Die lachenden Leichen (Pablo Tusset)

tusset p-die lachenden leichen

Heyne Verlag, April 2012
Taschenbuch, 304 Seiten
Aus dem Spanischen von Ralph Amann
€ 8,99 [D] | € 9,30 [A] | CHF 13,50*
ISBN: 978-3-453-40789-3
Leseprobe

Genre: Krimi/Satire


Klappentext

Drei Ausländer werden an der Costa Brava tot aufgefunden. Alle drei sind krebsrot, alle drei haben ein unerklärliches Lachen auf den Lippen. Für Rafael Corrales von der Guardia Civil ist der Fall klar: Er tippt auf giftige Quallen, die allerdings nur Touristen gefährlich werden. Inspektor Sakamura, der von Interpol ausgesandte japanische Zenmeister, hat jedoch den berechtigten Verdacht, dass viel mehr dahintersteckt – und er hat offensichtlich recht ...


Über den Autor

Pablo Tusset wurde 1965 geboren, arbeitete als Maurergehilfe, Möbelpacker, Straßenverkäufer, Nachtwächter, Grafiker, Tankwart, Blumenverkäufer und Programmierer. In Spanien stand sein erster Roman, »Das Beste, was einem Croissant passieren kann« wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten und erhielt den Premio Tigre Juan für das beste Debüt des Jahres. Was Pablo Tusset tut, wenn er keine Romane schreibt, darüber kann nur spekuliert werden. Glaubt man den Gerüchten, hat er eine Churrería aufgemacht oder arbeitet in einer Bar in seiner Geburtsstadt Barcelona.


Rezension

Mysteriöse Todesfälle erschüttern die Strandidylle der Costa Brava. Drei Leichen, alle krebsrot und in ihren letzten Sekunden scheinbar unglaublich glücklich – zumindest wenn man dem breiten Grinsen im Gesicht der Toten glauben möchte. Dies und der Fakt, dass alle drei Ausländer waren – der eine sogar im Vorstand von VW – ruft Interpol auf den Plan, welche sogleich einen ihrer besten Agenten entsenden: Zenmeister Sakamura. Der Japaner ist zwar bereits in den Sechzigern, dennoch topfit, hochintelligent und verfügt zudem über ein photographisches Gedächtnis. Ihm zur Seite wird der Spanier Rafael Corrales gestellt, der mehr als glücklich ist, seinen Schreibtisch beim Zoll gegen echte Ermittlungsarbeit tauschen zu können. Für den Polzisten ist der Fall auch schnell geklärt: Quallen – und die Spanier sind einfach immun gegen das Gift, weil ihre Haut besser ist. Sakamura ist nicht überzeugt, lasen doch die drei Opfer seltsamerweise die gleiche katalanische Zeitung. Schon bald finden sich die beiden tief in einem Fall, der seine Kreise bis in die politische Spitze Spaniens zieht.

"Die dritte Leiche befand sich auf dem Deck ihrer Yacht und war ziemlich hässlich. Der Mann hatte einen Überbiss, ein
feistes Gesicht und einen Schnurrbart, der ihm überhaupt nicht stand. Sein Körper war nackt und übergewichtig und
sah aus wie der einer Seekuh, lugte da nicht ein winziges Geschlechtsorgan wie ein Champignon unter demdicken Bauch
hervor, als wäre es der Schniepel eines Schwimmreifens." (S. 1)

Die Auflösung des Falles, dessen Hintergrund sicherlich unter die Top 10 der skurrilsten Fälle der literarischen Krimiwelt fallen würde, ist jedoch nur Nebenschauplatz. Denn eigentlich ist Die lachenden Leichen eine urkomische Politsatire, in der das Gespann Sakamura/ Corrales nur die Spitze des Eisbergs bilden. Natürlich ist die Kombination aus talentiertem Agenten und trotteligem Provinzpolizisten nicht neu, Tusset verleiht dem Duo aber durch ulkige Details eine besondere Note. So kann der Japaner zwar unzählige Kampfsportarten und gilt als Genie, widmet sich beim Betreten einer neuen Umgebung jedoch erst einmal dem Zenfluss, stellt im Hotelzimmer die Möbel entsprechend um und wischt jeden Morgen den Boden seines Hotelzimmers, weil das der inneren Ausgeglichenheit zugute kommt.

Regiert wird Tussets Spanien derweil von Eusebia I. – einer herzhaft fluchenden Königin, die ihren Thron nur der Tatsache verdankt, dass der angestammte König lieber mit einer Zither durch die Welt ziehen wollte. Eigentlich möchte sie nur ungestört ihr herrschaftliches Dasein genießen. Dieses schlichte Anliegen wird jedoch immer öfter von den Presidente der autonomen Regionen Spaniens gestört, was der hohen Dame ebenso aufs Gemüt schlägt wie die liebevollen Erinnerungen der Presse, dass ihre Ausstattung vom Steuerzahler bezahlt und nur geliehen ist.

Ebenso bedrängt wie die Königin werden auch Sakamura und Corrales. Agentin 69, die Geheimwaffe des katalanischen Presidente, hat es auf den Mann von Interpol abgesehen. Im schnittigen Porsche mischt sie das Duo ordentlich auf, während eine baskische Gruppe von Unabhängigkeitskämpfern namens Iraultzaren Komando Euskaldun Abertzaleak (IKEA), kurz "Die Unaussprechlichen" den Fall in ganz neue Bahnen lenkt.

Die Handlungen und Dialoge der Truppe sind ebenso unterhaltsam wie das Ermittlerduo. Aber auch die kurzen Szenen der Presidente der unterschiedlichen autonomen Regionen sowie die Abschnitte im Königspalast bestechen durch pointierten Humor und interessante Details. So hat der Presidente der Katalanen zum Beispiel sehr schlimme Verdauungsprobleme, welche er lautstark zum Ausdruck bringt. Bestimmte Witze gehen jedoch am deutschen Leser vorbei, wie die Handymelodien mit denen die Politiker eingehende Anrufe bestimmten Personen zuordnen können, denn diese wurden leider nicht übersetzt.


Fazit

Überspitzte Charaktere, die ihresgleichen suchen, spanische Sprachverwirrungen und unterhalssame Ausbrüche – all dies verpackt in eine Kriminalgeschichte, die abstruser nicht sein könnte. Tusset lockere Mischung aus Krimi und Politsatire Die lachende Leichen ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack, wer sich jedoch auf den schrägen Humor einlassen kann, wird hier bestens unterhalten.


Pro & Contra

+ witzige Charaktere
+ skurriler Kriminalfall

o Humor ist nicht für jedermann
o lockerer Sprachstil

- teilweise zu übertrieben

Wertung: alt

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5