Verena Klinke (29.04.2012)

Interview mit Verena Klinke

Literatopia: Hallo Verena! Du bist die neue Autorin bei „Steam Noir“ – wie wird sich Deine weibliche Note auf die Geschichte auswirken? Kannst Du uns schon etwas über den zweiten Band verraten?

Verena Klinke: Ich glaube schon, dass man den Autorenwechsel auf die eine oder andere Weise merken wird – aber ich habe keine Ahnung, ob man der Geschichte anmerkt, dass jetzt anstelle eines Mannes eine Frau dafür verantwortlich ist! Mal schauen, was die ersten Leser dazu sagen werden!
Ansonsten macht der zweite Band genau da weiter, wo der erste aufhört: Wer hat den mysteriösen Einbruch in die Villa begangen und wo ist die gestohlene Mädchenleiche? Welche Gefahren birgt eine OP durch den ominösen Chirurgen Dr. Presteau? Und was hat der Kalendarische Orden mit all dem zu tun? Auf all diese Fragen werden wir Antworten geben.

Literatopia: Wie bist Du zu „Steam Noir“ gekommen? Hat Dich Felix Mertikat angesprochen oder war es eher umgekehrt?

Verena Klinke: Purer Zufall – es gab gar keine offizielle Suche nach einem Nachfolger für Benjamin. Ich war bereits in die Arbeit am ersten Band eingebunden gewesen und hatte Felix und Benjamin bei der Ausarbeitung des Steam Noir-Universums geholfen. Deswegen war ich Felix‘ erste Anlaufstelle, als er bei der alleinigen Konzeption des zweiten Bandes irgendwann den Überblick verloren hatte. Nach ein paar Tagen Brainstorming für die Geschichte war dann irgendwie klar, dass ich Benjamins Posten übernehmen würde – Felix wollte mich dabei haben und ich wollte gerne dabei sein.

Literatopia: Wie kann man sich Deine Arbeit als Comicautorin vorstellen? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Felix? Machst Du einen Storyentwurf und er zeichnet etwas dazu? Oder richtest Du Dich eher nach seinen zeichnerischen Vorlagen?

Verena Klinke: Wir haben die Bände 2 bis 4 am Stück konzipiert – das war bei solch einer komplexen Geschichte notwendig, um Logiklücken zu vermeiden und die Vielzahl an Storyelementen kontinuierlich aufzubauen. Damit war uns relativ schnell klar, welche Szenen es geben und welche inhaltlichen Schwerpunkte diese haben würden. Bei Szenen, in denen dieser inhaltliche Schwerpunkt durch den Dialog vermittelt werden muss, habe ich zuerst den Dialogverlauf festgelegt, bevor sich Felix an eine erste Storyboardfassung gesetzt hat. Aber bei Heinrichs Erkundungstouren durch das zerstörte Aurich erzählen Felix‘ Bilder mehr, als mein Dialog das tun könnte.

Literatopia: Welchen der „Steam Noir“-Charaktere magst Du am liebsten? Wie bist Du überhaupt mit all den Charakteren zurechtgekommen, die Du selbst gar nicht erfunden hast?

Verena Klinke: Natürlich müsste ich jetzt sagen: Ich liebe ALLE Figuren! Stimmt irgendwie auch, weil ich ALLE gerne schreibe. Aber wären unsere Figuren reale Personen, würde mir Heinrich Lerchenwald besonders gut gefallen – er hat die richtigen Werte und einen unglaublichen Willen, für diese einzustehen.

Literatopia: „Steam Noir“ wurde mit großem Interesse erwartet und begeistert aufgenommen – wie war / ist der Erwartungsdruck für Dich, bei einem so erfolgreichen Comic mitzuwirken? Was hast Du selbst vom weitgehend positiven Feedback mitbekommen?

Verena Klinke: Ich habe eigentlich so gut wie alles gelesen, was über den ersten Band geschrieben wurde, schon allein, um die Leser da draußen etwas besser kennenzulernen. Aber sobald ich mich an den Schreibtisch setze und an Steam Noir arbeite, muss ich mich auf mein eigenes Bauchgefühl verlassen. Es bringt mich nicht weiter, wenn ich mir ständig Gedanken mache über die ganz unterschiedlichen Erwartungen an den zweiten Band. Ich versuche, meine eigenen hohen Anforderungen so gut wie möglich zu erfüllen, und bin mir sehr wohl bewusst darüber, dass es später auch Enttäuschung unter den Lesern geben kann.

Literatopia: Du hast Dich bereits als Regisseurin versucht und ein Studium in Germanistik und Anglistik abgebrochen – woran lag’s? Und glaubst Du, mit dem Schreiben endlich das richtige gefunden zu haben?

Verena Klinke: Es lag ganz einfach daran, dass ich mir nach einer gewissen Zeit des Ausprobierens sicher war, was ich machen will: Geschichten entwickeln, künstlerische Projekte anschieben und als Autorin arbeiten. Damit bin ich jetzt sehr glücklich – gute Chancen also, dass es wirklich ‚das Richtige‘ für mich ist.

Literatopia: Als freie Autorin bist Du relativ jung – wie hältst Du Dich über Wasser? Kannst Du von Deinen kreativen Projekten leben oder jobbst Du nebenbei?

Verena Klinke: Ich habe sehr viel Glück, dass ich derzeit Nebenjobs machen kann, die mit meiner Arbeit als Autorin zu tun haben. Vor kurzem durfte ich bei einem Comicworkshop unterrichten, was nicht nur wahnsinnig viel Spaß gemacht hat, sondern mich auch als Autorin weitergebracht hat. Und eine gute Gage verschafft mir jetzt die Zeit und Ruhe, die ich für die Arbeit an Steam Noir brauche.

Literatopia: Wie bist Du überhaupt zum Schreiben gekommen? Hattest Du schon immer eine Leidenschaft für Geschichten oder hast Du das Schreiben erst für Dich entdecken müssen?

Verena Klinke: Diese Leidenschaft gab es definitiv, aber weil ich während meiner Schulzeit in der Theatergruppe war und mich viel mit der Kunst des Films beschäftigt habe, spukte immer der Berufswunsch Regisseurin in meinem Kopf herum. Nach der Schule habe ich mich dann bei einem einjährigen Praktikum an der Filmakademie Ludwigsburg ausprobieren können – und habe dabei das Drehbuchschreiben endgültig für mich entdeckt.

Literatopia: Was liest Du persönlich gerne? Tummeln sich überwiegend Comics in Deinem Regal oder darf es auch ein dicker Roman sein? Welche Genres haben es Dir angetan?

Verena Klinke: Ehrlich gesagt hatte ich bis vor zwei Jahren mit Comics so gut wie nichts am Hut. Inzwischen stehen aber einige schöne Sachen in meinem Regal… was nicht zuletzt dem Cross Cult Verlag zu verdanken ist, der mir in meiner Zeit als Redaktionsmitarbeiterin die Faszination von Comics gezeigt hat! Außerdem liebe ich Romane, kreuz und quer über jedes Genre hinweg. Soll ich auf die Schnelle etwas empfehlen? Dann die Bücher von John Irving – bist du einmal in der Geschichte drin, kommst du nicht mehr los davon.

Literatopia: Wie wird es mit Dir und „Steam Noir“ weitergehen? Bleibst Du der Reihe treu? Und wo wird man Dich und Felix dieses Jahr live erleben können?

Verena Klinke: Ich bin auf jeden Fall bis zum Ende der Reihe dabei – diese Geschichte gebe ich jetzt nicht mehr her! Sobald der zweite Band draußen ist, soll’s direkt weitergehen mit der Arbeit an Band 3 und 4. Deswegen gibt es im Juni/Juli 2012 eine kurze, aber effektive Signiertour. Auf jeden Fall sind wir beim Comicsalon Erlangen im Juni dabei, wo der Band das erste Mal präsentiert wird. Ansonsten auch gerne schon mal im Juli die Dragon Days, ein Fantastik-Festival in Stuttgart vormerken, wo Steam Noir ebenfalls Programmpunkt ist. Alle weiteren Termine zu Signierstunden und Lesungen kommen bald und sind dann auf www.cross-cult.de oder auf Facebook zu finden.

Literatopia: Herzlichen Dank für das schöne Interview!


Rezension zu "Steam Noir - Das Kupferherz" (Band 1)

Interview mit Benjamin Schreuder und Felix Mertikat (November 2011)

Bericht zu "Steam Noir" im Phantast 1


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.