Jana Trautmann von Leser-Welt.de (26.05.2012)

Interview mit Jana Trautmann

Chefredakteurin von Leser-Welt.de

Literatopia: Hallo Jana! Du bist Chefredakteurin des Literaturportals Leser-Welt.de – erzähl uns doch bitte erst ein bisschen über das Projekt. Was finden interessierte Leser bei Euch?

Jana Trautmann: In der Leser-Welt finden Bücherwürmer täglich neue Rezensionen zu (Hör-)Büchern verschiedener Genres, regelmäßig Interviews mit Autoren, Verlagen, Hörbuchsprechern usw., Literatur-News, Gewinnspiele und vieles mehr. Ein weiteres großes Projekt ist „Die Leser-Welt liest & lauscht“, bei dem wir jeden Montag (Hör-)Bücher schon vor deren Erscheinen anhand einer Leseprobe vorstellen und unter allen, die aussagekräftige Lese- bzw. Lauscheindrücke verfassen, die entsprechenden Titel verlosen.
In unserem Forum (www.leser-welt-forum.de) können sich Lesebegeisterte austauschen, zudem veranstalten wir immer wieder Leserunden – nicht selten mit Autorenbegleitung und Verlosung von Leseexemplaren.

Literatopia: Welche Genres bedienst Du persönlich? Liest und rezensierst Du alles querbeet oder hast Du eindeutige Schwerpunkte?

Jana Trautmann: Ich lese vor allem Fantasy-, Kinder- und Jugendbücher. Allerdings brauche ich zwischendurch auch einen spannenden Thriller oder ein Horrorbuch, bevor ich mich wieder meinen bevorzugten Genres widme. Zudem höre ich – vor allem bei der Hausarbeit und beim Autofahren – Hörbücher. Seit es die Leser-Welt gibt, habe ich kein Buch gelesen und kein Hörbuch gehört, das ich anschließend nicht auch rezensiert habe – dafür macht mir das Ganze viel zu viel Spaß.

Literatopia: Du hast Leser-Welt 2008 ins Leben gerufen – was war Deine Motivation damals? Wie klein war das Team zu Beginn? Und hättest Du damals schon gedacht / gehofft, dass Leser-Welt einmal so groß wird?

Jana Trautmann: Die Leser-Welt ist aus einer fixen Idee heraus entstanden, da in meinem Freundeskreis und in der Familie kaum jemand liest und mir daher auch niemand zuhören wollte, wenn ich über Gelesenes sprechen wollte. Die Idee zur Leser-Welt war geboren, denn im Internet findet man schnell Gleichgesinnte. Um für Abwechslung zu sorgen, habe ich meinen Mann dazu überredet, ebenfalls Bücher zu rezensieren – das „Team“ bestand also zu Beginn nur aus uns beiden. Das änderte sich allerdings recht schnell, denn immer mehr Bücherwürmer wollten das Projekt mit Rezensionen unterstützen. Dass die Leser-Welt einmal so groß wird, habe ich vielleicht insgeheim gehofft, aber ehrlich gesagt nicht erwartet – und ich freue mich jeden Tag aufs Neue darüber!

Literatopia: Dieses Jahr liegen (Jugend-)Dystopien und auch romantische Science Fiction-Romane schwer im Trend. War es nur eine Frage der Zeit, bis Liebesgeschichten auch in der Science Fiction in den Mittelpunkt rücken? Kannst Du persönlich Dystopien etwas abgewinnen?

Jana Trautmann: Ich habe bereits einige Dystopien gelesen und mag diese in der Regel sehr gerne – wobei es natürlich – wie in jedem anderen Genre auch - sehr gute und weniger gute Bücher gibt. Besonders gut gefallen hat mir „Cassia & Ky – Die Auswahl“ von Ally Condie und „Die Bestimmung“ (Veronica Roth) sowie „Die Tribute von Panem“ (Suzanne Collins), wobei ich die Trilogie gehört und nicht gelesen habe.

Ob es eine Frage der Zeit war, bis Liebesgeschichten auch in der Science-Fiction in den Mittelpunkt rücken? Ich denke, es ist wie bei allem: Es werden immer neue Wege beschritten und mit Altbekanntem und Erfolgreichem kombiniert. Und das ist auch das Schöne daran, denn so wird ein Stück weit für Abwechslung gesorgt.

Literatopia: In den vergangenen Jahren sind unzählige Vampirromane erschienen – wie viele hast Du selbst gelesen? Der Trend flaut ja langsam ein wenig ab. Glaubst Du, die Vampire legen nur eine Pause ein oder wurden die Blutsauger bis zur vollständigen Übersättigung ausgeschlachtet?

Jana Trautmann: Ich selbst habe nicht allzu viele Vampirromane gelesen, da ich stets die Abwechslung liebe, mag diese zwischendurch jedoch gerne. Der Trend mag abgeflaut sein und die Autoren toben sich mit (Wer-)Wölfen, Engeln und ähnlichem aus, allerdings gehe ich nicht davon aus, dass die Blutsauger gänzlich von der Bildfläche verschwinden werden. Dafür sind sie meiner Meinung nach viel zu sehr in der Literatur verwurzelt.

Literatopia: Was hältst Du von Vampirromanzen wie „Twilight“? Ist der moderne Vampir einfach zahm und moralisch überlegen, oder sollten sie Deiner Meinung nach lieber richtig zubeißen?

Jana Trautmann: Ich mag sowohl die „ursprünglichen“ Vampire wie in den Büchern von Anne Rice als auch die modern-romantisierten Exemplare a la „Twilight“ gerne. Teilweise sind die „neumodischen“ Vampire allerdings ein wenig zu handzahm und sollten sich für meinen Geschmack ihren Biss bewahren.

Literatopia: Für Leser-Welt warst Du auf der Leipziger Buchmesse unterwegs und hast unter anderem Autoreninterviews geführt. Wie war es, auf der Messe persönlich mit den Autoren zu sprechen? Und wie habt Ihr die Probleme mit dem Messetrubel außen rum gelöst?

Jana Trautmann: Auch wenn ich bei den ersten „live“-Interviews vor einem Jahr – ebenfalls auf der Leipziger Buchmesse – sehr nervös war, finde ich dieses direkte Gespräch toll. Ich kann spontan auf die Antworten der Autoren reagieren, zudem erfährt man in einem persönlichen Gespräch meist mehr als in per eMail geführten Interviews, und diese nehmen nicht selten auch unerwartete Wendungen. Besonders spannend war das Interview auf der Frankfurter Buchmesse mit einem meiner Lieblingsautoren: Derek Landy.

Der Messetrubel kann teilweise durchaus problematisch sein, aber wir ziehen uns nach Möglichkeit einfach in ruhigere Gefilde zurück. Dieses Jahr haben wir in Leipzig die Interviews erstmalig gefilmt, wobei der Geräuschpegel ein deutlich größeres Problem darstellte. Mit einer Box und einem Mikrophon konnten wir allerdings einiges herausholen.

Literatopia: Wie ist Leipzig im Vergleich zu Frankfurt? Und wo bist Du lieber unterwegs?

Jana Trautmann: Die Leipziger und die Frankfurter Buchmesse kann man nicht miteinander vergleichen – zumindest meiner Meinung nach. Beide Messen haben eine ganz eigene Atmosphäre und beide mag ich sehr gerne. In Frankfurt ist deutlich spürbar, dass mehr die Rechte und Lizenzen gehandelt werden. Die Leipziger Buchmesse ist näher am Publikum, zudem beleben zahlreiche Cosplayer das Gelände.

Literatopia: Im Leser-Welt-Forum finden inzwischen regelmäßig Leserunden statt. Was war Dein Highlight bisher? Und was erwartet die Leser in diesem Jahr?

Jana Trautmann: Welche der zahlreichen Leserunden, die ich bisher moderiert habe, mein Highlight war, kann ich nicht sagen. Ich mag besonders die Leserunden, bei denen die Autoren mit von der Partie sind und den Teilnehmern für Fragen und Diskussionen zur Verfügung stehen. Dabei ist es natürlich besonders spannend, wenn der Autor sich intensiv an der Leserunde beteiligt – wie es beispielsweise Bernd Perplies, Claudia Toman und Olga A. Krouk machen. Schwierig können hingegen Leserunden werden, wenn ein Autor nicht kritikfähig ist – was ich glücklicherweise bisher nur selten erlebt habe.

Für dieses Jahr haben wir wieder die eine oder andere Leserunde geplant, wobei sich Fans fantastischer Literatur und Dystopien besonders auf den Herbst freuen dürfen. Mehr darf ich an dieser Stelle jedoch noch nicht verraten.

Literatopia: Seit spätestens letztem Jahr schießen Bücherblogs wie Pilze aus dem Boden und werden oftmals von Verlagen unterstützt. Was hältst Du von der Blogosphäre? Habt Ihr Blogger im Leser-Welt-Team?

Jana Trautmann: Was ich an der (Literatur-)Blogger-Szene besonders mag, ist das Zusammengehörigkeitsgefühl untereinander. Mir zumindest ist hier noch kein Konkurrenzdenken begegnet, vielmehr halten die Blogger zusammen, weisen gegenseitig auf Aktionen hin – und diese Vernetzung finde ich toll! Bei uns im Team haben wir nur wenige Blogger, da sich die meisten mit ihren Rezensionen voll und ganz auf die Leser-Welt konzentrieren (was ich natürlich klasse finde [lacht]).

Literatopia: Auf Youtube gibt es inzwischen Buchrezensionen in Videoform, teilweise auch spezielle Videos zum Thema „Rezensionsexemplare anfragen“ – findest Du das gut und informativ für potentielle Rezensenten oder ist das vielleicht doch eher der falsche Weg?

Jana Trautmann: Vlogger haben ebenso eine „Daseinsberechtigung“ wie Blogger – und ich finde es mutig, sich vor die Kamera zu stellen und Bücher auf diesem Wege zu besprechen. Als Blogger bzw. Rezensent eines Literaturportals wie der Leser-Welt oder Literatopia bleibt man deutlich anonymer, man kann an geschriebenen Rezensionen feilen, bis jedes Wort sitzt. In einem Video muss man neben einer gelungenen Wortwahl auch auf die Aussprache achten, Versprecher sind ebenfalls problematisch – vorausgesetzt man möchte nicht ständig neu filmen oder nicht gelungene Szenen nachträglich herausschneiden.

Von Videos zum Thema „Rezensionsexemplare anfragen“ habe ich gerade das erste Mal gehört, allerdings fehlt mir auch die Zeit, mich intensiv auf YouTube umzuschauen. Eine Hilfestellung für Rezensenten, die neu auf diesem Gebiet sind, ist sicherlich nicht verkehrt. Was ich allerdings schade finde, wenn nur deshalb rezensiert wird, um die Bücher umsonst zu bekommen. Mir ist vor allem der Spaß an der Leser-Welt wichtig und ich gehe nach wie vor gerne in meine Lieblingsbuchhandlung, stöbere in Neuerscheinungen und älteren Schätzen und kaufe mir – trotz dem ich mit über 250 Verlagen zusammen arbeite – auch gerne Bücher.

Literatopia: Was plant Leser-Welt für 2012? Werdet Ihr Euch weiter Euren etablierten Projekten widmen oder plant Ihr vielleicht etwas Neues?

Jana Trautmann: Wir werden uns weiterhin den etablierten Projekten widmen, allerdings habe ich auch stets Ideen für Neues. Das Problem hierbei ist die Zeit, denn die Leser-Welt betreibe ich nach wie vor neben meinem Brotberuf … Eine Neuerung plane ich allerdings voraussichtlich für den Sommer oder Herbst diesen Jahres – mehr dazu, wenn der Rahmen dafür steht ;)

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview, Jana!

Jana Trautmann: Ich danke dir ganz herzlich!


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.