script5, 1. Auflage März 2012
Originaltitel: The Space Between
Übersetzt von Sandra Knuffinke, Jessika Komina
Hardcover mit SU, 384 Seiten
18,95 € (D) | 19,50 € (A)
ISBN 978-3-8390-0133-2
Leseprobe
Genre: Phantastischer Jugendroman mit biblischen Elementen
Klappentext:
Du kennst keinen Himmel, kennst keine Sterne.
Du hast die Sonne nie gesehen.
Du weißt nicht, was sie meinen, wenn sie sagen, es ist Liebe.
Aber du gibst alles dafür, es zu erfahren.
Daphne, Luzifers Tochter, verlässt die Hölle, um auf der Erde nach ihrem verschollenen Bruder zu suchen. Ihr zur Seite steht Truman Flynn, ein junger Mann, der die Narben seines Herzens auch am Körper trägt. Gemeinsam reisen sie durch ein düsteres, grausames Land, auf der Suche und auf der Flucht: Denn Azrael, der Engel des Todes, schickt seine Schergen, um Daphne zu vernichten. Bald sehen sich Daphne und Truman gefangen in einem Kampf zwischen gefallenen Engeln und göttlichen Rächern, zwischen Himmel und Hölle, zwischen Gut und Böse, und wer auf welcher Seite steht, wird von Tag zu Tag unsicherer.
Rezension:
Fang an, nach den Dingen zu streben, die du willst, und gib die Dinge auf, die dich zugrunde richten.
(Seite 286)
Daphne ist die Tochter von Lilith und Luzifer, sie lebt in der Hölle und hat nie etwas anderes gesehen als deren schwefelverhangenen Horizonte. Sie wehrt sich gegen ihre Bestimmung, wie ihre Schwestern immer wieder über Männer auf der Erde herzufallen und ihnen die Lebensenergie auszusaugen. Stattdessen vergräbt sie sich in kleine Besonderheiten, die ihr Bruder Obie ihr von jedem Weltentrip mitbringt. Sein neuestes Geschenk stellt gleichzeitig eine Art Abschied vor: Denn Obie hat sich verliebt und beschlossen, der Hölle den Rücken zu kehren und sich auf der Erde niederzulassen. Für Daphne bricht nicht nur eine Welt zusammen, denn Obies Weggang macht sie nicht nur einsamer, sondern bringt ihren Bruder auch in ernsthafte Lebensgefahr – auf der Erde macht nämlich der Erzengel Azrael Jagd auf Höllenwesen, die sich länger als erlaubt dort aufhalten. Nachdem sie alles versucht hat und nichts Obie davon abbringen kann, seinen Plan in die Tat umzusetzen, beschließt Daphne, ihm auf die Erde zu folgen.
Auf der Erde angekommen, macht sie sich zuerst auf die Suche nach Truman Flynn, der der letzte war, der Obie gesehen haben muss. Doch Truman erinnert sich nur noch wenig an die Geschehnisse und kann Daphne kaum helfen. Sie besteht schließlich darauf, dass er sie auf ihrer Suche begleitet, und so machen sie sich gemeinsam auf die gefährliche Reise, immer in dem Bewusstsein, dass Azrael sie jederzeit auf schrecklichste Weise aus dem Verkehr ziehen kann. Dabei lernt Daphne nicht nur Truman und seine Vergangenheit immer besser kennen, sondern entdeckt auch an und für sich selbst viele neue Dinge, die das bisher gekannte Leben in einem neuen Licht zeigen und neue Möglichkeiten eröffnen.
Nach ihrem einschlagenden Debüt Schweigt still die Nacht gelingt es Brenna Yovanoff, mit ihrem zweiten Roman sogar noch eine ganze Ladung Düsternis draufzulegen. Die Blumen des Schmerzes ist eine Geschichte, die nicht nur in die drei Oberkapitel Hölle – Erde – Himmel geteilt ist, sondern auch genau dort spielt. Dabei bezieht sich die Autorin auf einige religiöse Details, die Daphnes Abenteuer ein besonders Flair gibt. Charaktere aus der Bibel und vor allem die Gestaltung und klare Unterteilung in die drei verschiedenen Bereiche schaffen eine düstere Atmosphäre, ohne zu sehr auf den Glauben an sich zu pochen. Hier geht Yovanoff geschickt mit den verschiedenen religiösen Überlieferungen um, sodass auch Leser, die sich nicht allzu viel mit diesem Thema beschäftigen, ohne Probleme in die Geschichte finden und die einzelnen Zusammenhänge erkennen können. Was überaus positiv auffällt neben der Tatsache, dass keine genretypischen Klischees erfüllt werden, sondern sich hier auf die „richtigen“ Merkmale der Dark Fantasy konzentriert wird. Es gibt keine überschönen männlichen Charaktere und keine schwache Protagonistin, die wie von Zauberhand ihre übernatürlichen Fähigkeiten entdeckt und beherrscht – die Autorin bringt dem Leser ein kleines Stück von düsterer Atmosphäre näher und zeigt, dass es auch abseits vom aktuell gängigen Klischee möglich ist, spannende und berührende Literatur zu schaffen.
Doch man muss auch nicht auf Liebe verzichten – Die Blumen des Schmerzes liefert den Romantik-Anhängern eine zarte und vorsichtige Liebesgeschichte, die sich wie der Rest des Buches komplett an der üblichen Zielgruppe vorbeihangelt. Da gibt es keine großen Liebesschwüre oder ausschweifende Schwärmereien, vielmehr darf der Leser quasi selbst entscheiden, wie sehr er sich von den sanften Emotionen einlullen und gefangen nehmen lässt. Wie auch schon im Debütroman arbeitet Yovanoff auch in ihrem zweiten Buch mit kleinen eingestreuten Szenen, die das Bild nicht (zer)stören. Hier kommt es auf Detailgenauigkeit an und darauf, dass man sich auf die leisen Töne der Geschichte einlassen kann. Yovanoff verzaubert auf stille Art, ihre Charaktere bekommen mit ruhigen Zügen Zugang zum Leser und die Geschichte überzeugt vor allem durch die Düsternis der biblischen Hintergründe.
Ein wieder sehr bildbehafteter Schreibstil macht das Buch zu einem Lesegenuss, für die optische Aufmachung verdient der script5-Verlag wieder ein großes Lob. Das Gesamtpaket "Brenna Yovanoff" ist ein Gewinn für jedes Bücherregal, unabhängig von Alter, Geschlecht oder ethnischer Abstammung – nach zwei überzeugenden Titeln kann man sich jetzt nur noch auf viele weitere Bücher freuen und hoffen, dass die Wartezeit nicht allzu lang dauern wird.
Fazit:
Mit Die Blumen des Schmerzes legt Brenna Yovanoff einen für das (aktuelle) Dark Fantasy-Genre völlig untypischen Roman vor, der mit viel düsterem Kitsch und ohne viel übertriebene Romantik zu überzeugen weiß. Für so manchen Genre-Anhänger möglicherweise eine Enttäuschung, weil die typischen Klischees zur Abwechslung mal nicht erfüllt werden – für alle anderen ein unerwartet berührendes Leseerlebnis!
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5