Genre: Historik
Klappentext
Im Schatten der Giralda
Sevilla 1248: Der maurische Herrscher Axataf ergibt sich König Ferdinand
III. von Kastilien. Als die Mauren das Minarett ihrer Moschee – die
Giralda – abreißen wollen, damit es nicht in Christenhände fällt,
schlägt Ferdinand einen Pakt vor: Ein Schachturnier soll über das
Schicksal des gewaltigen Turms entscheiden.
Fünfhundert Jahre später steht noch immer kein Sieger fest. Doch es gibt
einen geheimnisvollen Auserwählten, der die letzte Partei für die
Christen spielen soll. Und es gibt jene, die dies verhindern wollen …
Rezension
Seit Jahrhunderten zieht das „Spiel der Könige“ die Menschen in seinen
Bann – und auch die Familie von Doña Julia kann sich dieser Faszination
nicht entziehen. Zumal ihr Schicksal mit jener folgenschweren Wette
verknüpft ist, die die beiden Herrscher vor so vielen Jahrhunderten
eingingen.
Nerea Riesco holt für ihren Roman weit aus – über vier Generationen
hinweg entwickelt sie die Geschichte jener Familie, die den
Schachspieler hervorbringen wird, dem es bestimmt ist, die finale Partie
der Wette zu spielen. Dabei nimmt sie in Kauf, dass sich ihre
Geschichte immer wieder sehr weit von der sehr interessanten und gut
durchdachten Grundidee entfernt. Denn diese Partie kann nicht einfach so
gespielt werden: Zuerst muss ein Dokument gefunden werden, in dem die
Bedingungen der Wette festgehalten wurden – eine Aufgabe, die Riesco
unmotiviert in den Handlungshintergrund legt, um gefühlt etwa jedes
Jahrzehnt einen Abriss darüber zu liefern, wie weit die Suche bisher
gediehen ist.
Und so wundert sich der Leser nicht nur einmal, dass der Schachspieler,
der alles zu Ende bringen soll, eine weitere Generation auf sich warten
lässt. So lernt man die Familienmitglieder mehrerer Generationen kennen,
mit denen Riesco zwar Mühe gegeben hat, die aber hin und wieder etwas
schablonenhaft daherkommen.
Überhaupt ist das Erzähltempo eher moderat, sodass man sich das ein oder
andere Mal wünscht, Riesco möge endlich zur Sache kommen. Des Öfteren
beschleicht einen so das Gefühl, die ganze Idee diene nur als
Grundgerüst für eine Familiensaga des späten achtzehnten Jahrhunderts.
Hierbei schöpft Riesco aus dem Vollen; Liebe, Leid, Eifersucht und
Herzschmerz – weite Teile der nun folgenden Familiengeschichte würde den
perfekten Stoff für jeden Vorabendweichspüler liefern. Und so lässt es
sich nicht vermeiden, dass die Handlung zu weiten Teilen den Eindruck
einer Seifenoper erweckt – wenn auch einer amüsanten und vielseitig
interessanten.
Aber auch wenn der Aspekt des Schachspieles etwas kurz kommt, können die
vorhandenen Passagen überzeugen; so werden neben den für die Wette
relevanten Handlungselementen immer wieder lehrreiche Fakten und
Hintergründe präsentiert, die den Kenner sicherlich nicht in Erstaunen
versetzen, dem interessierten Laien aber durchaus Neues bieten können.
Und das gilt auch für weitere Details des Romans, die einen durchaus
fundierten Eindruck erwecken: Die historischen und auch den Schauplatz
betreffenden Fakten scheinen gut recherchiert. Auf diese Weise wird das
Sevilla des späten 18. Jahrhunderts auf anschauliche Art zum Leben
erweckt – seien es architektonische oder kulturelle Beschreibungen, die
Riesco gekonnt und mit Liebe zum Detail in die Handlung einbezieht.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch die Aufmachung des Buches: Nicht
nur das wundervolle Cover, sondern auch Karten der Kathedrale im Vor-
und Nachsatz sowie als Besonderheit ein alter Stadtplan sowie Fotos von
Sevilla im auffaltbaren Schutzumschlag machen das Buch zu einem echten
Schmuckstück.
Im Gegensatz hierzu präsentiert sich Riescos Schreibstil für einen
historischen Roman überraschend schlicht und etwas zu schnörkellos.
Gerade für historische Romane lässt sich über die Sprache hervorragend
Atmosphäre aufbauen – eine Gelegenheit, die leider verpasst wurde. Das
ist hier besonders schade, weil ein passender Schreibstil diese
Geschichte noch um einiges aufgewertet hätte.
Fazit
Mit einer tollen Grundidee und einem schönen Setting ist das Potential
für einen echten Schmöker vorhanden. Was fehlt, ist die passende
Umsetzung – die meiste Zeit nutzt Nerea Riesco nicht etwa dazu, dieser
Idee den nötigen Raum zu geben, sondern vielmehr dazu, eine Art
Familiendrama zu schildern.
Pro & Kontra
+ gute Grundidee
+ schönes Setting
+ solide Recherche
+ tolle Aufmachung des Buches
o viel „Herzschmerz“
- Umsetzung der Idee greift zu kurz
- Schreibstil unpassend
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5