300 (Frank Miller)

Cross Cult; Auflage: 1 (Juni 2006)
88 Seiten, Hardcover, Überformat, Querformat
€ 29,80 (D)
ISBN: 978-3-936480-30-6

Genre: Fantasy, Heldenepos


Klappentext

Die Heerscharen Persiens – eine Streitmacht, so gewaltig, dass die Erde unter ihrem Schritt erzittert – stehen bereit, Griechenland zu vernichten, eine Insel der Vernunft und der Freiheit inmitten eines Ozeans aus alter Mystik und Tyrannei.

Zwischen Griechenland und dieser Flutwelle der Zerstörung steht nur eine kleine Truppe von gerade einmal 300 Kriegern.

Doch diese Krieger sind mehr als nur einfache Männer – Es sind Spartaner.


Rezension

"Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl."
Friedrich Schiller


Für alle, die keine akkurate Darstellung der Ereignisse an den Thermopylen auf den vorliegenden 88 Seiten erwarten, ist Frank Millers Fassung der Schlacht der 300 gegen die persische Übermacht ein Erlebnis.
Frank Miller erzählt hier einen Mythos, eine Legende, die auf wahren Begebenheiten beruht, sich aber nicht sklavisch an die Fakten hält. Ihm kommt es mehr darauf an, ein Epos zu erzählen. Zu zeigen, wieso Menschen einen aussichtslosen Kampf kämpfen. Warum sie wider besseren Wissens lieber standhalten statt klein bei zu geben. 
Dazu bedient sich Frank Miller eines Erzählers, der die Geschichte der Schlacht an den Thermopylen zu Motivationszwecken ein Jahr später den Truppen der Griechen erzählt.
Die Charaktere sind dadurch auf ihre wesentlichen Eigenschaften reduziert. 
König Leonidas ist hier ein Mann, der seine Männer antreibt, im vollen Bewusstsein, sie in den Tod zu führen. Hoffnung, den Kampf zu überleben, hat er keine. Aber er weiß, dass er die Schlacht austragen muss, um Griechenland die Möglichkeit auf einen Befreiungsschlag zu erhalten. Sein Wille, für Sparta und Griechenland alles zu tun, findet sich am besten wieder, wenn er seine Hoffnung äußerst, die Perser mögen so dumm sein, ihn bei Verhandlungen zu töten, denn dann ziehe ganz Griechenland in den Krieg.

Die Spartaner sind die Helden in dieser Graphic Novel und ebenso spartanisch und kraftvoll sind auch die Dialoge Millers, die alles sehr schnell auf den Punkt bringen.
Dadurch werden die Charaktere, bis auf den des Königs Leonidas, nur oberflächlich gezeichnet. Ihre Handlungen stehen im Mittelpunkt und sprechen für sich.
Das Problem mit dieser Vorgehensweise ist, dass manch einer mehr in der Graphic Novel sehen will, als sie eigentlich selbst von sich erwartet. Zwei Extreme sind da zu finden.
Einerseits gibt es die, die der Meinung sind, 300 wäre ein Plädoyer gegen den Krieg, wobei sich im Text dafür kein Hinweis finden lässt. Im Gegenteil, höchstens wohlwollend könnte man die Brutalität der Zeichnungen für diese Sichtweise heranziehen, was aber nicht überzeugend funktioniert.
Die anderen sind diejenigen, die Frank Miller vorwerfen, sein Comic wäre faschistisch angehaucht und damit den Rechten nahestehend.
Auch dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage. Sicher, die spartanische Gesellschaft war in ihren Grundzügen dermaßen ausgerichtet. Aber eine Verfälschung der Geschichte in diesem Punkt, damit sich jemand besser fühlt, wäre schlimmer als alle anderen Änderungen, denn dann hätte die Graphic Novel absolut keine Grundlage und Bezüge mehr zur Geschichte. 
Zumal in 300 diese Gesellschaftsform nicht als erstrebenswert gezeigt wird.
Frank Miller ist hier politisch unmotiviert, er stellt Sparta so dar, wie es war, nicht mehr und nicht weniger, ohne es zu kommentieren.
Er zeigt einfach nur, was Menschen zu Helden macht.
Am besten, man befreit sich beim Lesen von der Vorstellung, dass ein Held von Grund auf gut und nett ist. Das sind Leonidas und seine Männer, und vor allem Sparta, sicher nicht. Das sollen sie auch gar nicht sein.
Ein Held muss etwas Bewundernswertes oder Gutes tun. Dabei kann er im Grunde seines Herzens schlecht sein. Seine Tat macht ihn zum Helden, nicht seine Einstellung. Vielleicht sollte man dies in der heutigen Zeit, wo die „Political Correctness“ dazuführt, alles und jeden sofort niederzumachen, wieder mehr berücksichtigen.

300 ist auf jeden Fall im klassischen Sinne eine Geschichte über Mut, Pflichtgefühl und Selbstaufopferung im Angesicht des sicheren Untergangs.

Die Zeichnungen von Frank Miller sind wie immer brillant.
Klare Linien dominieren das Geschehen. Imposant und wuchtig wirken die Zeichnungen, unterstützt durch das ungewöhnliche, große Querformat. Die Bilder wirken so ausgebreitet, mehr wie aus einem Film, lassen weitere Bilder vor den Augen des Lesers entstehen und sind einfach beeindruckend. Viel zur Atmosphäre trägt auch die Kolorierung von Lynn Varley bei, die sich auf erdige Töne stützt und so dem Geschehen eine düstere, teils hoffnungslose Atmosphäre verschafft.


Fazit

300 ist eine visuell beeindruckende Graphic Novel mit archaischer Kraft. Der Ablauf des Kampfes ist sicher nicht akkurat, aber Frank Miller stellt den Mut und das Pflichtgefühl der dort kämpfenden Männer auf eindringliche Art und Weise dar. Für alle, die nicht unbedingt Wert auf historische Korrektheit legen und sich nicht daran stören, dass die spartanische Gesellschaft so dargestellt wird, wie sie war, ein Pflichtkauf.


Pro & Contra

+ visuell beeindruckende Zeichnungen
+ sehr gute Symbiose von Bild und Text
+ nachvollziehbare Handlungen der Charaktere
+ Hardcover

o für manch einen vielleicht ideologisch problematisch

- hoher Preis

Bewertung:

Zeichnungen: 4/5
Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Preis/Leistung 3/5


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Tags: historische Fantasy, Frank Miller