Rezensionen im April (2012)

Liebe LeserInnen,

der Wonnemonat bricht an und während wahrscheinlich vielerorts Krawalle starten werden, hat das Literatopia-Team allen Grund zum Feiern: Im April haben wir die magische Grenze von 1500. Rezensionen erreicht und durchbrochen!
Darauf sind wir sehr stolz und freuen uns, euch natürlich auch heute wieder eine kleine Auswahl von den fast fünfzig Buchbesprechungen präsentieren zu können. Viel Spaß!



Belletristik

“Salzflut“ von Nikola Anne Mehlhorn erzählt die kurze Geschichte einer jungen Pastorin, die auf einer abgelegenen Nordseeinsel den Tod findet; poetisch, lakonisch und voller unheilbarer Melancholie. Man kann sie rauschen hören, die Salzflut, in jedem Satz. Noch lange, nachdem man das Buch aus der Hand gelegt hat.

Ein Stück echtes Leben, eingefangen auf 192 Seiten und in seiner unverblümten, aber poetischen Darstellung endlich mal wieder ein außergewöhnliches Stück Literatur: Mit ihrem Debüt “Chucks“ bringt Cornelia Travnicek lang vergessene Saiten im Leser zum Klingen, schafft dabei jede Menge Freiraum für eigene Gedankengänge und versteht es hervorragend, durch leise und laute Töne zu überzeugen. Ein einschneidendes Leseerlebnis!

Dark Fantasy

“Engelsdämmerung“ von Andrea Gunschera ist der bisher beste Band der City of Angels Reihe. Absolut spannend nach Indiana Jones Manier und sinnlich bietet der Fantasythriller Lesespaß bis zum Schluss und sticht aus der Flut aus Dark Fantasy Romanen heraus.

Zugegeben, sonderlich viel Neues bietet Amy Plum mit ihrem Debüt nun nicht unbedingt. Doch das Gesamtpaket aus Story, Charakteren, Sprachstil, Atmosphäre und Aufmachung ist einfach etwas, das Romantiker-Herzen höher schlagen lässt und ein Rundum-Wohlfühl-Gefühl beim Leser hervorruft. “Von der Nacht verzaubert“ ist sicherlich keine Innovation, aber wunder-, wunderschön - ein definitives Lesehighlight dieses Jahres!

Fantasy

Ein ambitioniert angelegter Auftakt zu einer Trilogie, die sich abseits vom Mainstream bewegt. Stellenweise wurde etwas zu viel gewollt und einige Schnitzer sind vorhanden, dennoch ist Mark C. Newtons “Nacht über Villjamur“ ein lesenswerter Roman für Fantasyfans, die Abwechslung zur klassischen Held-zieht-los-um-die-Welt-zu-retten – Handlung suchen.

Douglas Hulicks Trilogie-Auftakt weiß in vielfacher Hinsicht zu überraschen. Statt auf den Zug der althergedienten Fantasy aufzuspringen, entfaltet “Unter Dieben“ eine spannende Geschichte, die zwar in einer Fantasy-Welt spielt, aber eher durch Intrigen und Machtspiele zu überzeugen weiß. Lebendige Charaktere, spannende Wendungen sowie actiongeladene Kämpfe bieten dem Leser ein Feuerwerk, das auf der einen Seite unterhält, aber auch etwas Köpfchen abverlangt. Auf jeden Fall einen Griff wert, auch wenn das fehlende Glossar etwas die Übersicht erschwert.

Horror / Mystery

Ein fulminantes Vampirspektakel, dessen Vertreter diesen Namen auch verdient haben, geht mit “Die Nacht“ zu Ende. Was bleibt, ist der Eindruck einer Geschichte, die vielleicht besser auf die Leinwand gepasst hätte: Ein tolles Setting mit stimmiger Atmosphäre, in der blasse Charaktere sich durch eine dünne Story metzeln. Viel Potential – gerade was die Hintergründe betrifft – bleibt von Guillermo del Toro & Chuck Hogan leider nur in Ansätzen genutzt.

Science Fiction

“Gebannt – Unter fremdem Himmel“ trumpft mit spannenden Ideen auf, scheitert jedoch an der meist schwachen Umsetzung. Die Protagonisten sind zwar sympathisch und interessant, doch leider nicht authentisch. Der Niemalshimmel mit dem blauen Äther ist dennoch faszinierend und es bleibt zu hoffen, dass Veronica Rossi in den Folgeromanen das durchaus vorhandene Potential ausschöpft.

“Rebellen der Ewigkeit“ ist ein kreativer Science-Fiction-Thriller für junge Leser und all jene, die Quantenphysik einmal anschaulich erleben wollen. Die Protagonisten sind dabei fast schon zu sympathisch und moralisch unbedenklich, wohingegen die Gegenspieler sich gewissenlos und egoistisch geben. Gerd Ruebenstrunk überzeugt vor allem mit seinen interessanten Ideen rund um den Zeithandel und kleinen Überraschungen im Storyverlauf, die vorhersehbare Handlungen der Charaktere ausgleichen.

Thriller

Ein rasanter Erzählstil, ganz schön viel Geschwindigkeit und eine Geschichte mit packenden Hintergrund lassen den Leser “Gehetzt“, trotz einiger Makel, geradezu verschlingen. Sean Creeds Thriller ist sicherlich kein Meilenstein, bietet jedoch einen sympathisch geschilderten Protagonisten, viel Action und darüber hinaus eine Flucht, die ihres gleichen sucht und lange nicht finden wird.

Ein Debütroman, der auf voller Linie überzeugen kann und Lust auf mehr macht: Mit Janet Clark bekommt die männliche Psychothriller-Fraktion in Deutschland starke Konkurrenz. “Ich sehe Dich“ bespricht ein leider immer wieder aktuelles Thema und hat alles, was ein guter Spannungsroman mitbringen muss. Man darf sich hoffentlich auf noch zahlreiche weitere Romane freuen!

Manga / Comic

Geschichte und Bild verschmelzen bei “Das Zeichen des Mondes“ zu einem nahezu perfekten Comic. An Munueras Zeichnungen kann man sich schwer satt sehen und Enrique Bonet liefert für sie den idealen Hintergrund. Ein Märchen über Macht, Gewalt und Liebe. Mit Sicherheit einer der Höhepunkte des Comicjahres

Ein verheißener neuer König, der gejagt wird, ein Mann, der durch den Angriff eines Ebers stirbt, ein Volk von hohem Wuchs, das nicht besonders gut auf Zwerge zu sprechen ist – all dies weckt unangenehme Assoziationen an bereits vorhandene Geschichten. Die Optik Zwergs entschädigt dafür jedoch allemal! Shovel und Fogolin kreieren gemeinsam ein Fantasyreich, dessen malerische Städte vor Leben pulsieren und dessen Wälder mal den Eindruck von Frieden erwecken, einem im nächsten Moment aber dunkle Schatten oder blutrünstige Krieger entgegen zuschleudern vermag. “Zwerg: Wyrimir“ ist ein Augenschmaus mit einer leicht schwächelnden Geschichte.

Sachbuch

Zu Fuß einmal quer durch Deutschland – Joey Kelly beweist in “Hysterie des Körpers“, welch ungeahnte Schwierigkeiten sich ihm bei seiner Wanderung in den Weg stellen. Die Suche nach Wasser und Essbarem, alleine aus der Natur, erweist sich in unserer zivilisierten Umgebung stellenweise sehr schwierig, die Einsamkeit macht ihm mehr zu schaffen als Schlafmangel oder Nahrungsentzug. Ergänzt durch viele Bilder ist ein beeindruckender Erfahrungsbericht entstanden, bei dem wirklich keine Seite langweilig ist.

“Wenn Irre Irrenärzte werden – Hinter den Kulissen der Psychotherapie“ von Ulrich Buchner ist provokant geschrieben, entbehrt aber nicht den notwendigen, interessanten Kapiteln für Neueinsteiger in diesen Bereich. Wer sich informieren möchte über Therapieformen, Psychotherapeuten sowie über die Tücken, die eine Behandlung mit sich bringen kann, ist mit diesem Sachbuch sicherlich gut beraten, sollte aber die Präsentationsart berücksichtigen und gewisse Themen unbedingt eigens hinterfragen.

Sonstiges

“Lass keine Fremden ins Haus“ bezaubert durch ungewöhnliche, aber durch und durch realistische Protagonistinnen, die in einer Ausnahmesituation zueinander finden und sich danach in wahren Leben bewähren müssen. Carolin Schairer gelingt ein einmaliger Balanceakt zwischen einfühlsamem Seelenportrait und Liebesroman, gewürzt mit einer Prise Krimi, die dem ganzen nicht nur eine gefährliche Note, sondern vor allem einen interessanten Bezug zu unserer heutigen Zeit verleiht. Prädikat: Lesenswert!



Da nun die Temperaturen hoffentlich konstant im höheren Bereich bleiben, wird sich die Redaktion auch in den nächsten Wochen mit zahlreichen Büchern beschäftigen, um euch auch im Mai wieder fundierte Kaufentscheidungshilfen bieten zu können. Bis zum nächsten Rückblick steht euch zum Stöbern wie immer unsere Rezensions-Überblick zur Verfügung.

Wir wünschen euch einen wunderbaren Wonnemonat,
euer Literatopia-Team