Splitter Verlag, 1 Auflage März 2012
Hardcover, 48 Seiten
Übersetzer: Tanja Krämling
€ 13,80 [D]
ISBN-13: 978-3-86869-408-6
Genre: Fantasy
Klappentext
Seit Urzeiten hat Traorig, unser König, uns beschützt, manchmal sogar vor uns selbst, vor der Entartung durch widernatürliche Vermischung der Rassen. Wer könnte es ihm verdenken? Doch als deine Mutter starb, während sie dich aus ihrem doch so unfruchtbaren Leib entließ, konnte ich mich nicht überwinden, das zu töten, was mir von ihr blieb – das Einzige zu töten, das mir überhaupt blieb. Möge Ewilnirs Blitz mich treffen, aber ich widersetzte mich seinem Gesetz und dem des Traorig. Ich floh und nahm dich mit in den verwunschenen Wald, wo ich dich großzog.
Jetzt haben sie uns aufgespürt. In ein paar Tagen, vielleicht auch nur Stunden, stehen sie vor unserer Tür.
Rezension
Spätestens seit der Verfilmung von J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe sind Zwerge aus der Fantasy nicht mehr wegzudenken. Der deutsche Autor Markus Heitz widmete dem kleinwüchsigen Volk 2003 bis 2008 eine Buchreihe, und auch Rollenspieler greifen gerne zu einem der zähen Kämpfer, sei es im Pen & Paper oder aber am PC.
Mit Wyrimir stellt der Splitter Verlag nun den ersten Band einer fünfteiligen Serie um den Zwerg Oth und dessen Schicksal vor und versucht so, Fantasy-Figuren und ihre Welt, die normalerweise nur in den Köpfen der Leser entsteht,auch für Comic-Fans interessant zu machen. Dabei werden bekannte Details, wie die Bärte, die gedrungene Gestalt, ihre Sturheit sowie der Faible für Waffen und schwere Rüstungen aufgegriffen. Statt in gewaltigen Höhlensystemen leben die Zwerge im Comic allerdings in Städten, reiten gern und gleichen auch sonst in vielen Details einem normalen mittelalterlichem Volk.
Die Hauptfigur der Geschichte, Oth, ist ein Gejagter. Bereits seine Geburt stand unter schlechten Omen. Zuerst wird seine Mutter Uphar schwanger, obwohl ein Unfall das eigentlich unmöglich macht. Während ihr Bauch sich rundet, wachsen Misstrauen und Furcht unter den Zwergen. Schließlich entscheiden sich die werdenden Eltern zur Flucht und bauen sich andernorts ein neues Leben auf. Ein kurzes Glück, denn Uphar stirbt im Kindbett und Oth trägt ein Mal, dass ihn als Verräter an seinem Volk kennzeichnet. Nichtsdestotrotz entschließt sein Vater, ihn aufzuziehen und stellt sich damit gegen das Gesetz des Königs, welches den sofortigen Tod aller Malträger fordert. Die Flucht treibt den unglücklichen Vater tief in den Wald Belouve – ein Wald, in dem nach Zwergenglauben böse Geister leben.
Für Jahre gelingt es ihnen sich zu verstecken, doch schließlich holt sie die Vergangenheit ein. Während der Jagd trifft Oths Vater auf einen sterbenden Zwerg, den Späher einer größeren Truppe. Als er diesem im Tode beistehen will, wird auch er von dem Eber tödlich verwundet. Auf dem Totenbett erzählt er Oth die Geschichte seiner Geburt und erklärt ihm, warum er nun erneut fliehen muss. Oth verbrennt später das gemeinsame Haus und flieht tiefer in den Wald hinein. Seine Situation scheint aussichtslos, als plötzlich der Frosch(!), den er an einem Weiher vor einem Raubfisch gerettet hat, mit ihm zu sprechen beginnt. XCF erklärt ihm auch sogleich, was es mit dem Mal wirklich auf sich hat, dass dieses nicht den Vernichter seines Volkes ankündigt, wie vom König behauptet, sondern im Gegenteil den Thronfolger kennzeichnet. Fortan tun sich einige Tiere des Waldes, darunter auch der dunkle Eber, der seinen Vater versehentlich getötet hat, und dessen Name Wyrimir für den Untertitel des ersten Bandes Verwendung fand, zusammen, um dem jungen Thronfolger zu seinem Reich zu verhelfen.
Kurze Zeit später, als es zum ersten Kampf zwischen Oths Gefolge und den Zwergen kommt, trifft der junge Zwerg auf die Sylven. Ein hochgewachsenes Volk, das gut und gerne als Mischung aus Elben und Indianern durchzugehen vermag und einen tiefen Groll gegen die Zwerge hegt. Oth nutzt die Gelegenheit, um sich die Hilfe der Sylven zu sichern, im Gegenzug für die Krone, die der König Traorig einst stahl und welche nun in der Hauptstadt der Zwerge verwahrt wird.
Insgesamt bietet die Geschichte um einen gejagten Thronfolger wenig Neues. Hilfsbereite Tiere, die ohne wirkliche Begründung ihr Leben für die Sache eines Anderen riskieren, sind zwar eine nette Zugabe, aber auch durch fehlende Motivation ohne wirkliche Tiefe. Auch Oth hebt sich hier nur wenig ab, denn der junge Zwerg fügt sich scheinbar mühelos in die ihm jeweils zugedachte Rolle. Im Gegensatz dazu stehen die Sylven, die äußerst misstrauisch in die Welt sehen, sowie der Zwergenkönig, dessen Reich noch von einer viel größeren Gefahr als Oth bedroht wird, so dass die Geschichte etwas mehr Würze erhält.
Dass Zwerg zu überzeugen weiß, ist allerdings größtenteils dem Zeichenstil und der Farbgebung des Comics zuzurechnen. Shovel verwendet für alle Charaktere äußerste Sorgfalt, klare Linien und ansprechende Details – sei es in Gesicht, Kleidung oder Bewaffnung. Fogolin versieht die Welt mit satten, stimmungsvollen Farben, die gleichermaßen im Wald den Eindruck von Entrücktheit erwecken wie sie die Städte der Zwerge mit Leben füllen. Dialoge sind wie im Film durch wechselnden Perspektiven spannend zu verfolgen, und auch die Schlachten sind schön inszeniert, ohne jedoch vom Farbschema abzuweichen. So ist kein Abschnitt Zwergs wirklich düster, denn sogar Tunnel bekommen durch Fackeln und winzige Details eine ansprechende Optik. Auch zu erwähnen ist der Einband des Hardcovers, der auf beiden Innenseiten eine Karte bereithält, die der aus dem Lied von Eis und Feuer Konkurrenz machen könnte.
Fazit
Ein verheißener neuer König, der gejagt wird, ein Mann, der durch den Angriff eines Ebers stirbt, ein Volk von hohem Wuchs, das nicht besonders gut auf Zwerge zu sprechen ist – all dies weckt unangenehme Assoziationen an bereits vorhandene Geschichten. Die Optik Zwergs entschädigt dafür jedoch allemal! Shovel und Fogolin kreieren gemeinsam ein Fantasyreich, dessen malerische Städte vor Leben pulsieren und dessen Wälder mal den Eindruck von Frieden erwecken, einem im nächsten Moment aber dunkle Schatten oder blutrünstige Krieger entgegen zuschleudern vermag. Zwerg: Wyrimir ist ein Augenschmaus mit einer leicht schwächelnden Geschichte.
Pro & Kontra
- fehlende Charaktertiefe an einigen Stellen
Wertung:
Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Zeichnung: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5