im Spannungsaufbau.


Pro & Contra

+ schwer romantische Liebesgeschichte
+sympathische Protagonisten
+ utopisches Setting mit interessanten Ideen
+ Mias herzlicher Umgang mit den loduunischen Kindern
+ reichlich „jugendliches“ Konfliktpotential
+ humorvolle Einschübe

o leicht zu lesender Stil

- Iason und die Loduuner sind zu perfekt
- Spannung flacht im Mittelteil zu stark ab
- teilweise zu viele Jugendbuchklischees

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


Interview mit Kim Winter (März 2012)

Rezension zu "Sternensturm" (Band 2)