Splitterwelten (Michael Peinkofer)

Verlag: Piper (März 2012)
Hardcover: 576 Seiten, € 16,99 
Sprache: Deutsch
Mit Illustrationen von Iris Compiet
ISBN-13: 978-3492702072

Genre: Fantasy


Klappentext

Gildenmeisterinnen bewahren den fragilen Frieden auf den Welteninseln. Dort haben die Menschen die Vorherrschaft über Animalen und Chimären gewonnen, die als niedere Geschöpfe betrachtet werden. Und die Unterdrückten begehren auf. Es kommt zu tödlichen Angriffen – und die Hinweise mehren sich, dass die Verschwörer sich den endgültigen Sturz der Meisterinnen zum Ziel gesetzt haben. Die Gildenschülerin Kalliope begibt sich mit ihrer undurchsichtigen Meisterin Cedara auf eine Mission, die sie zu den gefährlichsten Geheimnissen der zersplitterten Welt führen wird. Und alle Zeichen deuten darauf hin, dass der Untergang kurz bevorsteht …


Rezension

Als auf dem abgelegenen Weltensplitter Jordrak eine Gildenschwestern ermordet wird, wird Meisterin Cedara zusammen mit ihrer Schülerin Kalliope dorthin entsandt, um den Fall zu untersuchen. Schnell zeigt sich, dass es überall im Reich gärt, dass alles im Umbruch begriffen ist und selbst die Gilde von inneren Intrigen erschüttert wird. Besonders die naive und noch völlig unerfahrene Kalliope muß erfahren, dass sich in Wirklichkeit kaum etwas so verhält, wie es von der Gilde gelehrt wird – und sie ist nicht die einzige, die mit den Geheimnissen der Splitterwelt auf unerwartete und besondere Weise in Zusammenhang steht ...

Eine Welt, welche in unzählige Einzelstücke zersprungen ist  - zwar ist die Idee nicht neu, doch das darin auf nicht ganz einfache Weise verschachtelte Handlungsgefüge verspricht vom Beginn an spannende Unterhaltung.
Unvermittelt wird der Leser in die Story geworfen und sieht sich mit einem so grausamen wie geheimnisvoll anmutenden Mord konfrontiert, bekommt aber auch einige wichtige Fakten über das Wesen der Gilde an die Hand, so dass er dem Prolog zu folgen vermag.
Um das Welt- und auch Herrschaftsgefüge der Spllitterwelten nach und nach verstehen zu können, sind auch im weiteren Verlauf vielseitige Informationen notwendig, die der Autor sehr geschickt und im richtigen Tempo in die Handlung eingebaut hat. Auf diese Weise wächst man entspannt in die Story hinein und mit ihr mit und die Tatsache, dass einige Figuren dem Leser gegenüber über einen erheblichen Informationsvorsprung verfügen, stört nicht im mindesten.

Sehr rasch spaltet sich die Handlung in drei Hauptstränge auf:
Die Geschehnisse auf Jordrak, dem eisigen Weltensplitter, wo der Mord aufgeklärt werden soll. Die junge, sympathische aber restlos naive Gildenschülerin Kalliope erlebt gerade die allerletzten Momente ihrer unbeschwerten Kindheit und sieht sich gezwungen, von einem Moment zum anderen erwachsen werden zu müssen. Sie ist die Figur, die den größten Lernprozess zu durchlaufen hat, ihr wird dabei nichts geschenkt und sie muß es auf die harte Tour lernen.     
Der zweite Strang befasst sich mit einem Intrigenspiel innerhalb der Gilde und beschreibt, wie Gildemeisterin Harona, die Gegenspielerin von Kalliopes Meisterin Cedara, die alte Ordnung auf den Kopf stellt. Ihre Schülerin ist ursprünglich Kalliopes beste Freundin, doch sie droht, von Haronas Machtspielen manipuliert und korrumpiert zu werden.
Der dritte Erzählstrang handelt von einem menschlichen Sklavenjungen, der von einem Panther-Krieger und Meisterdieb befreit wird. Zusammen mit dem ehemaligen Besitzer des Jungen, einem Chamäleon – Wesen, macht sich das illustre Trio auf den Weg, ein geheimnisvolles Artefakt zu stehlen, wobei sie weitere, nicht minder interessante Weggefährten gewinnen. Zunächst scheint  dieser Part nichts mit der Hauptstory zu tun zu haben, erst gegen Ende des Buches wird die Verbindung geknüpft und bildet eine großartige Steilvorlage für den Folgeband – denn jetzt wird es erst so richtig interessant.
Mit viel Spannung und überraschenden Wendungen schreiten alle drei Stränge voran, sind logisch aufgebaut und lassen ausreichend Raum zum Mitfiebern; vielleicht könnte man anmerken, dass sich einige aussichtslos erscheinende Situationen etwas zu einfach lösen lassen, doch das mindert keinesfalls das Lesevergnügen.

Peinkofer ist es ausgezeichnet gelungen, seinen Protagonisten Leben einzuhauchen und sie zu differenzierten Persönlichkeiten zu machen. Sie alle haben eine Vergangenheit, handeln und sprechen gemäß ihrer jeweiligen Herkunft und Mentalität – und, vor allem, sie lernen dazu und entwickeln sich weiter, was sie äußerst plastisch wirken läßt. Lediglich bei einigen Nebencharakteren ist ein leichter Hang zu Stereotypen bemerkbar, doch auch diese Figuren verfügen noch über genügend Potential für eine Weiterentwicklung.
Auch die Schilderungen der wirklich äußerst unterschiedlichen Landschaften auf den verschiedenen Weltensplittern sind stimmungsvoll, eingängig und haben dem Autor sichtlich Freude beim Entwurf bereitet. Schön wäre es gewesen, wenn auf die Natur der Splitterwelten näher eingegangen worden wäre, also wie sie überhaupt entstanden sind, was sich außerhalb befindet, wie sich die Atemluft im Dazwischen hält und so weiter, doch möglicherweise wird das ja noch in einem der Folgebände ausführlicher erklärt.

Gelegentlich macht sich eine Vorliebe des Autors für bestimmte Wendungen bemerkbar, so stolpert man beispielsweise öfters über ‚eisblaue Augen’ oder auch ‚Worte, die ins Mark treffen’. Ein wenig störend fiel auch auf, dass der Panther-Mann bei einem Steinschlag seine Dolche verliert, was ausdrücklich erwähnt wird, diese dann aber 30 Seiten später plötzlich wieder vorhanden sind und zum Einsatz kommen. Derartige Folgefehler sollten nicht passieren, doch das sind letztendlich Peanuts, mit denen man leben kann.

Unbedingt erwähnenswert sind auch die großartig gelungenen Konzeptzeichnungen, mit denen die Hauptfiguren und auch einige wichtige Örtlichkeiten und Gegenstände eindrucksvoll wiedergegeben werden.
Am Ende bleibt alles offen, etwas, was bei einer Trilogie durchaus legitim ist. Cliffhanger an sich gelten ja als verpönt, doch hier hat Peinkofer das Kunststück fertiggebracht, ihn stimmig und weder plump noch aufdringlich zu präsentieren. Blättert man die letzte Seite um, ist in der Splitterwelt die Suppe überall am dampfen, es gibt an beinahe jeder Ecke noch so vieles zu entdecken, zu erfahren und zu enträtseln ... doch leider ist das Buch zuende und dem Leser bleibt im Moment nur die Freude auf den nächsten Band. Wann und unter welchem Titel die Fortsetzung erscheinen wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.


Fazit

Mit dem ersten Band seiner Splitterwelten-Trilogie ist Michael Peinkofer ein so reizvoller wie vielversprechender Einstieg in eine neue Saga gelungen. Trotz einiger kleiner Schwächen besticht die Story mit originellen Ideen, lebendigen Charakteren und einer sehr spannenden Handlung – und lässt den Leser voller Vorfreude auf die Fortsetzung zurück.


Pro & Kontra

+ vielschichtige und komplexe Handlung
+ lebendige Charaktere
+ spannend erzählt
+ überraschende Wendungen
+ illustriert mit wunderschönen Konzeptart-Zeichnungen
+ Personenverzeichnis
+ gelungener Cliffhanger am Schluss

o ein paar grausam-blutige Szenen

- einige Stereotypen sind vorhanden
- Ausweg aus schwierigen Situationen manchmal etwas zu einfach
- kleinere Folgefehler
- Autor hat Hang zu Lieblingsformulierungen
- nähere Informationen zum Aufbau der Splitterwelt wären interessant gewesen
- auch eine Karte wäre bei einer derart komplexen Welt sehr hilfreich

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Interview mit Michael Peinkofer (April 2012)

Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Michael Peinkofer:

Rezension zu Ork Saga Bd.1
Rezension zu Ork Saga Bd.2
Rezension zu Ork Saga Bd.3
Rezension zu Orks – Die komplette Saga
Rezension zu Die Könige - Orknacht

Rezension zu "Das Zauberer-Handbuch"