Rezensionen im Juni (2012)

Liebe LeserInnen,

mit dem gestrigen Tag ging der Europameisterschafts-Monat zu Ende. Auch unsere Redakteure haben zumindest teilweise bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft mitgefiebert, sodass zum Lesen etwas weniger Zeit blieb als in anderen Monaten. Trotzdem wurden auch im Juni wieder zahlreiche Titel vom Team besprochen, von denen wir euch heute in gewohnter Manier eine kleine Auswahl präsentieren möchten.



Belletristik

Ein altes Rezeptheft mit kryptischen Warnungen löst in “Mondscheinzauber“ eine wahre Welle von ungeahnten Ereignissen aus. Der Zauber liegt eindeutig in den nicht alltäglichen Charakteren, die so alle ihre Geheimnisse, aber auch besondere Fähigkeiten haben, die sie im Notfall vorzüglich zur Geltung bringen. Mit viel Witz, Charme und Magie besticht Christina Jones‘ leichte Geschichte, die ihre ernsthaften Züge zwischendurch zu präsentieren weiß.

Freundschaft treibt manchmal seltsame Blüten, Vorsätze sind schnell gefasst und ausgeführt, die Konsequenzen nicht bedacht und auch nicht abzusehen. Wie viel verträgt eine Freundschaft, wenn es um die eigenen Kinder geht? Sind die Konsequenzen einzelner Entscheidungen hier zu weit gegriffen? Barbara Delinsky beweist in “Das Glück meiner Tochter“ wieder einmal, wie tief sie in die Abgründe des menschlichen Lebens zu blicken vermag.

Historik

“Das Spiel der Nachtigall“ ist ein ordentliches, aber leider streckenweise arg langweiliges Buch. Zu Tanja Kinkels großen Würfen zählt es nicht. Trotz all ihrer großen Fähigkeiten als Autorin, die sie in der Vergangenheit mehr als einmal bewiesen hat, gelingt es ihr hier nicht, den Leser zu fesseln und zu begeistern. Das Buch ist zu lang, die Handlung zu statisch, die Liebesgeschichte zu vorhersehbar. Und zu viel historisches Zeitgeschehen verdirbt die Freude am sauberen, klaren Stil der Autorin. Fürs nächste Mal: Bitte um die Hälfte kürzen, und wieder etwas mehr Schwung!

“Der Kreuzfahrer“ liefert einen etwas anderen Blick auf Robin Hood nach seiner Zeit als Gesetzloser. Auf seinem Weg ins Heilige Land fließt das Blut und Verrat und Mord sind an der Tagesordnung. Ungeschönt, aber spannend und temporeich erzählt von Angus Donald.

Dark Fantasy

“Höllische Versuchung“ bietet viel Action, Humor und Gefühl, wobei sich die vier Autorinnen in Sachen Erotik erstaunlicherweise zurückhalten. Dafür bekommt man spannende Sequels zu beliebten Romanreihen geboten, die Fans neue Einblicke gewähren und neue Leser auf den Geschmack bringen. Unterhaltsam und vielseitig!

Typisches Verhalten Jugendlicher, eine Highschool, paranormale Fähigkeiten, wirkliche Böse und eine Romanze sind die Zutaten dieses Erstlings von Joss Stirling, was eigentlich recht gelungen ist. Aus ihrer Perspektive erzählt Sky von ihrem Leben, man fühlt mit ihr jegliche Stimmung nach, egal, ob Freude oder Trauer. Lediglich ihre Zickigkeit zu Zed ist später nervend, dafür überzeugt der junge Savant und besonders seine Familie. Bei sieben Brüdern dürfte es dann noch so einige Geschichten geben, bei dem angenehmen Stil ein wahrer Lesegenuss. So ist “Finding Sky“ zwar nur eine weitere Jugendromanze, dafür aber eine fesselnde und relativ realistische.

Fantasy

“Rosendorn“ von Jenna Black bietet einen überraschenden Einblick in die Welt Avalons. Begeisterungsfähigkeit und spannungsgeladene Szenen, sowie sympahtische Charaktere sorgen für unterhaltsames Lesevergnügen und garantieren vor allem Liebhabern des Jugendbuch und Fantasygenres einen Leckerbissen der etwas anderen Art. Auch wenn nicht das gesamte Potenzial der Geschichte genutzt und noch einige Details und Hintergründe fehlen, so kann man dennoch sagen, dass man sich zweimal überlegt, ob man den Roman nicht doch lesen sollte. Absolut lohnenswert!

Der zweite Roman um Luisa und Thursen ist nicht nur optisch anders als sein Vorgänger - die Story ist düsterer, gewaltreicher und so gar nicht das, was man erwartet hätte. Denn in “Schattenblüte - Die Wächter“ wirft Nora Melling das Setting aus Die Verborgenen fast komplett über den Haufen und bringt zahlreiche neue Komponenten in die Geschichte - aber es funktioniert. Trotz einiger Abstriche eine gelungene Fortsetzung.

Science Fiction

James Coreys “Leviathan erwacht“ kann nahezu auf ganzer Linie überzeugen – eine spannende, actiongeladene Space-Opera mit schönen Ideen und gelungenen Charakteren. Dabei geht sie einen Schritt weiter, als ein bloßes „Weltraum-Spektakel“ zu sein – ganz so, wie man es sich für Science-Fiction wünscht. Die ein oder andere kleinere Länge trübt den Lesespaß kaum.

“Memento – Die Überlebenden“ ist ein schwieriger Endzeitroman, der in die Sparte „Jugendbuch“ nicht recht passen will. Dazu ist Julianna Baggotts distanzierter Schreibstil in seiner Schlichtheit zu anspruchsvoll, die hoffnungslose und grausame Welt zu erschütternd. Die Protagonisten sind starke Charaktere, die zu viel durchlitten haben und im Kontext ihres zerstörten Lebens authentisch handeln – eine überschwängliche Liebesgeschichte wird man hier vergebens suchen. Ein beeindruckender und ungewöhnlicher Roman, der sich eher für erwachsene Leser eignet.

Thriller

“You are mine“ erzählt die Geschichte einer verhängnisvollen Liebe, die den Wunsch nach Zweisamkeit ins Perverse verkehrt, den Partner zu einem Parasiten und letztendlich zu einer lebensbedrohlichen Kraft mutieren lässt. Die Angst vor dem Tod ist hierbei die treibende Kraft in Kirstyn McDermotts neuestem Thriller. Der Klappentext spoilert zwar den Aha-Effekt, dennoch bietet diese Geschichte eine faszinierende Mixtur aus Realität und Gedankenalbtraum. Prädikat: Lesenswert!

“Mucksmäuschentot“ ist ein Zeugnis dafür, wie schmal der Grat zwischen Opfer- und Täter-Sein tatsächlich sein kann und wie wenig es im Grunde braucht, um ein Ausrasten hervorzurufen. Sieht man von den teilweise extrem gewalttätigen und dadurch tiefgehenden Szenen ab, schafft Gordon Reece es mit seinem ersten Jugendthriller nicht unbedingt, in den Köpfen der Leser zu bleiben. Ein eher oberflächlich gehaltener und insgesamt durchschnittlicher Roman zur entspannten Unterhaltung.

Krimi

Überspitzte Charaktere, die ihresgleichen suchen, spanische Sprachverwirrungen und unterhalssame Ausbrüche – all dies verpackt in eine Kriminalgeschichte, die abstruser nicht sein könnte. Tusset lockere Mischung aus Krimi und Politsatire “Die lachenden Leichen“ von Pablo Tusset ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack, wer sich jedoch auf den schrägen Humor einlassen kann, wird hier bestens unterhalten.

Beschwingt geschrieben, sympathische, authentische und teilweise skurrile Charaktere sind das Markenzeichen dieses kleinen aber feinen Krimis “Tod im Wasser“. Andrea Tillmanns versteht es ausgezeichnet, eigenwillige Charaktere zu zeichnen, sie sind mit viel Liebe erschaffen und zaubern ein Schmunzeln auf die Gesichter der Leser.

Manga / Comic

“Di(e)ce“ von Kana Yamamoto ist ein actionreicher Manga, den man nicht zu kritisch betrachten sollte, sondern als das ansehen, was er ist: Unterhaltung, die aber trotzdem den Finger hebt und auf eine wichtige Thematik aufmerksam macht.

“Karneval“ wartet mit einer verträumten und geheimnisvollen Atmosphäre auf, die den Leser sofort in ihren Bann zieht. Schon im ersten Band schürt Touya Mikanagi unglaublich viel Spannung, dazu gibt es liebenswerte und faszinierende Charaktere sowie eine gehörige Portion Humor. Ein echtes Highlight für alle Fantasyfans!

Sonstiges

“Die wilden Piroggenpiraten“ von Maris Putninš ist ein großer Abenteuerspaß für Kinder, mit Helden aus Gebäck und Dutzenden weiterer skurriler Einfälle. Das Buch ist schön ausgestattet und ordentlich dick, die Geschichte aber in viele kleine Kapitel gegliedert, die auch für Kinder gut zu schaffen sind. Also dann: „Macht sie zu Semmelbröseln!“



Ihr seht, auch der Juni war bei uns wieder reich gefüllt mit allerlei Genres, sodass für jedes Leserherz etwas dabei gewesen sein dürfte. Im Juli erwartet euch ebenfalls eine bunte Mischung – und hoffentlich endlich das sommerliche Wetter, das wir alle verdient haben.
Für all jene, die noch auf der Suche nach passender Urlaubslektüre sind und sich Anregungen holen möchten, steht wie immer unsere allgemeine Rezensions-Übersicht zur Verfügung.

Wir wünschen euch einen tollen Sommer,
euer Literaopia-Team