Otternbiss (Regine Kölpin)

Verlag Leda, Mai 2010
TB, 251 Seiten, € 9,90
ISBN 978-3939689355

Genre: Krimi


Klappentext

Vor vielen Jahren verschwand der achtjährige Achim im Osten der Insel Wangerooge im plötzlich aufkommenden Seenebel. Maria, damals 15 Jahre und seine Betreuerin, quält sich seitdem mit Gewissensbissen. Als jetzt auf Wangerooge ein Junge ermordet am Dünenufer aufgefunden wird, beschließt sie, dass der Zeitpunkt gekommen ist, auf die Insel zurückzukehren und die Vergangenheit aufzuarbeiten. In den Ostdünen findet Maria ein Skelett. Sie ist sich sicher, dass es sich um Achim handelt. Während Kommissar Rothko ermittelt, sucht Maria auf eigene Faust nach dem Mörder. Es gibt aber jemanden, dem das nicht passt.


Die Autorin

Regine Kölpin ist 1964 in Oberhausen (NRW) geboren und lebt in Friesland. Sie liebt die Nordseeküste, weil sie das raue Klima, die Weite des Meeres und der Landschaft als Inspiration braucht. Regine Kölpin schreibt Kurzgeschichten und Romane. Regine Kölpin arbeitet als Dozentin für kreatives Schreiben an verschiedenen Schulen, leitet aber auch Schreibworkshops auf Anfrage. Sie ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller (VS), in der Europäischen Autorenvereinigung Die Kogge, im Syndikat und bei den Mörderischen Schwestern.


Rezension

Küstenkrimis haben ihre ganz eigene Faszination. Mag es an der Abgeschiedenheit der Insel liegen oder am besonderen Menschenschlag, diese Regionalkrimis üben einen ungeheuren Reiz aus, dem man gerne nachgibt. Auch hier ist das Setting mit der Insel Wangerooge perfekt, bildlich bestens geschildert, das Flair der Meeresküste und das besondere der Insel entsteht sofort vor dem inneren Auge. Leider ist die Story dagegen ein bisschen blass und zieht sich hin, trotz des beschaulichen Settings.

Zehn Jahre sind vergangen, als Maria den kleinen Achim im Seenebel verloren hat. Er wollte mit ihr frühmorgens nach Muscheln und Steinen im Watt suchen, aber dann schlug der Nebel erbarmungslos zu. Jetzt ist wieder ein kleiner Junge auf Wangerooge verschwunden, seine Leiche wird in den Dünen gefunden. Maria hat den Verdacht, dass die beiden Taten irgendwie zusammenhängen, hatte sie doch kurz den Blick auf einen Mann erhascht, der bei Achim war, bevor der Nebel alles verhüllte. Es könnte aber auch Einbildung gewesen sein, so hat sie nie ein Wort darüber verloren, die neue Tat lässt sie allerdings wieder zweifeln. Ihr Leben ist eh seitdem aus den Fugen geraten, sie braucht Ordnung und klare Strukturen, zu einer Beziehung ist sie überhaupt nicht fähig. Sehr zur Enttäuschung des Nachbarjungen Daniel, der sie schon von Kindesbeinen an liebt. Wegen der neuesten Entwicklung fährt Maria auf die Insel und trifft dort auf alle möglichen Leute aus ihrer Vergangenheit.

Kommissar Rothko wollte eigentlich eine Kur haben und wurde zur Sommerunterstützung nach Wangerooge versetzt, weil es dort so schön ruhig ist. Pustekuchen, direkt an seinem ersten Tag findet er die Kinderleiche und steckt sofort bis über beide Ohren in Ermittlungen, was er ja eigentlich so gar nicht wollte. Die angeforderte Verstärkung vom Festland entpuppt sich dann auch noch ausgerechnet als der Kollege, mit dem er eigentlich nie wieder zusammenarbeiten wollte. Aber der Fall und die erzwungene Enge fördern ungeahnte Charakterzüge zutage und Rothko muss verblüffend Anerkennung zollen.

Das Setting ist traumhaft, Wangerooge kurz vor Ostern, der Frühling liegt in Lauerstellung, Häuser und die Natur werden herausgeputzt. In diese Idylle schleicht sich die gestörte Gestalt eines Kindermörders, die Ermittlungen laufen zaghaft an und immer neue Puzzleteile verdichten sich erst am Ende zu einem vollständigen Bild. Die Charaktere sind gut gezeichnet, wenn auch nicht unbedingt sympathisch, dafür sind sie alle irgendwie zu verkorkst. Mindestens einer ist auch nicht der, der er zu sein scheint, nach und nach fällt die Maske, immer wieder gelangt man durch Einschübe der Autorin Einblicke in das Seelenleben des Täters. Der Plot ist jetzt nicht unbedingt etwas Neues, aber gut dargestellt, die Verzweiflung über den Tod des Kindes wirkt authentisch. Trotzdem dümpelt alles ein bisschen vor sich hin, manche Handlungen sind irrational und unverständlich, keiner der Charaktere ist eigentlich jemand, mit dem man gerne ein Bier trinken würde. Zum Glück ist das Buch ja nicht allzu dick, die Auflösung schlüssig und aufregend, die Atmosphäre reißt so einiges raus. Allerdings leiden die Charaktere und die Kleinarbeit der Ermittlungen ein bisschen, manches wirkt überhastet und die Charaktere lassen nicht viel Tiefe zu. Man kann es lesen, muss es aber nicht, wem sich die besondere Atmosphäre nicht erschließt, wird sich wahrscheinlich langweilen. Zumindest gibt es ein schönes stimmiges Cover und die Qualität des Buches ist auch in Ordnung.


Fazit

Fans der Regionalkrimis, besonders der Küstenkrimis werden sich sehr wohl fühlen bei der Beschreibung der Örtlichkeiten. Die Geschichte plätschert so vor sich hin, spannend wird es erst zum Ende. Den Charakteren fehlt die Tiefe, sie agieren merkwürdig und gestört, jeder ist sich selbst der Nächste. Der Plot ist nichts Neues, passt aber hervorragend auf die Insel, durch die Enge und Abgeschiedenheit wirken die Taten und Handlungen noch intensiver.


Pro und Contra

+ stimmungsvolles Setting
+ unbequeme Charaktere
+ solider Krimi
+ bekannte Orte

- plätschert vor sich hin
- unbequeme Charaktere

Wertung

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5