Berufung (John Grisham)

Verlag Heyne, Juli 2008
Originaltitel: The Appeal
Übersetzt von Dr. Bernhard Liesen, Bea Reiter, Kristiana Ruhl und Imke Walsh-Araya
HC, 464 Seiten, € 19,95
ISBN 978-3453006621

Genre: Politthriller

(Anmerkung: Die Taschenbuch-Version  erscheint voraussichtlich im Dezember 2009)


Klappentext

In wenigen Minuten wird das Urteil der Jury erwartet. Nach einem monatelangen, nervenaufreibenden Prozess ist der Moment gekommen, auf den Jeannette Baker so lange gewartet hat. Die junge Frau hat alles verloren. Ihr kleiner Sohn und ihr Ehemann sind qualvoll an Krebs gestorben. Verantwortlich für ihren Tod ist Krane Chemical, davon ist Jeannette Baker überzeugt. Jahrelang hatte der Chemiekonzern hochgiftige Abfälle illegal entsorgt und damit das Trinkwasser der Region verseucht. Niemand hat die Kraft noch den Mut aufgebracht, den Kampf gegen den Chemieriesen mit seiner Armada von hoch bezahlten Anwälten aufzunehmen. Nur Jeannette Baker hat sich getraut. Als ihrer Klage stattgegeben und Krane Chemical zu 41 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt wird, ist die Sensation perfekt. Die Freude währt jedoch nur kurz. Angeführt von Firmenboss Carl Trudeau, geht der Chemiekonzern in Berufung. Um sein Unternehmen zu retten, ist Trudeau jedes Mittel recht.


Rezension

Die Geschichte beginnt mit einem lauten Knall. Krane Chemicals muss insgesamt 41 Millionen Dollar Schadenersatz leisten, weil der Konzern in einer Kleinstadt giftige Chemikalien in die Gewässer abgeleitet hat. Daher sind überdurchschnittlich viele Menschen an Krebs erkrankt und auch gestorben. Stellvertretend für die Stadt zieht Jeannette Baker mit den Anwälten Wes und Mary Grace Payton vor Gericht und erhält Recht. Alle sind zunächst völlig fassungslos, denn mit so viel hatte keiner gerechnet. Um den Prozess durchziehen zu können, haben sich die Paytons völlig verschuldet, hätten sie verloren, wären sie bankrott. Aber noch ist kein Cent auf ihr Konto geflossen und es ist auch noch fraglich, wann und ob überhaupt etwas kommt. Denn Krane geht in die Berufung und das Urteil muss noch einmal vom Supreme Court bestätigt werden – oder abgelehnt. Und dann sieht keiner auch nur einen Penny.

Leider kommt Grisham danach ins Schwafeln. Viel zu detailverliebt und langatmig verliert er sich in Kleinigkeiten, erzählt ausführliche Lebensgeschichten von Nebencharakteren und schon nach kurzer Zeit vermisst man den roten Faden in der Geschichte.

Dann tritt eine geheime Organisation auf den Plan und sucht einen geeigneten Kandidaten für das Richteramt, der gegen einen der wiederzuwählenden Richter im Supreme Court antritt. Im Hinblick auf die Berufung von Krane Chemicals muss es natürlich ein Kandidat sein, der auch im Sinne der großen Unternehmen urteilen wird, jemand, der Schadenersatz für überflüssig hält und den Firmen Recht gibt, dass sie nicht gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen oder fahrlässig gehandelt haben. Dieser Kandidat wird in der Person von Ron Fisk gefunden, einem bis dahin unbescholtenen Anwalt, der in einer großen und angesehenen Kanzlei ein erfolgreiches, aber auch ruhiges Leben führt. Teilweise minutiös berichtet Grisham nun anschließend über den Wahlkampf, wer wo welche Reden hält, wie viel Geld gespendet wird, wie das Geld eingetrieben wird und welche Auswirkungen Fernsehspots und Werbekampagnen auf die bisher völlig unvorbereitete Richterin Sheila McCarthy haben. Über die Hälfte des Buches handelt vom Wahlkampf, es wandelt sich beinahe zum Sachbuch, so trocken werden die Fakten vorgebracht.

Erst im letzten Fünftel kann Grisham noch einmal das Ruder herumreißen, es kommt wieder Bewegung in die Geschichte und endlich ist auch die Spannung da, die man von Grisham eigentlich kennt und erwartet. Das Ende hinterlässt ein unangenehmes Bauchgrummeln, denn es bestätigt, dass Geld nun einmal die Welt regiert.

Das Buch ist eindeutig für den amerikanischen Markt geschrieben, in allen anderen Ländern wird man mit der beschriebenen Politik nicht viel anfangen können und das Buch genervt zur Seite legen. 


Fazit

Wer eine Einschlafhilfe braucht oder wissen möchte, wie genau Richter in Amerika gewählt werden und wie minutiös ein Wahlkampf geführt wird, der kann hier beruhigt zugreifen. Wer allerdings einen spannenden Thriller oder ein packendes Gerichtsdrama erwartet, der sollte auf jeden Fall die Finger davon lassen.


Pro und Contra

+ akkurate Beschreibung der Richterwahl
+ Hintergründe über das Berufungsverfahren in Amerika

- ein Prozess ist mit dem Urteil noch lange nicht gewonnen
- langatmige Beschreibung des Wahlkampfes
- viel zu viele Details über den Wahlkampf
- die Geschichte verliert sich in Nebensächlichkeiten
- der Hauptplot ist nicht die Berufung
- Charaktere bleiben blass, da sie selten in Erscheinung treten

Wertung:

Handlung: 2/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 2/5